Zweite Liga:Gemeinsam gegen den Investor

SSV Jahn Regensburg

Feiern lieber ihre Fußballer als einen fragwürdigen Investor: Fans des SSV Jahn Regensburg nach dem Zweitliga-Aufstieg im Mai.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Beim Aufsteiger Regensburg lehnen Vereinsspitze und Fans eine Zusammenarbeit mit Geldgeber Philipp Schober ab.

Von Johannes Kirchmeier, Regensburg

Die Regensburger Ultras hatten viel Arbeit in den Tagen vor dem lang ersehnten ersten Zweitliga-Heimspiel des SSV Jahn seit vier Jahren. Auf jedem roten Plastiksitz in der Arena hatten die Anhänger ihre Botschaft angeklebt - auf einem Flyer in der Größe DIN A5, auf den ein Stop-Schild abgedruckt war. Darauf stand: "Finger weg von unserem SSV Jahn!" Gesehen hat es also jeder der 15 000 Besucher. Gemeint haben die Ultras damit: Philipp Schober - der nicht gesichtet wurde. "Schober soll bewusst sein, dass er beim SSV Jahn nicht willkommen ist", stand unter dem Punkt "Unsere Ziele".

Die erste Zusammenkunft sei "desaströs" gewesen

Die Flyer der Ultras sind nur ein kleines Zeichen jener größeren Entwicklungen in der Stadt seit zwei Monaten, die die Aufstiegseuphorie dämpften. Am 9. Juni machte der 31-jährige Philipp Schober, gebürtiger Oberpfälzer, wohnhaft in München, öffentlich, dass er 90 Prozent der Anteile der SSV Jahn Regensburg GmbH & Co. KgaA gekauft hatte, der ausgegliederten Profi-Abteilung des Vereins. Eine Firma, der Schober vorsteht, kaufte die Anteile dem Bauteam Tretzel (BTT) von Volker Tretzel ab, der gerade in eine lokale Regensburger Korruptionsaffäre verstrickt ist.

Für welchen Kaufpreis, ist nicht bekannt. Doch der Vorgang erzürnte nicht nur die Ultras, er sorgte auch für Unmut im Verein. Schon wieder erregt ein Investor in Bayern die Gemüter, nach Hasan Ismaik bei 1860 München. Der Jahn hat sich von Beginn an deutlich gegen jegliche Einflussnahme positioniert: "Der Verkauf der Aktien der KGaA hat keinerlei Auswirkungen auf die laufende Geschäftspolitik des Jahn. Herr Schober kann gegen unseren Willen keinen Einfluss ausüben, weder rechtlich noch wirtschaftlich noch sonst irgendwie. Das wird auch so bleiben", erklärte der Vorstandsvorsitzende Hans Rothammer der Mittelbayerischen Zeitung. "Wenn es notwendig sein sollte, uns vor Herrn Schober zu schützen, dann werden wir das tun."

Rothammers Unmut rührt daher, dass der Jahn sich eigentlich wieder selbst gehören wollte, wie er am Mittwoch bestätigte: Der Klub könne sich noch immer vorstellen, die Anteile zurückzukaufen. "Wir lehnen jede Zusammenarbeit mit Herrn Schober mit aller Entschiedenheit ab." Nicht zuletzt verschrecken Schobers Ansprüche die Regensburger. Ein Vereinsvertreter bezeichnete die erste Zusammenkunft als "desaströs". Geschäftsführer Christian Keller sagt: "Was wir nicht entspannt sehen, sind die öffentlichen Äußerungen. Denn es ist vollkommen klar, dass Philipp Schober nicht für den SSV Jahn sprechen kann." Der Jahn wolle die Region würdig vertreten und bodenständig sein. Schober dagegen sprach vom "Erstligastandort" und meinte: "Ein sofortiger Abstieg wäre (...

) sehr, sehr schwer zu verkraften." Der Jahn ist Aufsteiger, hat seit 2000 zwei Jahre zweitklassig, zwei Jahre viertklassig und 15 Jahre drittklassig gespielt. Ein Abstieg aus Liga zwei wäre eher der Regelfall. Axel Ostermeier, ein ehemaliger Angestellter der Sportmarketingfirma Mainspo/Phyllos GmbH, die Schober von 2014 bis 2016 in Grünwald führte, verbucht die Aussage unter: "Solche G'schichten!" Schober sei ein guter Redner, das bestätigen alle, die mit ihm zu tun hatten. Allerdings neige er dazu, zu übertreiben. Ein von der SZ angefragtes Gespräch zu dem Thema wurde zwar von Schobers Sprecher in Aussicht gestellt, kam aber nicht zustande. Als Schober sich im Juni als Anteilseigner vorstellte, war wenig über ihn bekannt. Wie die MZ herausfand, lag das auch daran, dass er eine sogenannte Reputationsagentur beauftragt haben soll, Spuren aus seiner Vergangenheit aus dem Internet zu löschen. Stattdessen versuchte er, sich mit einem blütenweißen Lebenslauf zu inszenieren. Doch der schien etwas zu heiß gewaschen worden zu sein, inzwischen erscheint vieles in neuem Licht. Dass er etwa bei VW "für den professionellen Aufbau von Fußball-Sponsoring mitverantwortlich" war, halten Eingeweihte für deutlich zu dick aufgetragen. Dass er im Triathlon-Nationalteam war, konnte der Verband nicht bestätigen. Und Standortleiterin Birgit Norden von der Ebam Business Akademie konnte nicht bestätigen, dass Schober einen "eigenen Studiengang für Sportmanagement" hatte, wie er auf der Webseite seines Unternehmens Mainsoccer GmbH und im Interview mit dem Verband für Sportökonomie und Sportmanagement behauptete. Schober habe als Dozent an der Ebam gearbeitet, er sei derzeit "nicht im Einsatz". Auf der eigenen Mainspo-Webseite verkündete Abschlüsse kamen manchmal gar nicht zustande: Mit den Baskets Oldenburg und dem SV Grödig einigte sich Schober nach ersten Verhandlungen nicht. Es sei zu keinen Verträgen gekommen, versichern die damals verantwortlichen Roland Arminger (Grödig) und Claus Andresen (Oldenburg) der SZ. Trotzdem tauchte je eine Meldung bei mainspo.de auf. Bei einer tatsächlich realisierten Kooperation mit den Würzburger Kickers sei es "zu Zahlungsausfällen der Mainspo GmbH gegenüber externen Dienstleistern wie einem Lieferanten von Werbebanden" gekommen, teilt der Klub mit. Viele Wegbegleiter wundern sich, dass Schober sich den Kauf der Jahn-Anteile leisten konnte; er selbst sagte, dass ihn "ein väterlicher Freund" unterstützte, den Namen nannte er nicht.

Frühere Weggefährten zeichnen kein gutes Bild von Schober

Seit kurzem wird gegen Schober wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und Betrugs ermittelt, bestätigt die Staatsanwaltschaft München I. Strafantrag hat auch der FC Bayern als Gläubiger gestellt, es geht um unbezahlte Rechnungen für Hotels und Sportevents. Schober soll Eintrittskarten nicht bezahlt haben. Zudem soll es um den Kauf und Weiterverkauf von Tickets gehen. Schober ließ eine Anwältin der MZ mitteilen, dass keine strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt würden - weder wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung noch wegen Betrugs. Bei den Betrugsvorwürfen habe es sich um Bagatelldelikte gehandelt, sie seien fallengelassen worden. Der dpa sagte sie: "Unser Mandant wird die unzutreffenden Behauptungen um seine Person in der nächsten Zeit aufklären und sieht einer Zukunft als Investor beim SSV Jahn positiv entgegen." Ostermeier spricht davon, dass Schober oft zu Meetings nicht erschien, so hält er es möglicherweise noch. Am Montag der vergangenen Woche versetzte er Rothammer. Mit einem neuen Terminvorschlag sei er nicht auf den Klub zugekommen, teilte dieser mit. "Wir haben uns natürlich Informationen über Herrn Schober und seinen beruflichen Werdegang eingeholt und konnten uns dazu ein relativ transparentes Bild verschaffen", sagt Geschäftsführer Keller. Es fällt anscheinend ähnlich aus wie das Urteil der Ultras.

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