Ehestreit bei Mode-Label "Tory Burch":Du bist mir zu billig

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Bevor Tory Burch mit ihrer Modefirma weltberühmt wurde, galt sie als die brave Ehefrau des steinreichen Chris Burch. Nun sind sie geschieden und der Ex-Mann ärgert die Ex-Frau mit seinem eigenen Label. Eine New Yorker Posse.

Peter Richter

Mein Fummel, Dein Fummel: Das einstige Traumpaar Chris und Tory Burch (im Bild)  macht sich mit Kleidern Konkurrenz. (Foto: Bloomberg)

Nach den Strapazen mit Sandy und den Präsidentschaftswahlen kommt New York allmählich auch endlich wieder dazu, sich dem eigentlichen Nervenkitzel dieses Herbstes zu widmen: Dem Krieg zwischen Tory Burch und ihrem Ex-Mann Chris, die einmal das - wie man in diesem Fall schon wegen beider Neigung zu Strass und Lackfarbe einmal tatsächlich so sagen darf - schillerndste Paar zwischen der Upper East Side und Southampton waren.

Neuester Stand ist der, dass Tory Burch jetzt auch Chris Burch verklagt hat, nachdem Chris Burch im Oktober bereits Tory Burch verklagt hatte. Sie ihn wegen Plagiaten. Er sie wegen Geschäftsbehinderung. Und das Schöne an dem Fall ist, dass er im Prinzip nach oben wie unten hin offen ist.

Das heißt: Die Frage, die sich jetzt stellt, ist die, wie lange es dauern wird, bis es ein Modelabel gibt, das wiederum Chris Burch beschuldigen kann, von ihm geklaut zu haben. Und wann sich die großen und teuren Häuser dagegen zur Wehr setzen, dass die Sachen bei "Tory Burch" - sagen wir, um nicht selber noch verklagt zu werden, mal so: doch gelegentlich deutlich von Highend-Labels inspiriert sind.

Die amerikanische Vanity Fair hat in ihrer aktuellen Ausgabe einmal ganz unkommentiert die Logos von Tory Burchs "Tory Burch" und Chris Burchs neuem Label "C Wonder" neben dem von Givenchy abgebildet. Oder Cap-Toe Ballerinas von Chanel (625 Dollar, also etwa 490 Euro), Tory Burch (225 Dollar) und C Wonder (98 Dollar). Oder die zweifarbige Tasche "Tote Bag" von Céline (1200 Dollar), Tory Burch (250 Dollar) und wiederum C Wonder (48 Dollar). Ein und dasselbe ästhetische Teebeutelchen in immer kälteres Wasser getunkt. Und die Preise erzählen eigentlich schon den Rest der ganzen Geschichte.

Der Selfmade-Millionär und die perfekte Hausfrau

Aber von Anfang an: Chris Burch ist im Grunde einer dieser bilderbuchmäßigen Selfmade-Milliardäre, die Amerika auch heute noch immer wieder mal hervorbringt. Er soll zwar schon herum gerannt sein wie ein Preppie, als er sich das noch gar nicht leisten konnte, aber er konnte sich das dann relativ schnell dadurch leisten, dass er Leuten, die mal Preppies genannt werden würden, genau das verkaufte, was dann eben "Preppie Chic" hieß. Nämlich schottische Wollpullover für Highschool-Mädchen, die aussehen wollten, als gehörten sie nach Harvard.

So wurde irgendwann aus Burch der bekannte Venture-Kapitalgeber, der in orangeroten Hosen und rahmengenähten Pantoffeln durch die Hamptons pflügte. Tory wiederum muss in ihrer Zeit als Frau Burch das gewesen sein, was bei den "Desperate Housewives" Bree Van de Kamp war: auf alleramerikanischste Weise perfekt. Und als die sechs Kinder, die sie aufgezogen hat (drei davon von ihr), aus dem Gröbsten raus waren, wollte sie eben auch ein eigenes Business haben. So entstand IHR Label. Allerdings mit SEINEM Geld, wie ER seit der Scheidung im Jahr 2006 immer wieder deutlich gemacht hat.

Wer auch immer dabei wann was entschieden hat, der unfassbare Welterfolg von Tory Burch gibt beiden heute noch recht. Starkfarbige, trotzdem reitstundenhaft züchtige Dinge für die Frau ab 40 - damit ist auch schon das Michelle-Obama-Austattungshaus J. Crew groß geworden. Dazu kommt bei Tory Burch eine Vorliebe für Materialien, die auch Kundinnen des Online-Shops im ländlichen Raum nicht verschrecken, aktuell etwa Kleider mit Ausbrennersamt und solchen Sachen.

Außerdem trägt die Mode bei Tory Burch Frauenvornamen - Auden, Gia, Adrianna; das kennt man sonst eigentlich auch nur aus dem Homeshopping-Fernsehen, aber das baut eben Barrieren ab; die eisigen Welten von Prada und Lanvin können auch abschreckend wirken, und das sollen sie ja auch. Wer aber, nur zum Beispiel, letzten Winter das schöne Tweedkleid von Lanvin erschüttert von dem Preis (waren es 1500 Dollar? Waren es 2500?) wieder auf den Boutiquenbügel zurückgehängt hat, wird sich womöglich gefreut haben, bei Tory Burch das Tweed-Jäckchen Daniela für 500 Dollar zu entdecken - und jetzt im Sale kostet es selbst davon nur noch die Hälfte.

Dass Mode für deutlich niedrigere Preise immer noch den Luxusnimbus von Mode behält und außerdem sehr profitabel sein kann, das ist, nachdem inzwischen fast jeder Großdesigner seine Kollektion bei H&M untergebracht hat, nichts Neues. Vor zehn Jahren aber galt das noch als unabsehbares Geschäftsrisiko. Chris Burch gilt inzwischen auf diesem Feld geradezu als Extremist.

"Lass uns Freunde bleiben"

Nicht zu unterschätzen waren deshalb die Überraschung und der Ärger im Vorstand der Modefirma Tory Burch, als Chris Burch, der in diesem Vorstand selbst mit drin sitzt, plötzlich seine neue Firma C Wonder präsentierte, bei der es Sachen, die denen von Tory Burch nicht ganz unähnlich sind, noch einmal wesentlich günstiger gibt. Der schlichte ökonomische Grund liegt darin, dass Chris Burch seine ganze berufliche Leidenschaft daran setzt, die Herstellungspreise zu drücken und in Asien Fabriken zu finden, die es ihm noch günstiger machen als der Konkurrenz. Die Gerichte haben jetzt zu entscheiden, ob Tory Burch ihren Herstellern in Asien untersagen darf, auch für Chris Burchs Label zu nähen. Die Gerichte werden auch feststellen müssen, ob Chris Burch der Firma seiner Frau überhaupt Konkurrenz macht. Er selbst bestreitet das.

Aber die Existenz von C Wonder dürfte es Tory Burch auf absehbare Zeit zumindest unmöglich machen, günstigere Sublabels auszugründen - wie das große Vorbild Michael Kors, der inzwischen auf so vielen Preisebenen seine Sachen verkauft, dass er so gut wie alle Geldbeutel quer durch das soziale Spektrum erreicht. Vielleicht werden die Gerichte sogar entscheiden müssen, ob das alles nur die etwas irrationale Rache eines geschiedenen Ehemanns ist.

Ganz sicher ist im Moment nur das: Aus dem "Lass uns Freunde bleiben" wird bei den beiden nichts mehr.

© SZ vom 16.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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