Ein Sexsymbol wird 50 - und ist mittlerweile so angepasst und unspektakulär, dass er jederzeit den Alltag mit uns teilen könnte. Da muss ein Missverständnis vorliegen: Frauen wollten mit Brad Pitt auf einer einsamen Insel leben. Aber doch nicht in einer Doppelhaushälfte! Eine Betroffene schreibt dem Hollywoodstar zum Geburtstag.
Sehr geehrter Herr Pitt, lieber Brad!
Hach. Egal, wie man zu Dir steht: Du bist eine Art Naturphänomen. Neben Lagerfeuer, Aquarium und Sonnenuntergang gehörst Du zu den wenigen Requisiten auf diesem Planeten, die man stundenlang angucken könnte.
Deine bloße Existenz: eine Provokation für jeden Mann. "Ich bin einer der Menschen, die man für ihre Gene hasst", hast Du einmal über Dich selbst gesagt. Ob das unter "fishing for compliments" läuft, tut hier nichts zur Sache - denn das bringt es auf den Punkt: Dein Aussehen ist ein Affront für jeden normal gewachsenen Erdenbewohner.
Von der Schulzeit bis zu der Phase, als wir uns damit abfinden mussten, erwachsen zu werden, hattest Du die Hauptrolle in unseren Tagträumen. Auch später noch schmolzen wir im Kinosessel schneller als das Eiskonfekt auf unserem Schoß. Deine Frau Jennifer Aniston war so wohltuend durchschnittlich, dass sie nicht weiter störte bei der Lebensplanung, die eine gemeinsame Zukunft mit Dir auf einer einsamen Insel vorsah.
Mit anderen Worten: Du hattest alles, was einen Traummann ausmacht. Ganz im Ernst, aus uns hätte was werden können. Heute frage ich mich: Was ist aus Dir geworden?
Alles begann damit, dass eine gewisse Angelina Jolie von ihrer Idee, Bestattungsunternehmerin zu werden, wieder abkam und am Filmset als Mrs. Smith auf Mr. Smith traf. Kleiner Sidekick, schon war Jennifer Geschichte - eine Fähigkeit, die Angelina von ihrer Filmfigur Lara Croft übernommen hatte.
An der Seite dieses unwirklich anmutenden Wesens wirkst Du geradezu grobschlächtig. Sie besteht vorwiegend aus Schmolllippen und Beinen, von denen eines einen eigenen Twitter-Account hat. Und im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin ist sie eindeutig nicht unauffällig genug, um ignoriert zu werden. Bestenfalls können wir uns einreden, es handle sich um eine Sinnestäuschung.
Wie ein Beifahrer, der erkannt hat, dass er ohnehin nicht eingreifen kann, hast Du Dich zurückgelehnt und Steuer und Mikrofon übergeben. Während Angelina von ihrer dunklen Vergangenheit, Messerspielchen und Drogenexperimenten erzählt, stehst Du - Hände in den Taschen, Lächeln im Gesicht - daneben wie der Kirchenchor-Knabe, der Du mal warst. Wenn sie raunt, dass sie noch immer ein böses Mädchen ist, versuchst Du tapfer den Eindruck zu erwecken, dass das irgendetwas mit Dir zu tun haben könnte.
Vom Sexsymbol zum Familientier
Und er war so ein cooler Hund: Kurz vor seinem 50. Geburtstag präsentiert sich Brad Pitt mit Fliege, hübsch zurechtgegelt. Und erinnert dabei an ein dressiertes Äffchen.
(Foto: Getty / AFP)So ist aus einem Sexsymbol ein Familientier geworden. Innerhalb kürzester Zeit waren da ein ganzer Haufen Kinder, von denen das ein oder andere wie ein angesagtes Accessoire auf Deinem Hüftknochen sitzt. Irgendwann hast Du damit begonnen, über Deinen Alltag als Familienvater zu sprechen: "Ich habe oft keine Zeit zu duschen, stattdessen reibe ich mich mit Babyfeuchttüchern ab."
Vielleicht ernährst Du Dich ja aus Zeitmangel vom Babybrei, der beim Füttern abfällt. Aber musst Du uns darüber in Kenntnis setzen? Hast Du Dir nur einmal Gedanken darüber gemacht, wie wir damit klarkommen?
Bis vor Kurzem brachtest Du Deine weiblichen Fans mit wucherndem Haar- und Bartwuchs in Wallung. Jetzt herrschen auf Deinem Kopf englische Rasenverhältnisse mit Schrebergarten-Einteilung: seitlich kurz, in der Mitte etwas länger, das Ganze hübsch zurechtgegelt. Du bist ökologisch und politisch dermaßen korrekt, dass es wehtut. Du investierst in Ökohotels und lässt selbst Häuser in Katastrophengebieten unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und Klimaneutralität errichten. Mit anderen Worten: Du bist ein Traum. Jedenfalls, wenn man davon träumt, Herrn Kaiser von der Hamburg-Mannheimer zu heiraten.
Aus dem einstigen "Sexiest Man Alive" ist ein Schluffi geworden - so perfekt, angepasst und unspektakulär, dass er jederzeit den Alltag mit uns teilen könnte und der neben dem grauhaarigen George Clooney einfach nur alt aussieht.
Fehlt nur noch der Flanellpyjama
Dabei warst Du mal der Typ, der jedem Vergleich standhielt, wenn wir den Blick zwischen Leinwand und unserem Lebensgefährten wandern ließen. Wie oft haben wir uns vorgestellt, dass Du es wärst, der da neben uns auf der Couch sitzt. Das Schlimme daran ist: Inzwischen könntest Du dort tatsächlich sitzen. Fehlt eigentlich nur noch der Flanellpyjama.
So war das nicht gemeint! Wir wollten mit Dir auf einer einsamen Insel leben, aber doch nicht in einer Doppelhaushälfte. Und komm' mir jetzt bitte nicht damit, dass Frauen nicht wüssten, was sie wollen. Natürlich wissen wir das. Und vor allem, was wir nicht wollen: dass ein Typ wie Du greifbar wird. Brad, jetzt mal ehrlich - das kannst Du doch nicht machen, wir haben ein Recht auf unerfüllte Träume!
Wer weiß, was Dir die Männer alles an den Hals wünschen zu Deinem 50. Geburtstag. Ich jedenfalls wünsche Dir noch ein schönes Leben, falls wir uns nicht mehr sehen. Heirate endlich diese Angelina oder eines ihrer Beine. Meinetwegen könnt Ihr Euch auch gegenseitig adoptieren. Lass ihn raus, den Spießer in Dir.
Na ja, zur Not ließe sich auf meinem Sofa noch ein Platz für Dich finden. Aber zuvor, mein Lieber, lässt Du Dir gefälligst die Haare wachsen.
Das wahre Traumpaar: Clooney und Pitt.
(Foto: REUTERS)