Zweites Sonntagsspiel:Sieg in aller Stille

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Arm in Arm: Die Dortmunder Spieler nach dem 2:0 vor ihrer Fankurve. (Foto: Ina Fassbender/Reuters)

"You'll never walk alone": Der Tod eines Fußball-Fans während der Partie überlagert das Dortmunder 2:0 im Geduldsspiel gegen den FSV Mainz 05 zum Abschluss des 26. Spieltages.

Kurz die sportlichen Fakten: Marco Reus hat für Borussia Dortmund auch seinen Lieblingsgegner Mainz 05 geknackt. Der Nationalspieler führte den BVB in gedimmter Atmosphäre mit seinem zehnten Saisontor (30.) am Sonntagabend zum verdienten 2:0 (1:0), damit sind es wieder fünf Punkte Rückstand auf den Spitzenreiter Bayern München. Reus erzielte nicht nur sein neuntes 1:0 in dieser Saison (das sechste in der Bundesliga), sondern überzeugte auch als Vorbereiter. Seine elf Tore in all seinen Duellen gegen Mainz bedeuten einen Ligarekord. Das 2:0 erzielte Shinji Kagawa (73.). Die sportlichen Fakten rückten aber schnell in den Hintergrund, nachdem auch den Profis die tragischen Vorgänge auf der Tribüne bekannt geworden waren. Wie BVB-Sprecher Sascha Fligge bestätigte, erlitten zwei Besucher während des Spiels Herzinfarkte, bei beiden wurde Reanimationsversuche eingeleitet. Die Polizei-Leitstelle Dortmund teilte später mit: Ein 79-Jähriger sei verstorben, ein 55-Jähriger wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Dessen Zustand war zunächst stabil. "Wir Spieler haben zunächst gar nichts davon mitbekommen und waren wegen der Stille im Stadion irritiert", sagte Reus: "Direkt nach dem Spiel ist der Trainer auf uns zugekommen und hat uns aufgeklärt. Kompliment an die Zuschauer, wie sie reagiert haben." Die BVB-Fans stellten in der zweiten Halbzeit ihre Anfeuerung ein und rollten auch die Banner ein. In der 88. Minute stimmte ein Chor unter den 81 000 Besuchern in Gedenken an den verstorbenen Fan "You'll never walk alone" an.

Nach dem Abpfiff versammelten sich die BVB-Profis Arm in Arm auf dem Rasen und sangen mit den Fans. Stadionsprecher Norbert Dickel teilte mit brüchiger Stimme mit: "Der BVB dankt allen Fans für das respektvolle Verhalten, insbesondere auch den Mainzern."

Klubpräsident Reinhard Rauball stimmte in den Dank ein: "Wie die Fans in diesem Moment die Würde in den Vordergrund stellen und ihre Trauer zelebriert haben, alle Fans im Stadion, das habe ich so noch nicht erlebt. Diesen Fans gilt mein allerhöchster Respekt."

Für Rauball, derzeit auch Interims- präsident des Deutschen Fußball-Bundes, war dieses Verhalten alles andere als selbstverständlich: "Ich habe die Fans häufig mal kritisiert, wenn es Randale gab oder Ähnliches. Heute sage ich: Was die an Ehre in sich haben, was sie fühlen, welches Gespür sie haben, das kann man nicht besser zum Ausdruck bringen." Ähnlich äußerte sich Martin Schmidt, Trainer der Mainzer: "Ich fand das Verhalten der Fans beeindruckend. Das hat alle irgendwie berührt."

Die Partie selbst war für die Dortmunder ein Geduldsspiel. Die eng gestaffelten Mainzer schauten sich den gegnerischen Aufbau ruhig an und waren zur Stelle, wenn der Pass in die Tiefe oder die schnelle Kombination gespielt wurden. Vor der fünften englischen Woche in Serie hatte BVB-Trainer Thomas Tuchel gegen seinen ehemaligen Klub auf eine größere Rotation verzichtet. Rückkehrer Sokratis ersetzte den verletzten Sven Bender in der Innenverteidigung ohne Qualitätsverlust, Nuri Sahin gab für den angeschlagenen Ilkay Gündogan den Sechser im 4-1-4-1-System, Kagawa kam für Lukasz Piszczek.

Martin Schmidt wechselte auf drei Positionen, der vom BVB umworbene Yunus Malli stand in der Startelf. Malli war auch der erste Mainzer, der sich mit Ball in den BVB-Strafraum wagte (20.) - kurz vor der ersten Chance der Gastgeber durch Marcel Schmelzer (23.). Anschließend erkämpfte sich Mainz etwas häufiger den Ball. Defensiv verschoben die Gäste nahezu perfekt - bis zur ersten Unachtsamkeit, die Gonzalo Castro für einen Traumpass auf Reus nutzte. Die zweite Halbzeit begann mit einer Großchance Kagawas (46.), was gleich wieder die Richtung vorgab.

Die Gäste, eigentlich Experten für Siege gegen Spitzenteams, liegen trotz der Niederlage auf einem Europa-League-Platz. In der Rückrunde hatten sie zuvor Mönchengladbach, Schalke, Leverkusen und den FC Bayern bezwungen.

© SZ vom 14.03.2016 / sid, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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