Zehn Zylinder in der Formel 1:Amüsiert von Bullshit und Pferden

Sebastian Vettel fährt in Indien nicht nur zum vierten Sieg in Serie - er liefert auch verbale Schmankerl. Ein Techniker jagt Fernando Alonso Angst ein, Mark Webber macht sich unbeliebter denn je und für Michael Schumacher bestätigt sich eine alte Erkenntnis. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes in der Kolumne Zehn Zylinder.

Saskia Aleythe und Jonas Beckenkamp

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Sebastian Vettel

Red Bull Formula One driver Vettel walks towards the podium past grid lines after winning the Indian F1 Grand Prix at the Buddh International Circuit in Greater Noida

Quelle: REUTERS

Sebastian Vettel fährt in Indien nicht nur zum vierten Sieg in Folge - er liefert auch rhetorische Schmankerl. Ein Red-Bull-Techniker jagt Fernando Alonso Angst ein, Mark Webber macht sich unbeliebter denn je und für Michael Schumacher bestätigt sich im Smog von Indien eine alte Erkenntnis. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes in der Kolumne Zehn Zylinder.

Von Saskia Aleythe und Jonas Beckenkamp.

Sebastian Vettel: So ein Formel-1-Rennen kann schon verdammt lange dauern, vor allem wenn einer wie Sebastian Vettel 60 Runden lang vorneweg fährt. Wie er sich da wohl die Zeit vertreibt? Zuschauer zählen? Schnellste Runden zusammenrechnen? Vettel hatte sich womöglich eher um die Wechselgerüchte zu Ferrari Gedanken gemacht, äußerte er doch nach dem Rennen folgenden rhetorisch wertvollen Satz: "Manchmal steht Bullshit in der Presse." Sein Zugehörigkeitsgefühl zum Getränkehersteller betonte er mit Nachdruck. "Ich stehe zu 100 Prozent zu Red Bull, und sie stehen zu 100 Prozent zu mir," so Vettel, "und ich könnte im Moment nicht glücklicher sein." Dass Vettel auch ohne viel Bedenkzeit verbale Schmuckstücke liefern kann, zeigte er im Gespräch mit einem indischen Journalisten, der sein Fahrzeug mit einem Pferd verglich. "Das Auto ist kein Pferd", so Vettel, "man verliert auch mal Öl oder Benzin, aber das riecht besser, als wenn ein Pferd etwas verliert."

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Adrian Newey

F1 Grand Prix Of India - Practice

Quelle: Getty Images

Adrian Newey: Beim Rennen in Südkorea erstarrte die Formel-1-Szene angesichts von Adrian Neweys Erfindung der Champagner-Duschen-Brille in Ehrfurcht. Formschön und erhaben sind auch die Autos, die der "Design-Guru" bei Red Bull konstruiert. In konkurrierenden Fahrerlagern sorgt das technische Händchen von Newey beinahe für Verzweiflung: "Wir fahren nicht gegen Sebastian Vettel, wir fahren gegen Newey", sagte jüngst Fernando Alonso, als er im Qualifying von Indien nur auf Rang fünf landete und sich die Red-Bull-Piloten die vordersten Startplätze sicherten. Vettel ließ nach seinem Start-Ziel-Erfolg Alonso wissen, was er von dessen Aussage hält: "Es ist nicht ein Faktor, der entscheidet. Wir haben alle Hand in Hand gearbeitet und alle gepusht, das hat den Unterschied ausgemacht."

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Fernando Alonso

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Quelle: AP

Fernando Alonso: Hat Fernando Alonso diese Sticheleien in Richtung Red Bull überhaupt nötig? Auf jeden Fall, hätte man vor seinem Rennen in Indien sagen müssen. Im Juli, beim Grand Prix von Deutschland, stand der Spanier zum letzten Mal ganz oben, ein fulminant aufholender Sebastian Vettel vermieste ihm die Stimmung. In Indien nun zeigte Alonso auf sportliche Weise, dass mit ihm noch zu rechnen ist. Nach dem Start machte er zwei Plätze gut und bescherte Mark Webber im Verlaufe des Rennens so einige zittrige Momente, als er immer näher an den Zweitplatzierten heranfuhr. Am Ende profitierte Alonso von technischen Problemen Webbers - aber womöglich hätte er ihn auch so überholt. Vielleicht animiert ihn die sportliche Bestätigung nun zur verbalen Zurückhaltung - verbale Spitzen hat Alonso nämlich nicht mehr nötig.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Marine-Flaggen

F1 Grand Prix Of India - Qualifying

Quelle: Getty Images

Marine-Flaggen: Mancher Inder fühlte sich bei diesem Grand Prix angegriffen von kleinen Flaggen der italienischen Marine, die auf der Fahrzeugnase der Ferraris abgedruckt waren. Worum ging es? In Indien sind zwei italienische Soldaten angeklagt, weil sie bei einer Konfrontation an der Küste angeblich zwei indische Fischer erschossen haben. Die Italiener hatten einen Öltanker bewacht und die Inder mit Piraten verwechselt. Am Donnerstag hatte Ferrari die Flaggen-Aktion angekündigt. In der Hoffnung, dass "die indischen und italienischen Behörden bald eine Lösung finden würden", teilte die Scuderia mit. Dazu gratulierte sogar der italienische Außenminister Giulio Terzi via Twitter. Politische Statements verstoßen allerdings nicht nur gegen die FIA-Statuten für die Formel 1. In Indien fiel die Reaktion bis in die höchsten politischen Ebenen auch alles andere als erfreut aus. Und so ruderte der Rennstall in einem Statement kleinlaut zurück: "Mit allem Respekt vor den indischen Behörden möchte Ferrari klarstellen, dass diese Initiative keinerlei politische Implikation hat oder haben sollte." Fragt sich nur, was sonst?

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Olympionike Gagan Narang

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Quelle: AFP

Olympionike Gagan Narang: Ein "Yabadabadu" entlockt Sebastian Vettel nur, wer die sehnsüchtig erwartete schwarz-weiße Flagge schwenkt, wenn sein Auto als Erster über die Linie trudelt. Diese Ehre wird bisweilen wenigen Menschen zu teil - sie werden anhand mehr oder weniger durchsichtiger Kriterien vom Gastgeberland ausgewählt. Südkorea schickte einen Rapper an die Fahne, der mit einem gewöhnungsbedürftigen Tanz im Internet für enormes Aufsehen sorgte. In Indien hingegen hielt man es ganz sportlich: Mit Gagan Narang wählten die Verantwortlichen einen Olympioniken aus, der in London seinem Heimatland eine von sechs Medaillen bescherte - er gewann mit dem Luftgewehr Bronze im Schießen. Das jahrelange Training hat sich für ihn nun doppelt gelohnt.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Mark Webber

Red Bull Formula One driver Webber drives during the Indian F1 Grand Prix at the Buddh International Circuit in Greater Noida

Quelle: REUTERS

Mark Webber: Eine Hassliebe ist das wohl nicht, was Mark Webber mit seinem Red-Bull-Kollegen Sebastian Vettel verbindet, dafür fehlt beim Australier jegliches Anzeichen von Sympathie. Der Deutsche scheint für Webber vielmehr einem verhassten Geschwisterkind gleichzukommen; auf das er mit Neid blickt, weil es von allen gemocht wird, das schnellere Auto fährt ... oder na ja, einfach schneller Auto fährt. Dass sich Webber nicht gerade in die Herzen der Formel-1-Fans manövriert, hat er aber auch selbst zu verantworten: In einer Umfrage der Bild nannte er als einziger Formel-1-Pilot nicht etwa Sebastian Vettel oder Fernando Alonso als heißesten Titelanwärter - sondern sich selbst. Sogar der vor ihm auf Platz drei positionierte Kimi Räikkönen tippte auf Vettel, er sagte: "Ich würde mein ganzes Geld auf Vettel setzen." Dreistigkeiten wie von Webber bleiben in der Red-Bull-Familie nicht ungestraft: Sein Wagen gab ihm in Indien mit dem Ausfall des Kers-Systems die passende Antwort. 

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Michael Schumacher

Formel 1: Grand Prix von Indien

Quelle: dapd

Michael Schumacher: Dass sich ein Karriereende nur bis zu einem gewissen Grad planen lässt, hat Michael Schumacher schon einmal erfahren. Und nun, vor seinem zweiten und wohl endgültigen Rückzug aus der Formel 1, bestätigt sich diese Erkenntnis aufs Neue: Sein viertletztes Rennen entpuppte sich als äußerst undankbarer Grand Prix. Kurz nach dem Start touchierte Jean-Eric Vergne mit seinem Toro Rosso das Hinterrad des mehrfachen Weltmeisters, es folgte eine ziemlich unruhige Fahrt in die Boxengasse, wo der Plattfuß gegen ein frisches Exemplar ausgetauscht wurde. Schumacher fiel damit von Rang 14 auf den letzten Platz zurück. Auf die Zieleinfahrt hatte der Kerpener am Ende keine Lust mehr - er stieg wenige Runden vor Schluss aus seinem Mercedes aus. "Das war nicht unbedingt das Gelbe vom Ei", sagte der 43-Jährige und blickte mit einer weiteren wertvollen Erkenntnis bereits auf das Rennen in Abu Dhabi: "Schlechter kann es ja nicht mehr werden."

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Smog

Red Bull Formula One driver Vettel leads during the Indian F1 Grand Prix at the Buddh International Circuit in Greater Noida

Quelle: REUTERS

Smog: Wer das Rennen in Indien im Fernsehen verfolgen wollte, musste genau hinschauen. Waren das auf der Strecke tatsächlich Rennwagen? Welche Farbe sie wohl hatten? Mit klarem Durchblick ist es im Großstadtmoloch Delhi so eine Sache - der Smog hängt in und um die Megacity herum so tief, dass sich der Zuschauer wie im ewigen Nebel vorkommen musste. Mehr als 16 Millionen Einwohner ballen sich im Einzugsgebiet der indischen Kapitale, die von den vielen Abgasen allzu oft in dickliches, undurchsichtiges Grau gehüllt wird. Dass die Formel 1 mit ihren verheerenden Auspuffausstößen noch mehr Feinstaub in die Luft bläst, macht das Leben in Delhi vermutlich nicht angenehmer.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Nico Hülkenberg

Formel 1: Grand Prix von Indien

Quelle: dapd

Nico Hülkenberg: Manchmal deutet sich ein erfolgreicher Rennverlauf schon vor dem Wettbewerb an. Nico Hülkenberg wirkte vor der Aufwärmrunde überaus entspannt, er lächelte und gab der britischen Innenraum-Reporterin von Sky fröhlich Auskunft: "Für uns von Force India ist das hier ein Heimrennen, hoffentlich können wir den indischen Fans auch was bieten." So redet einer, der mehr wollte, als Startplatz 12 vermuten ließ. Genauso kam es: Der junge Deutsche aus Emmerich fuhr ein couragiertes, ambitioniertes Rennen und mogelte sich abseits von allen Positionskämpfen bis auf Platz acht vor. Nach Rang sieben und sechs an den beiden vorherigen Wochenenden bestätigte der 25-Jährige seine gute Form.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Vijay Mallya

Vijay Mallya

Quelle: dpa

Vijay Mallya: Mit Reichtum sind trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs in Indien nicht alle Bewohner des Riesenreichs gesegnet. Auch Force-India-Besitzer Vijay Mallya musste zuletzt Abstriche machen, was nicht bedeutet, dass er bald auf Besuche in seinem Lieblings-Tandoori verzichten muss. Der Geschäftsmann wurde kürzlich wegen hoher Schulden seiner eigenen Fluglinie von der Forbes-Liste der weltweiten Millardäre gestrichen - trotzdem gab er sich beim GP an diesem Wochenende erleichtert. "Ich danke dem Allmächtigen, dass ich von der Liste gestrichen wurde. Das bedeutet weniger Neid, weniger Wahnsinn und weniger ungerechte Anfeindungen. Ich habe auf die harte Tour gelernt, dass man Wohlstand in Indien nicht zeigen sollte." Mit solchen Aussagen dürfte sich Mallya beim Großteil seiner Landsleute nicht unbedingt beliebt gemacht haben.

© SZ.de/jbe/gba
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