Zehn Zylinder in der Formel 1:Zur Heimpleite eine Magnumpulle Wermut

Sebastian Vettel setzt seine schwarze Serie auch in Hockenheim fort, sein Teamchef wird als "blonde Sexbombe" verehrt. Der Mercedes von Michael Schumacher ist noch unberechenbarer als badisches Wetter - und Fernando Alonso macht derzeit alles, aber auch alles richtig. Eine Zusammenfassung des Wochenendes in der Formel-1-Kolumne Zehn Zylinder.

Elmar Brümmer, Hockenheim

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Fernando Alonso

Formel 1 - GP Deutschland

Quelle: dpa

Sebastian Vettel setzt seine schwarze Serie auch in Hockenheim fort, sein Teamchef wird als "blonde Sexbombe" verehrt. Der Mercedes von Michael Schumacher ist noch unberechenbarer als badisches Wetter - und Fernando Alonso macht derzeit alles, aber auch alles richtig. Eine Zusammenfassung des Wochenendes in der Formel-1-Kolumne Zehn Zylinder.

Von Elmar Brümmer, Hockenheim

Fernando Alonso: "Fantastico" und "Importante", die beiden Worte, mit denen der Ferrari-Pilot seine 67 Runden in Hockenheim zusammenfasste, müssen nicht übersetzt werden. Fernando Alonso ist der Halbzeit-Weltmeister der Formel 1, ein Produkt funktionierender und gelebter EU-Solidarität: spanischer Fahrer, italienisches Team, griechischer Konstrukteur. Der 30-Jährige konnte über die Bemerkung von Podiumsgast Niki Lauda sogar grinsen, das zeigt, wie entspannt der verbissenste Pilot ist. Ob daran Dasha ihren Anteil hat, die 22 Jahre junge Russin, die er erstmals mit ins Fahrerlager brachte? Dann muss sie mächtig sein, die Kraft der Liebe - 30. Grand-Prix-Sieg, zweiter in Serie in Hockenheim, einziger Fahrer, der in dieser Saison bislang dreimal triumphieren konnte.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Germany - Race

Quelle: Getty Images

Lewis Hamilton: Keine zwei Runden konnte sich der zweite McLaren-Pilot in seinem 100. Formel-1-Rennen am Jubiläum erfreuen, für dass sogar ein eigenes Logo entworfen worden war. Zu diesem Zeitpunkt, als ihn ein Plattfuß aller Chancen beraubte, war der Rapper auf Rädern wohl schon wieder auf 180. Dementsprechend fuhr der Brite auch weiter, ganz wie es Ex-Weltmeister Jackie Stewart ihm geraten hatte: "Du musst egoistischer sein!" Das bekam dann Sebastian Vettel zu spüren - obwohl längst überrundet, schob sich der zweite McLaren in das Duell der Spitzengruppe und überholte den aus der Box gekommenen Deutschen. Das Handzeichen des Heppenheimers daraufhin war eindeutig, aber nicht dass Hamilton auf so etwas Rücksicht nehmen würde: "Ich hatte meinen Spaß." Auf große Freundschaften ist er ohnehin nicht aus.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Bernie Ecclestone

Ecclestone: 'Wollen die Formel 1 in Deutschland halten'

Quelle: dapd

Bernie Ecclestone: Das am meisten strapazierte Teil in Hockenheim war ein Stück anthrazitfarbener Kunstfaserteppich, ausgerollt vor dem stattlichen mobilen Büro von Bernie Ecclestone. Tagelang war der Bus umlagert von Bittstellern. Wer auch anklopfte, ob Journalisten oder Vertreter der Pleite-GmbH vom Nürburgring - immer wenn die Türschleuse sich öffnete, trat stets nur eine Sekretärin heraus. Doch Ecclestone kam ebenso wenig wie die Vertreter der Münchner Staatsanwaltschaft, die gegen ihn in einer Schmiergeldaffäre ermitteln. Ob der 81-Jährige sich aus Angst vor einer Verhaftung nicht nach Deutschland gewagt hat und am Zweitwohnsitz in Gstaad geblieben ist? Nicht da und trotzdem Gesprächsthema Nummer eins zu sein - wenn das nicht schon wieder ein geldwerter Vorteil ist.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Michael Schumacher

Formel 1 - GP Deutschland

Quelle: dpa

Michael Schumacher: Schöne Sonntage für den Rekord-Weltmeister sind jene, an denen er abends Schmiere an den Fingern habe. Das passiert dem ehemaligen Kerpener aber nur dann, wenn er an seinem Renn-Kart schraubt. Wenn er im Silberpfeil sitzt, dann ist es eher Pech, dass an ihm klebt. "Es gibt natürlich schönere Arten, ein Heimrennen zu beenden, als vom dritten auf den siebenten Platz zurückzufallen. Aber mehr war leider einfach nicht drin; ich habe schon alles aus dem Auto rausgequetscht." Der Mercedes ist noch unberechenbarer als badisches Wetter und diese Saison. Ein zusätzlicher Reifenstopp und fehlendes Tempo dämpften den jüngsten Aufwärtstrend doch deutlich. Bleiben ein spannendes Generationen-Duell mit Vettel ganz zu Anfang - und die schnellste Rennrunde.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Timo Glock

F1 Grand Prix of Germany - Qualifying

Quelle: Getty Images

Timo Glock: Er kommt selten vor in Renntexten, aber so ist das eben als fünfter Mann im deutschen Rennfahrerquintett. Timo Glock, 30, Ex-Werksfahrer bei Toyota und heute Ausbildungspilot für den Marussia-Rennstall ist keiner, der die Öffentlichkeit sucht. Dabei ist er witziger als alle RTL-Spaßmacher zusammen, von der Zweikampfstärke und der Fairness mal ganz abgesehen. "Glockenheim" hat sein Team, das noch nie einen Punkt in der Formel 1 geholt hat, den deutschen Grand Prix getauft. Glock ist in Lindenfels im Odenwald geboren, eine halbe Stunde weg vom Motodrom. Einen Heimvorteil hat er allerdings nicht gehabt. Platz 22, Teamkollege Charles Pic war zwei Plätze besser. Eine Wortspende haben wir nach der neuerlichen Desillusion nicht verlangt. Dem Mann fehlt es an nichts, dem Auto schon - vor allem an Höchstgeschwindigkeit.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Jo Bauer

Formel 1: Grosser Preis von Deutschland

Quelle: dapd

Jo Bauer: Hase und Igel, das taugt zur Beschreibung des Berufsbildes von Jo Bauer. Allerdings geht es für den Saarländer nicht um Parabeln, sondern um Paragrafen. Als technischer Delegierter der FIA wacht er über das Reglement. Er misst, prüft, vergleicht. Den Titel "Der Pedant" trägt er, seit er einst Michael Schumachers Ferrari kurz vor dem Gewinn der Weltmeisterschaft disqualifizierte. Diesmal klagte er Sebastian Vettels Red-Bull-Team an, doch die Regel ist nicht eindeutig genug formuliert gewesen. Der Funktionär muss den Tricks der Teams nicht nur auf der Spur sein, er muss sie vorausahnen. Wäre es ein freier Sonntag gewesen gestern, hätte man ihn zu Hause in Saarbrücken-Friedrichsthal angetroffen. Vermutlich am Schwenkgrill, denn Samstag ist er 51 geworden. Mit einem ganz eigenen Drehmoment. Total legal.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Christian Horner

German Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Christian Horner: Ob das Wort "adrett" ein Kompliment ist für einen Formel-1-Teamchef? Christian Horner steht immerhin dem etwas anderen Rennstall vor, befehligt die Einsatztruppe von Red Bull Racing und damit die Geschicke von Sebastian Vettel. Da stellt man sich einen eher wilden Typen vor. In Hockenheim tauchten Bilder aus einer Cosmopolitan von 1997 auf, die den Briten nackt, lediglich durch einen Außenspiegel bedeckt, zeigen. Kein Vergleich zu dem Ärger nach der Entblößung des Red-Bull-Motorentricks am Sonntag. Horner, mittlerweile 38, versucht auch das sphinxhaft wegzulächeln. Der Trost aber ist reichlich und weiblich. Horner ist der einzige Rennstallboss mit einem eigenen Fanklub: den "Hornettes". Für die ist er, Motorenkennfelder hin oder her, immer noch der eigentliche Antrieb, Formel 1 zu gucken: Sie verehren ihn als "blonde Sexbombe".

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Sebastian Vettel

Formel 1 - GP Deutschland

Quelle: dpa

Sebastian Vettel: Wermutstropfen kann man das wohl nicht nennen, das war schon eine Magnumpulle: Zwei Stunden nach dem Rennen von zwei auf fünf zurückgestuft und vom direkten Kontrahenten Jenson Button schon auf dem Weg zum Siegerpodest angemacht zu werden - die schwarze Serie von Sebastian Vettel beim deutschen Grand Prix und im Rennmonat Juli hält an. "Es war schön da oben auf dem Podium, aber ich habe die Entscheidung der Rennkommissare zu respektieren", ließ er schriftlich mitteilen. Sein Manöver gegen Button war natürlich grenzwertig, aber groß die Wahl hatte er zu diesem Zeipunkt nicht. Nach dem Urteil zum unerlaubten Vorteil schmollte der Titelverteidiger auf Heimatbesuch im Red-Bull-Motorhome. Es läuft einfach nicht mehr so, und vor allem fährt ihm Fernando Alonso langsam davon.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Jenson Button

Ferrari Formula One driver Alonso of Spain claps next to third placed McLaren Mercedes driver Button of Britain after German F1 Grand Prix at Hockenheimring

Quelle: Reuters

Jenson Button: Sieben Punkte in den sechs Rennen zuvor, da tut jeder Zähler aus Hockenheim doppelt gut, und das späte Upgrade durch die Kommissare auf den zweiten Platz noch mehr. Außerdem ist er jetzt Mitglied eines Weltrekord-Teams - sein entscheidender Boxenstopp vor der McLaren-Box dauerte nur 2,31 Sekunden. Über das umstrittene Überholmanöver von Sebastian Vettel hätte der Formel-1-Pilot mit dem sonnigsten Gemüt am liebsten überhaupt nicht gesprochen: "Mir hat das Rennen richtig Spaß gemacht. In der Mitte zwischen zwei solchen Fahrern, da kann man nur eins machen - immer pushen." Deshalb waren auch seine Gummis so runter, dass der Red Bull noch mal angreifen konnte. Button pflaumte schon auf dem Weg zum Podest Vettel an: "Weißt du schon, dass sie gegen dich ermitteln?"

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Peter Sauber

Formel 1 - GP Deutschland - Peter Sauber

Quelle: dpa

Peter Sauber: Sein Lebenswerk sichern, dass ist für einen, der nächstes Jahr 70 wird, ein ehrenvolles Vorhaben. Und für einen Schweizer ohnehin. Peter Sauber (hier ein Archivbild) beweist seit Jahrzehnten, dass man auch in Zürich hervorragende Rennwagen bauen und Rennfahrer ausbilden kann. Solange genug Franken in der Kasse sind. Am Anfang wurden die von Mercedes überwiesen, bis vor vier Jahren von BMW. Jetzt fährt das Team auf eigene Rechnung. Warum also nicht wieder an eine Partnerschaft mit einem deutschen Autobauer denken? Es bliebe da noch der VW-Konzern, der immer mal wieder mit einem Formel-1-Einstieg einer seiner Marken liebäugelt. Und Peter Sauber erinnert sich gern an seinen ersten Auftritt einst in Hockenheim - in einem Renn-Käfer. Bestätigen möchte er nur, dass es zwischen ihm und VW-Chef Martin Winterkorn ein Gespräch gegeben hat.

© Süddeutsche.de/ebc
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