Zweite Liga:Hatz beim Club

Der 1. FC Nürnberg hat nach dem 4:1 gegen Aue vier Punkte Vorsprung auf den Aufstiegs-Relegationsplatz. Trainer Michael Köllner hat seiner Mannschaft den mit Abstand besten Angriffsfußball der Liga verordnet.

Es gehört zu den unerschütterlichen Gesetzmäßigkeiten beim 1. FC Nürnberg, dass der sportliche Erfolg seiner Profimannschaft stets einher geht mit einer Vielzahl bunter Nebengeschichten, die seine Anhänger emotional aufwühlen. "Momentan wirst du da dreimal pro Spiel vollgeschissen", hat kürzlich ein langjähriger Dauerkarteninhaber gegenüber den Nürnberger Nachrichten geschimpft. Der Club hat ein Problem mit Tauben. Und ein bisschen ist er sogar selbst schuld. Die Vögel werden angelockt von den Rasensamen, die der Platzwart zwecks vorbildlicher Nachsaat fleißig auf dem Grün verteilt, das macht er seit jeher. Früher saßen die Tauben allerdings nur im Oberrang in der Nordkurve. Die Nürnberger brachten daher am Oberrang Spikes an, die Vögel sollten es nicht bequem genug haben, um in Ruhe ihr Geschäft zu erledigen. Also flogen die Tauben weiter zur Haupttribüne, woraufhin die Nürnberger auch da Spikes anbrachten. Abermals zogen die Vögel um, jetzt hocken sie halt oberhalb der Gegengerade und schicken Grüße nach unten zu den langjährigen Dauerkarteninhabern. "Die Vögel sind leider nicht dumm", klagt Alfred Diesner von der Stadion-Geschäftsleitung. "Wir scheuchen sie vor uns her durch das ganze Stadion."

Nun können sich die bekleckerten Club-Fans zumindest an dem Gedanken aufrichten, dass auch ihre Profimannschaft derzeit jedermann durch das ganze Stadion scheucht. Am Freitagabend zuletzt die Mannschaft, die aus Aue angereist war, um dann beim 4:1 vier Gegentore zu erdulden. Zweimal traf der herausragende Kevin Möhwald, einmal Patrick Erras per Kopf und noch der eingewechselte Tobias Werner. 13 Spieltage vor Saisonende zementierten die Nürnberger ihren zweiten Platz hinter Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf, vier Punkte Vorsprung auf den Tabellendritten Holstein Kiel haben sie nun, der über ein 1:1-Unentschieden gegen Jahn Regensburg nicht hinaus kam. "Man hat wieder die Qualität unserer Mannschaft gesehen", referierte Nürnbergs Trainer Michael Köllner nach dem Spiel.

Zum achten Mal nacheinander hat seine Mannschaft in der Liga nicht mehr verloren, weswegen es Köllner zunehmend schwer fällt, die hohen Erwartungen im Umfeld klein zu reden. Die meisten Fans hätten "ein gutes Gespür dafür", dass "zu einer guten Saison Auf und Abs gehören", sagte er kürzlich, merkte allerdings an, er sehe sich schon als "Teil eines Märchens", das in dieser Saison möglich sei: die Rückkehr in die Bundesliga. Dorthin könnte es mit neu gewonnenem Offensiv-Geist tatsächlich gehen, den Köllner auf den Zauderfußball seines Vorgängers Alois Schwarz folgen lässt.

Nürnbergs Fußball prägt der mit Abstand beste Angriff der zweiten Liga. Und auch wenn es hinten mal wackelig zugeht - in Erinnerung bleiben eher die Spektakel wie nun gegen Aue. Vorne läuft's nicht nur bei Möhwald (sechs Saisontreffer), sondern auch bei Hanno Behrens (sieben). Und dann ist ja inzwischen auch noch Winterzugang Federico Palacios da. Der fest von RB Leipzig verpflichtete Angreifer trumpfte gegen Aue mit drei Vorlagen auf. "Es ist schön für mich, dass ich meinen Beitrag leisten konnte", sagte Palacios. Es könnte ein Beitrag zu einem Märchen werden.

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