Zukunft von José Mourinho:Chelsea feiert schon

Einen Vertrag beim FC Chelsea hat José Mourinho noch nicht unterschrieben - trotzdem rechnet ganz England mit seiner Rückkehr nach London. Die Zeitungen planen bereits Mourinhos neuen Kader - und scheinen vergessen zu haben, dass Chelsea schon einmal froh war, den Portugiesen endlich los zu sein.

Von Carsten Eberts

Es gibt wohl niemanden, der ernsthaft daran zweifelt, dass José Mourinho nach seinem Abschied aus Madrid zum Saisonende neuer Trainer beim FC Chelsea wird. Die englischen Zeitungen heißen den Portugiesen nach sechs Jahren Abstinenz bereits willkommen und schmieden eifrig Kaderpläne. Die Fans singen seit Wochen "José is coming home", auch die Spieler freuen sich öffentlich. Es scheint, als hätte ganz Chelsea vergessen, wie die Trennung von José Mourinho vor sechs Jahren ablief.

Mourinhos Abschied bei Chelsea im Frühjahr 2007 war ein gutes Stück britischer Fußball-Folklore. Die Legende geht so: Während fast alle Chelsea-Mitarbeiter im Kino saßen und den Film "Blue Revolution" ansahen, begann Mourinho heimlich, sich bei seinen Lieblingsspielern per SMS zu verabschieden. "Das war's, alles Gute für die Karriere", soll er getextet haben. Als die Klub-Verantwortlichen das Kino verließen, wurde eiligst eine Krisensitzung einberufen. Und die einvernehmliche Trennung verkündet.

In den Wochen zuvor war die Stimmung gegen Mourinho längst gekippt. Der Portugiese hatte in drei Jahren zwei Meisterschaften geholt, ging international jedoch leer aus. Die Mannschaft spielte trotz großer Namen zunehmend unattraktiven Fußball, die Fans blieben immer häufiger fern, Mourinhos Hang zu Machtspielchen war schon damals recht ausgeprägt. Er zog weiter, über Inter Mailand zu Real Madrid. Bei Chelsea waren die meisten froh, dass "The Special One" endlich weg war.

Im Mai 2013 ist diese Episode offenbar längst vergessen. Schon seit Wochen wird über die Rückkehr Mourinhos zu Chelsea spekuliert. Der Coach selbst heizt die Gerüchte brav mit an, etwa nach dem Aus in der Champions League gegen Borussia Dortmund, als er klagte: "In England werde ich von den Fans geliebt und von den Medien fair behandelt. In Spanien gibt es Leute, die mich hassen."

Nun schreibt das Boulevardblatt The Sun in ihrer Dienstagausgabe: "Brave Blue World". Als käme Mourinho - und alles werde gut.

Für die britischen Zeitungen reichen die Signale aus, um gemeinsam mit Mourinho Kaderplanung zu betreiben. Dabei hat der Portugiese bei Chelsea noch nicht ansatzweise seine Unterschrift unter einen Vertrag gesetzt. Durch die einvernehmliche Trennung in Madrid vom Montagabend wäre Mourinho für seinen neuen Klub ablösefrei - das Geld ließe sich bei Chelsea demnach anderweitig ausgeben.

Mourinho soll bereits eine Wunschliste zusammengestellt haben. Und Abramowitsch sei willens, dem Trainer den einen oder anderen Wunsch zu erfüllen. Der scheidende Teammanager Rafael Benitez unkte, Chelsea könnte sogar bis zu 100 Millionen Euro zur kommenden Saison ausgeben. "Das Fundament ist schon gelegt", sagt Benitez, "die Zukunft wird rosig." Da schwingt auch Bitterheit mit. Beide Trainer verstehen sich nicht sonderlich gut. Benitez muss gehen, Mourinho soll kommen.

Auch die Spieler freuen sich

Dabei soll manches anders laufen als beim letzten Mal. Während seiner ersten Amtszeit kaufte Mourinho nach Herzenslust ein, beorderte im großen Stil Spieler wie Andrej Schewtschenko, Arjen Robben, Michael Ballack oder Petr Cech für mehr als 200 Millionen Euro an die Stamford Bridge. Diesmal habe sich Mourinho in den Kopf gesetzt, eine junge Mannschaft aufzubauen. Ganz wie der scheidende Alex Ferguson bei Manchester United, der zumindest ab und zu eigene Talente entwickelt und in die Mannschaft eingebaut hat.

Die Presse spekuliert eifrig. Definitiv halten wolle Mourinho Spieler wie Demba Ba und den Belgier Eden Hazard, heißt es. Zudem habe er sich für die Rückkehr von Romelu Lukaku (ausgeliehen an West Bromwich Albion) ausgesprochen. Auch geht Chelsea davon aus, dass André Schürrle demnächst an der Stamford Bridge unterschreibt. Die erneute Ausleihe des Belgiers Kevin De Bruyne, etwa nach Dortmund, sei längst noch nicht sicher.

Zudem soll Stürmer Fernando Torres, 29, den Klub verlassen - und durch einen jüngeren Spieler ersetzt werden, etwa durch Radamel Falcao (Atlético Madrid) oder Edinson Cavani (SSC Neapel). Auch Robert Lewandowski (Borussia Dortmund) wird natürlich genannt. Die britische Presse tut eben das, was sie am besten kann: Sie wirft mit Namen um sich.

Indes geht auch die Mannschaft davon aus, dass Mourinho kommt. "Je früher er da ist, desto besser", lässt sich Torwart Petr Cech vom Guardian zitieren. So könne Mourinho rechtzeitig beginnen, die Dinge in die richtigen Bahnen zu lenken. "Jeder kennt seine großartigen Fähigkeiten", sagt auch Verteidiger David Luiz.

Nach dem Sieg in der Europa League sagte zudem Marko Marin, derzeit nur prominenter Bankdrücker, einen vielsagenden Satz. Bevor er entscheide, wie es persönlich für ihn weitergeht, wolle er abwarten, wer neuer Trainer beim FC Chelsea wird. Marin schloss mit den Worten: "Dann sehen wir, welche Möglichkeiten José Mourinho für mich sieht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: