Botanik:Hipper Eintopf

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Sukkulenten gehören zu den beliebtesten Pflanzen der Gegenwart - auch weil sie so schön unkompliziert sind.

Von Julia Rothhaas

Sie heißen Koko-Flanel, Flammendes Käthchen, Fetthenne, Teufelsrückgrat, aber auch: Schwiegermutterstuhl und Aasblume. Gewöhnungsbedürftig? Ja, aber sie alle lassen Hipster-Herzen höher schlagen.

Die Namen gehören nicht etwa zu besonders angesagten Bands, sondern sind Sukkulenten, also Pflanzen, deren Gewebe Wasser in Blättern und Trieben speichert. Es gibt mehr als 10 000 Arten, zu den bekanntesten gehören Agave, Aloe Vera oder Kakteen.

Einen besseren Mitbewohner kann es kaum geben

Noch vor wenigen Jahren war es sinnvoll, sich mit seiner Liebe zu Zimmerpflanzen öffentlich zurückzuhalten. Heute findet man die Sukkulente überall: Kein Café kommt mehr ohne sie aus und längst steht sie im Tontöpfchen in Modegeschäften zwischen Umhängetasche, Lederschlappen und Ringelsocken. In zahlreichen Wohn- und Designblogs erfährt man, wie sie zeitgemäß aufzustellen sind (unter der Glashaube, in der Makramee-Hängeblumenampel, im Einmachglas oder in den ach so angesagten Übertöpfen aus Beton). Und wer noch nicht genug hat, bestellt sie sich noch als Abzieh- tattoo, Kühlschrankmagnet, Ohrring oder als Druck auf Kissen oder Smartphone-Hülle. Aber woher kommt diese Liebe nur?

Sukkulenten sehen zunächst mal toll aus mit ihren Zungen und Zotteln, Fühlern und Kugelblättern. Manche erinnern an einen Rotkohl, andere an einen Speckbauch im Sitzen oder aufgeschnittene Gehirnhälften. Ihr Erfolg ist jedoch ihrer Kompromissfähigkeit geschuldet, denn einen besseren Mitbewohner kann man sich nicht vorstellen. Drei Wochen Urlaub? Die Sukkulente verzeiht es gerne, denn sie braucht nur wenig Wasser und entbindet einen davon, dem Nachbarn den Schlüssel geben zu müssen. Sie ist auch in einem Zimmer ohne Fenster zufrieden und wie eine Lederjacke wird sie ohne großes Zutun von außen ganz alleine immer schöner.

Auch der Hauswurz gehört zur Familie der Sukkulenten. Ihm werden übersinnliche Kräfte zugesprochen, denn, am Hauseingang gepflanzt, soll er den Bewohnern Glück bringen. Die Benediktinerin Hildegard von Bingen hat ihn einst als Aphrodisiakum empfohlen. Wenn sich das herumspricht, dürfte sich bald eine weitere Zielgruppe die Sukkulente nach Hause holen.

© SZ vom 29.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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