Zwanziger und Niersbach:Chronologie einer Männer-Feindschaft

Niersbach und Zwanziger

Seit Jahren im Clinch: Niersbach (links) und Zwanziger

(Foto: dpa)

DFB-Chef Wolfgang Niersbach und sein Vorgänger Theo Zwanziger zoffen seit Jahren - doch nun eskaliert der Streit.

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und sein Vorgänger Theo Zwanziger streiten seit Jahren - doch nun erreicht ihre Beziehung eine neue Dimension. Die Beziehung der beiden Fußball-Funktionäre rückt immer mehr ins Zentrum des Skandals um die Fußball-WM 2006: Zwanziger belastet Niersbach schwer. Chronik einer erbitterten Männer-Feindschaft:

2. März 2012: Der damalige DFB-Präsident Zwanziger übergibt die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Niersbach, bis dahin Generalsekretär des größten Fußballverbandes der Welt. Der Übergang ist alles andere als reibungslos. In einem Dauerstreit überbieten sich Zwanziger auf der einen und das DFB-Präsidium auf der anderen Seite in der Folgezeit mit Anschuldigungen.

10. November 2012: Zwanziger rechnet öffentlich mit seinen ehemaligen DFB-Weggefährten ab. In einem Interview mit der Welt am Sonntag kritisiert er die Arbeitsweise seines Nachfolgers Niersbach und vor allem dessen angeblich halbherziges soziales Engagement.

10. Juni 2014: Zwanziger keilt in ungewohnter Schärfe gegen Niersbach, Bundestrainer Joachim Löw und den DFB generell aus. Dem Verband attestiert der 69-Jährige im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung "kein ausreichendes politisches Verständnis". An Niersbach bemängelt Zwanziger, dass dieser nicht bereit gewesen sein soll, im Rahmen einer Dokumentation zur Ermordung der Deutschen Elisabeth Käsemann 1977 in einem argentinischen Gefängnis Stellung zu beziehen. Dem Bundestrainer Löw, der wegen Verkehrsvergehen seinen Führerschein für sechs Monate verlor, wirft der Jurist mangelndes Gespür für eine Vorbildrolle vor.

14. Juni 2014: Das DFB-Präsidium mit Niersbach an der Spitze fordert Zwanziger zum Rücktritt aus dem Exekutivkomitee der Fifa auf - ein einmaliger Vorgang. Zwanziger wird vorgeworfen, "nicht mehr angemessen die Interessen des deutschen Fußballs" in der Regierung des Weltfußballs vertreten zu haben, heißt es vonseiten des DFB. Zwanziger wehrt sich und lehnt ein vorzeitiges Ende seiner bis Mai 2015 andauernden Amtszeit im Organ der Fifa ab: "Ich habe in diesen drei Jahren Arbeit bei der Fifa geleistet - das sage ich mal ganz deutlich -, wie kaum ein anderer Deutscher vorher."

18. Februar 2015: Zwanziger holt erneut zur Generalabrechnung aus. Er ersucht die Fifa-Ethikkommission um Prüfung der Vergütungsregelung für Niersbach als DFB-Chef, die beim Wechsel von Zwanziger zu seinem Nachfolger im Jahr 2012 getroffen wurde. Zwanziger hält diese für möglicherweise unzulässig. "Wie will der DFB-Präsident sein Ehrenamt glaubwürdig vermitteln, wenn er aus der Kasse eine Vergütung entgegen nimmt, die selbst hochkarätige Richter vor Neid erblassen lassen dürfte? Und das intransparent?", sagt er der Bild-Zeitung später.

13. März 2015: Die Untersuchungskammer der Ethikkommission der Fifa teilt mit, dass "im vorliegenden Fall keine Satzungen des Ethikreglements der Fifa verletzt wurden". Für Zwanziger eine schmachvolle Niederlage, der frühere DFB-Boss ist im europäischen Dachverband Uefa isoliert. "Das ist peinlich für ihn und traurig für den Fußball", kommentiert Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino Zwanzigers Vorgehen in den vergangenen Monaten.

Frontalangriff auf Niersbach

16. Oktober 2015: Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet von angeblichen Schwarzen Kassen rund um die WM 2006. Zwanziger bestätigt in der Titelstory, sich im Juli 2013 in Frankfurt mit anderen Mitgliedern des WM-Organisationskomitees für getroffen zu haben. Bei dem Treffen, an dem unter anderem Niersbach und OK-Chef Franz Beckenbauer teilnahmen, soll es auch um die Zahlung der ominösen 6,7 Millionen Euro gegangen sein. Zwanziger, so heißt es in dem Bericht, habe die Einrichtung einer Aufklärungskommission angeregt. Die beschriebene Idee wird nicht umgesetzt.

17. Oktober 2015: Der ehemalige Fifa-Mediendirektor Guido Tognoni mutmaßt im ZDF-Sportstudio, Zwanziger könne der Anschieber für die Spiegel-Enthüllungen zur Vergabe der WM 2006 sein. Ähnliches ist aus dem Dunstkreis des DFB zu vernehmen. Zwanziger widerspricht.

19. Oktober 2015: Nächste Attacke von Zwanziger: Der Ex-Verbandschef setzt Niersbach wegen der Korruptionsvorwürfe um die WM-Vergabe 2006 an Deutschland unter Druck. Die Bild-Zeitung zitiert aus einer Mitteilung von Zwanzigers Anwalt Hans-Jörg Metz, nach der Niersbach schon länger von Problemen mit der 2005 an den Weltverband getätigten und angeblich bei der Fifa zweckentfremdeten Überweisung von 6,7 Millionen Euro gewusst habe.

22. Oktober 2015: Niersbach kontert die Kritik an seiner Person und schildert auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz seine Version der Geschichte: Er weist die Korruptions-Vorwürfe energisch zurück und betont erneut, dass kein Bestechungsgeld geflossen sei. "Wir haben die WM mit lauteren Mitteln bekommen. Die WM war nicht gekauft, das Sommermärchen bleibt ein Sommermärchen", sagt Niersbach. Die ominöse Millionen-Zahlung an die Fifa begründet Niersbach mit der Sicherung eines erheblichen Organisationszuschusses seitens des Weltverbandes. Die deutschen WM-Macher hätten 2002 umgerechnet 6,7 Millionen Euro an die Fifa überweisen müssen, um später vom Weltverband umgerechnet 170 Millionen Euro erhalten zu können.

23. Oktober 2015: Es ist der vorläufige Höhepunkt der Feindschaft zweier Männer: Zwanziger startet im neuen Spiegel einen erneuten Frontalangriff auf Niersbach und bezichtigt den DFB-Präsidenten der Lüge, in dem er die Existenz einer "schwarzen Kasse" als "eindeutig" bezeichnet. Laut Zwanziger ist "ebenso klar, dass der heutige DFB-Präsident davon nicht erst seit ein paar Wochen weiß, wie er behauptet, sondern schon seit mindestens 2005. So wie ich das sehe, lügt Niersbach."

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