Audrey Hepburn:"Meine Mutter konnte ohne Pasta nicht leben"

Audrey Hepburn: Audrey Hepburn bei einer Gartenparty - mit Pasta und Würstchen.

Audrey Hepburn bei einer Gartenparty - mit Pasta und Würstchen.

(Foto: Audrey Hepburn Estate Collection)

Audrey Hepburns Sohn hat ein Buch über die Lieblingsgerichte seiner Mutter veröffentlicht - eine Küchentisch-Biografie gespickt mit Rezepten und Erinnerungen.

Interview von Claudia Schmid

Der Grafiker Luca Dotti, 46, wohnt in Rom, wuchs in der Schweiz auf und verwaltet den Nachlass und die Stiftung seiner Mutter Audrey Hepburn (1929-1993). Die letzten sechs Jahre hat er damit verbracht, das kulinarische Erbe seiner Mutter in einem Buch aufzuarbeiten. "Zuhause bei Audrey" ist gespickt mit Rezepten, Fotos und Erinnerungen.

Signor Dotti, wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine "Küchentisch-Biografie" zu schreiben?

Meine damalige Freundin hat vor Jahren in unserem Haus in Rom, das meiner Mutter gehörte, eine staubige Mappe entdeckt. Darin steckten handgeschriebene Zettel mit Kochrezepten und Anmerkungen. Das war der Ausgangspunkt der Idee, die Lieblingsgerichte meiner Mutter zusammen mit Anekdoten zu publizieren.

Man kann sich fast nicht vorstellen, dass die zarte Audrey Hepburn gerne gekocht und noch lieber gegessen hat.

Meine Mutter hatte einfach diesen knabenhaften Körperbau. Sie aß wirklich viel und gerne. Ich fand es charmant, die häusliche Seite meiner Mutter, die mir ja sehr bekannt war, den Menschen näherzubringen. Audrey Hepburn, den Star aus Hollywood, habe ich nie gekannt. Für mich war sie die Frau meines Vaters Andrea, einem römischen Psychiater. Allerdings kam viel mehr Arbeit auf mich zu als erwartet.

Warum?

Erstens stammten einige Rezepte aus dieser Mappe aus den Fünfzigern - also aus einer Zeit, in der man aufwendig und schwer kochte. Ich wollte aber vor allem jene Rezepte veröffentlichen, die ich selbst kannte, und die waren einfacher und jeweils schnell umgesetzt - was mehr der heutigen Zeit entspricht. Als ich geboren wurde, pflegte meine Mutter einen unprätentiösen Kochstil. Diese neueren Rezepte zusammenzutragen, war aufwendig.

Was aß Ihre Mutter am liebsten?

Ohne Pasta konnte sie nicht leben. Als wir einmal nach Jamaika in die Ferien fuhren, füllte sie einen Koffer mit Teigwaren und Olivenöl. Ihr Gepäck konnte man kaum tragen. Während unserer Zeit in Rom kochte sie wie jede römische Hausfrau Gnocchi aus Grieß, am Kindergeburtstag gab es Pasta al forno. Wenn sie von einer Reise nach Hause kam, verschlang sie Pasta al pomodoro. Das war für sie das Gericht, um "anzukommen". Und sie liebte es, am Sonntagabend mit mir Teigwaren mit Ketchup vor dem Fernsehen zu essen. So konnte sie sich richtig entspannen.

In der Schweiz galten neue Regeln

Stand Ihre Mutter wirklich am Herd? Sie erwähnen im Buch sardische Hausangestellte.

Natürlich halfen in der Küche Haushälterinnen wie etwa Giovanna Orunesu. Sie versorgte mich mit köstlichen Schnitzeln, deren Rezept im Buch zu finden ist. Allerdings muss ich betonen, dass meine Mama oft selbst in der Küche stand. Sie war keine Regentin, sprach immer übers Essen und tauschte mit ihren Angestellten Rezepte aus. Die Küche war der wichtigste Ort im Haushalt. Ich stand mittendrin und bekam alles mit. Das mag der Grund sein, warum ich heute selbst so gerne koche.

Im Buch gibt es einige Rezepte, die Ihre Mutter nach ihrem Gusto abänderte.

Die Insalata Caprese servierte sie gerne mit Avocado. Und als sie in ihrem Ferienhaus in Gstaad, in der Schweiz, Pesto machen wollte und ihr damaliger Partner Robert in der Region keinen Basilikum fand, machte sie den "Gstaader Pesto" kurzerhand mit Petersilie. Damals wurde man beim Kochen zum Improvisieren gezwungen, weil es noch nicht alles überall gab. Das gefällt mir.

Wieweit hat die Schweiz die Küche Ihrer Mutter geprägt?

Sie war sehr wichtig. Es gab ja nicht nur das Haus in Gstaad; ab 1982 lebten wir in Tolochenaz bei Lausanne. In der Schweiz pflegte meine Mutter eine Fusionsküche. Plötzlich aßen wir Pasta mit Fleisch - etwas, das wir uns in Rom nicht getraut hätten. Dort isst man das ja hintereinander. Auch die saisonale Küche wurde essenziell. Meine Mutter war Selbstversorgerin, pflegte einen riesigen Gemüsegarten auf unserem Anwesen, kochte Kompotte ein, kaufte in Morges auf dem Markt ein und interessierte sich für Bioanbau, lange bevor man darüber sprach.

Den Zweiten Weltkrieg erwähnen Sie im Buch oft. Er muss einen großen Einfluss auf Audrey Hepburn ausgeübt haben.

Meine Mutter - Tochter einer Niederländerin und eines Engländers - litt stark unter dem Hungerwinter 1944/45 im kriegsgeplagten Holland. Sie aß Brennnesseln, Gras und Tulpenzwiebeln, um zu überleben. Umso mehr gaben ihr später die Küche und das Kochen ein Gefühl der Sicherheit, das sie als Kind nie hatte.

Die Stars gingen in Ihrem Haus ein und aus. Sie scheinen trotz Jetset-Kindheit ein recht normales Leben zu führen.

Da haben mir meine bodenständige Mutter und mein Nachname geholfen. Ich habe jahrelang in Paris gelebt, ohne dass jemand wusste, wer ich war. Es wäre schwachsinnig gewesen, sich als "Sohn von Audrey Hepburn" vorzustellen. Als meine Freunde es irgendwann herausfanden, waren sie schwer beleidigt.

Audrey Hepburn: "Zuhause bei Audrey" ist im Dumont Verlag erschienen. Preis: 34,99 Euro

"Zuhause bei Audrey" ist im Dumont Verlag erschienen. Preis: 34,99 Euro

(Foto: Audrey Hepburn Estate Collection)

Dieser Artikel erschien zuerst im Tages-Anzeiger vom 31.05.2016.

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