Zweite Bundesliga:Das Gegenteil von Abstiegsgefahr

Fortuna Düsseldorf - FC St. Pauli

Platz da! Düsseldorfs Oliver Fink (vorne) schiebt sich energisch an Lasse Sobiech vom FC St. Pauli vorbei Richtung Ball.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)

Düsseldorf lernt schnell aus alten Fehlern und ist nach dem 2:1 gegen St. Pauli wieder Erster in der Tabelle.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

In der zweiten Fußball-Bundesliga geht in dieser Saison nicht alles mit logischen Dingen zu. Wer dachte, die Fußballer von Fortuna Düsseldorf hätten sich neulich heftig erschrocken, als sie in Regensburg trotz einer 3:0-Führung noch verloren hatten, der verkennt den motivierenden Aspekt eines solchen Debakels. "Durch so ein Spiel rückt man enger zusammen", berichtete am Sonntag Düsseldorfs Rechtsverteidiger Julian Schauerte und führte als Beweis den soeben errungenen 2:1 (1:0)-Sieg gegen den FC St. Pauli an. Die Düsseldorfer sind jetzt wieder Tabellenführer, allerdings sollten sie, um aufzusteigen, beim Zusammenrücken noch zulegen, denn beinahe hätten sie auch gegen St. Pauli eine 2:0-Führung wieder verspielt - das Anschlusstor durch Aziz Bouaddouz in der Nachspielzeit fiel aber zu spät.

Vor dem Anpfiff hatte die Stadionregie den HSV-Hit "Wer wird deutscher Meister?" auf die Lautsprecher geschickt - aber weniger als Provokation für die 5000 Pauli-Fans war das als gemeinsame Spitze gegen den in Bundesliga-Abstiegsnot befindlichen Hamburger SV gedacht. Und so schwenkten die Gästefans zu dem flotten Lied fröhlich ihre Fähnchen. Auf diesen dokumentieren sie mit dem Totenkopf bekanntlich ihr piratenhaftes Selbstwertgefühl, doch auch die Fortuna hatte vor 13 Jahren mal einen Totenkopf auf dem Trikot, nämlich als die örtliche Punkband Tote Hosen dem damals klammen Verein als Trikotsponsor aus der Patsche half.

Der Totenkopf symbolisiert in diesen Tagen nur unzureichend das sportliche Lebensgefühl der Düsseldorfer und Paulianer, denn in beiden leidgeprüften Klubs gedeihen Frühlingsgefühle. Bei der Fortuna träumen sie vom Aufstieg, während zeitgleich der rheinische Rivale 1. FC Köln in die zweite Liga absteigen könnte; und beim FC St. Pauli verspüren sie trotz der Niederlage vergleichbare Sehnsüchte mit ihrem Aufstieg und dem gleichzeitigen Abstieg des Lokalrivalen HSV.

Vor diesem Hintergrund war die Partie am Sonntag eine besondere. Die Gäste hätten der denkbaren HSV-Demütigung einen Schritt näher kommen wollen, und die Düsseldorfer hatten eine Woche nach ihrem Motivationskurs in Regensburg unverhofft die Gelegenheit erhalten, nach der Niederlage des 1. FC Nürnberg gegen Greuther Fürth wieder die Tabellenführung zu übernehmen. Mit dieser Motivation gingen die gleich sehr aktiven Fortunen in der neunten Minute auch schon mit 1:0 in Führung, als André Hoffmann eine Hereingabe von Takashi Usami mit der Hüfte über die Torlinie nötigte.

Unverdrossen freute sich das heimische Publikum darüber extrovertiert, dabei hatten die Düsseldorfer neun Tage zuvor in Regensburg nach einer Viertelstunde sogar schon 3:0 geführt - und eben noch verloren. "Aber so etwas passiert uns nicht mehr", hatte der Stadionsprecher diesmal vor Spielbeginn versprochen - und damit waren die Fans offenbar besänftigt. Dass die durchaus wehrhaften Gäste aus Hamburg trotz bester Möglichkeiten bis zur Pause nicht auszugleichen wussten, konnte allenfalls mit einer Düsseldorfer Fertigkeit zu tun haben, die im Vereinsnamen Erwähnung findet. Als Torwart Raphael Wolf St. Paulis Stürmer Bouhaddouz anschoss, sprang der Ball an den Pfosten.

Die Düsseldorfer vergaben ihre Chancen zum 2:0 zunächst kläglich und facettenreich

In der zweiten Halbzeit erhielten die Düsseldorfer zahlreiche Chancen zum 2:0, aber sie vergaben sie zunächst derart kläglich und facettenreich, dass das Analysevideo diesmal ein paar Minuten länger werden dürfte. Natürlich fürchteten die Fans gemäß einer alten Fußballweisheit, dass sich dies bestimmt rächen werde, doch in der 74. Minute fand ein flacher Fernschuss von Takashi Usami doch noch den Weg ins Tor der Gäste. Das 1:2 durch Bouhaddouz fiel zu spät, als dass die Fortuna diesmal alles wieder hätte hergeben können.

Düsseldorfs erfahrener Trainer Friedhelm Funkel will von einem psychologischen Vorteil durch die Partie in Regensburg ebenso wenig wissen wie von einem Knacks, stattdessen regte er sich am Sonntag ziemlich auf. Nachdem seine Mannschaft zuvor nämlich drei Mal nacheinander nicht gewonnen hatte, habe er beim Zeitungslesen den Eindruck gewonnen, "wir seien in Abstiegsgefahr - dabei sind wir jetzt Erster". So wüst gehen die Gefühle durcheinander in dieser wilden zweiten Bundesliga.

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