Olympia:Dopingjäger überraschen mit neuem Test

In London kündigt die Welt-Anti-Doping-Agentur einen neuen Test auf das Wachtumshormon HGH an. Gleichzeitig sperrt der Leichathletik-Weltverband neun Sportler wegen Dopings, eine weitere Favoritin muss mit einer lebenslangen Sperre rechnen. Das IOC hingegen blamiert sich bei den Nachtests von Olympia 2004.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hat zwei Tage vor Beginn der Olympischen Spiele in London mit einem echten Coup überrascht. Erstmals wird ein effektiverer Test auf den Missbrauch des Wachtumshormons (HGH) eingesetzt. "Wir haben einen neuen Marker-Test entwickelt. Erst vor ein, zwei Wochen wurde er bewilligt", verkündete WADA-Präsident John Fahey am Mittwoch in London auf einer Pressekonferenz.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) räumte unterdessen Fehler bei der Aufarbeitung der eingefrorenen Doping-Proben von Athen 2004 ein. "Wir haben unsere Technologien verbessert, auch die Methoden. Wir machen viel mehr Tests und können die Proben auch länger lagern", erklärte Fahey und warnte jeden Doper: "Eine große Wolke schwebt über ihrem Kopf. Der Athlet wäre immer ein Außenseiter." Fahey: "Das ist ein Lebensdesaster, wenn man bei einem solchen Betrug erwischt wird."

Wie der Australier mitteilte, wurden vor dem 19. Juli bei weltweit 71.649 Tests schon 107 Sportler ertappt und bestraft. Das neue HGH-Analyseverfahren, entwickelt von dem Briten Peter Sönksen in 13-jähriger Forschungsarbeit, bietet einen größeren Nachweiszeitraum als bisherige Verfahren. "Das Fenster ist größer geworden", erklärte WADA-Generaldirektor David Howman. Ob nun mehr HGH-Doper erwischt werden? "Wir werden es sehen, wenn wir den ersten Fall haben", meinte Howman.

Der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF teilte unterdessen mit, dass sechs Leichtathleten wegen Unstimmigkeiten im Biologischen Pass für zwei bis vier Jahre gesperrt werden. Außerdem wurden drei Starter der Weltmeisterschaften 2011 in Daegu/Südkorea bei Nachtests des Dopings überführt.

Wegen Abweichungen im Blutpass wurden Abderrahim Goumri (Marrokko), Iríni Kokkinaríou (Griechenland), Meryem Erdogan (Türkei), Swetlana Kljuka, Nailja Julamanowa (Russland) und Jewgenina Zinurowa (alle Russland) sanktioniert. Als erster Leichtathlet war im Mai der portugiesische Marathonläufer Ornelas Helder auf Grundlage des Blutpasses gesperrt worden.

Bei den WM-Nachtests führten die Analysen von Inna Eftimowa (Bulgarien) sowie den beiden Ukrainerinnen Natalja Tobias und Antonina Jefremowa zu positiven Ergebnissen. Eftimowa wurde die Einnahme des synthetischen Wachstumshormons nachgewiesen, Tobias und Jefremowa hatten synthetisches Testosteron im Blut. Alle drei Athletinnen erhielten eine zweijährige Sperre; sie hatten zuvor auf die Öffnung der B-Probe verzichtet. Für ein solches Vergehen sieht die IAAF normalerweise einen Vier-Jahres-Bann vor.

Die marokkanische Mittelstreckenläuferin Mariem Alaoui Selsouli muss nach dem zweiten positiven Dopingtest ihrer Karriere mit einer lebenslangen Sperre rechnen. Bei einer Kontrolle am 6. Juli in Paris wurde bei der 28-Jährigen das Diuretikum Furosemid aufgespürt. Das bestätigte der IAAF am Mittwoch. "Alaoui Selsouli hat auf die Öffnung der B-Probe verzichtet. Damit ist sie jetzt provisorisch für alle Leichtathletik-Wettbewerbe gesperrt", teilte IAAF-Sprecher Nick Davies mit. Mit der besten 1500-Meter-Zeit seit 2006 (3:56,15 Minuten) hatte sich die Marokkanerin an die Spitze der Weltjahresbestenliste gesetzt. Bereits 2009 war Selsouli wegen Betrugs mit dem Blutdopingmittel EPO für zwei Jahre gesperrt worden.

Neben immer ausgefeilteren Nachweismethoden geht die WADA auch andere Wege. "Wir erhalten aus allen Ecken der Welt hinweise, um informationsgesteuerte Kontrollen zu machen", sagte Fahey. In seiner Heimat Australien basierten 40 Prozent der Testerfolge auf solchen "intelligenten" Zielfahndungen.

Weniger erfolgreich war der Umgang des IOC mit den eingefrorenen Doping-Tests von den Athen-Spielen vor acht Jahren. Sie wurden erst Mitte April - kurz vor Ablauf der Frist und auf öffentlichen Druck - doch noch nachträglich untersucht. "Dies ist eine gute Lektion", räumte Arne Ljungqvist, Chef der medizinischen Kommission des IOC, am Mittwoch ein. Nachuntersuchungen der Proben von den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin, vor allem auf den Wirkstoff CERA, eine neue Version des Blutdopingmittels EPO, blieben ohne Folgen.

Bei Nachkontrollen der Pekinger Dopingproben von 2008 wurden allerdings gleich sechs Athleten positiv auf Doping getestet. "Die eingefrorenen Proben sollten abschreckende Wirkung haben, aber wenn wir sie nicht untersuchen, haben sich auch keine abschreckende Wirkung", kritisierte IOC-Spitzenfunktionär Dick Pound, von 1999 bis 2007 WADA-Präsident. Diese Nachlässigkeit des IOC bereite ihm Sorgen und habe in der Öffentlichkeit ein sehr schlechtes Bild abgegeben.

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