Zehn Zylinder der Formel 1:Vettel in der roten Flut

Sebastian Vettel erfährt, weshalb er zu Ferrari wechseln musste. Und Kimi Räikkönen wird plötzlich kommunikativ. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Monza

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Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Italy

Quelle: Getty Images

Kann man die Leistung eines Rennfahrers über seine Tätowierung erklären? Im Fall von Lewis Hamilton und seinem 40. Grand-Prix-Sieg, dem siebten in dieser Saison. Am Hals des souveränen WM-Spitzenreiters prangt neuerdings ein Adler-Tattoo. Die Begründung: "Er steht dafür, dass ich gewillt, bin ans Limit der persönlichen Freiheit zu gehen, und um mich selbst zu entdecken. Der Adler ist der geborene Anführer. Und er wird ungeduldig mit denen, die nicht so hoch fliegen können oder so schnell sind wie er." Star-Wars-Regisseur George Lucas hatte bei der Siegerehrung eine andere, simple Erklärung für den Start-Ziel-Erfolg: "Blondes have more fun..." Hamilton hatte sich bei seinem Besuch in Los Angeles zum Spaß nämlich auch die Haare färben lassen.

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Nico Rosberg

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Quelle: AFP

Der Trost wartet zuhause in Monte Carlo. Nico Rosberg ist in der vergangenen Woche Vater einer Tochter geworden, und er wusste schon vor dem verkorksten Rennwochenende in Monza: "Diese Erfahrung ist intensiver als jeder Erfolg auf der Strecke." Die Sorge, langsamer zu werden, hat der Verfolger von Lewis Hamilton nicht: "Mein Vater ist die schnellsten Runden gefahren, nachdem ich geboren wurde." Nur muss dazu die Technik mitspielen. Schon vor der Qualifikation in Italien musste das neue, stärkere Aggregat in seinem Silberpfeil gegen einen Gebrauchtmotor getauscht werden. Am Start blieb Räikkönen vor ihm stehen, aber der Wiesbadener schaffte es zwei Runden vor Schluss bis auf eine Sekunde an den Zweitplatzierten Sebastian Vettel heran - und dann verrauchte das Triebwerk im Heck. Zum ersten Mal bei Mercedes, und ausgerechnet wieder bei Rosberg.

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Kimi Räikkönen

F1 Grand Prix of Italy

Quelle: Getty Images

Das beste Qualifikationsergebnis der Saison, zweiter Startplatz - und dann das: Einfach stehen geblieben. Vom Verkehrshindernis noch auf den fünften Platz zu kommen, das war Schadensbegrenzung. Vielleicht braucht der 35-Jährige erst mal einen kräftigen Schluck, um darüber hinwegzukommen. Vielleicht von dem neuen Energydrink, der fseinen Spitznamen "Iceman" trägt. Immerhin lernten die Italiener in Monza eine unbekannte, da kommunikative Seite an dem Finnen kennen. Bei einem Treffen mit Ferrari-Fans im Königlichen Park schrieb Räikkönen eine halbe Stunde lang Autogramme. Das dürfte persönlicher Rekord sein. Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene dachte zunächst, dass es sich da mitten in der Menge um einen Doppelgänger handle. Schließlich hatte er ihm vorher nur geraten: "Du bist ein sehr cooler Typ, deshalb mögen dich die Fans ja auch. Aber heb doch zumindest mal die Hand und sag Hallo."

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Sebastian Vettel

Sebastian Vettel

Quelle: AFP

Vor ziemlich genau einem Jahr hat sich Sebastian Vettel für Ferrari entschieden, und seit Sonntag weiß er, dass es wohl die beste Entscheidung seines Rennfahrerlebens war. Nach seinem zweiten Platz beim Großen Platz von Italien, seinem ersten Heimspiel mit der Scuderia, wogten die Fans wie eine rote Flut unter dem Siegerpodium. Emotionaler kann man auch einen WM-Titel nicht feiern. "Puhhh", sagte Sebastian Vettel und antwortet erst auf Italienisch, als er um ein paar Worte in seiner Muttersprache gebeten wurde: "Das ist einer der emotionalsten Tage, die ich in der Formel 1 je hatte. Der Moment auf dem Podium macht den Traum, für Ferrari zu fahren, so lebenswert und lebendig. Man spürt die Begeisterung der Menschen, für die wir all das ja machen. Es ist einfach unglaublich, unbezahlbar."

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Lotus

F1 Grand Prix of Italy - Qualifying

Quelle: Getty Images

War das der letzte Auftritt von Lotus in seiner bisherigen Form? Die Luxemburger Investoren wollen den Rennstall, der zuletzt vom Gerichtsvollzieher an der Abreise aus dem Fahrerlager von Spa gehindert wurde, schnellstmöglich verkaufen. Und der Käufer steht wohl fest: Der französische Automobilkonzern, der von seinem bisherigen Partner Red Bull Racing nur noch vorgeführt wird, will wieder als Werksrennstall an den Start gehen. Ein deja-vu: Lotus ist der Nachfolger des alten Renault-Teams, das bis 2009 die Rennfabrik im britischen Enstone selbst betrieben hatten, und jetzt insgesamt zum dritten Mal in den gleichen Rennstall einsteigt. Prominenter Statthalter, vielleicht sogar Teilhaber, soll der Franzose Alain Prost werden. Der vierfache Weltmeister, inzwischen 60 Jahre alt, hat mit Renault nie einen Titel geholt. Und sein Intermezzo als selbstständiger Teambesitzer hatte zu Beginn des Millenniums in der Insolvenz geendet...

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Paul Hembery

F1 Grand Prix of Italy - Practice

Quelle: Getty Images

Reifenhersteller in der Formel 1 zu sein, ist ein undankbares Geschäft. Läuft alles normal, nimmt keiner Notiz. Kommt es zu einer Explosion wie bei Sebastian Vettel in Spa, herrscht gleich Drama. Für die Platzer in Belgien wurden Schnitte durch Fremdteile verantwortlich gemacht, aber das Vertrauen der Rennfahrer war trotzdem erschüttert. In einem Krisengipfel sollte sich Pirelli-Sportchef Paul Hembery rechtfertigen. Der Brite versprach zwar eine bessere Aufklärungspolitik, aber er stellte auch umgekehrt Forderungen, damit die Italiener ihr Engagement über 2017 hinaus fortsetzen: Mehr Tests mit aktuellen Autos und Top-Fahrern. Dem stehe bislang die "Paranoia" der Formel 1 in Sachen Geheimniskrämerei entgegen. Ist doch gut, wenn einem mal der Kragen platzt. Besser als die Reifen.

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Nico Hülkenberg

F1 Grand Prix of Italy - Qualifying

Quelle: Getty Images

Er ist der geborene Mittelfeldmann, und deshalb bei einigen Formel-1-Rennställen begehrt - auch wenn er seinen bisher größten Triumph als Pilot in diesem Sommer im Le-Mans-Porsche feierte. Der 28-Jährige ist ein guter Techniker, ein starker Angreifer und ein netter Typ dazu. Die Mischung ist selten in der Königsklasse. Weshalb Force India ganz froh ist, den Rheinländer halten zu können - nicht nur für 2016, sondern auch noch ein weiteres Jahr. Hulk setzt auf Beständigkeit: "Ich kenne das Team in- und auswendig. Deshalb macht es Sinn, sich langfristig zu binden. Der Fortschritt in den letzten zwei Jahren hat mich überzeugt." Das ihm ein besserer Startplatz als Rang neun in Monza deshalb durch die Lappen ging, weil die Mechaniker zu wenig Sprit für den Mercedes-Motor eingefüllt hatten, machte er im Rennen wieder wett: Platz sieben.

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Autodrome Nazionale

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Quelle: AFP

Der Große Preis von Italien war über weite Strecken zwar eine Art Einzelzeitfahren, das tut der Begeisterung der Fahrer für das Autodromo aber keinen Abbruch. Vertraglich ist aber nur noch ein Gran Premio garantiert, ab 2017 will Bernie Ecclestone deutlich mehr Geld. Tradition ist in der neuen Rennwelt kein Wert mehr. Weshalb Sebastian Vettel die "beschissene Geschäftemacherei" geißelte: "Ich glaube, heute hat jeder begriffen, das Monza im Kalender bleiben muss." Sieger Hamilton befand, dass das Rennen allein schon aus "moralischen Gründen" seine Daseinsberechtigung habe, und für Felipe Massa ist Monza schlichtweg "Teil des Rennfahrerblutes", das man nicht vergießen dürfe. Herzblut-Rot.

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Felipe Massa

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Quelle: AFP

Sein Sohn spielt noch mit Ferrari-Rennwagen, aber der Papa wurde schon vor zwei Jahren vom Ferrari-Hof gejagt. Im letzten Jahr rächte sich der Brasilianer mit einem dritten Platz in Monza, und diesmal wiederholte er den kleinen Triumph mit seinem Williams-Mercedes. Im letzten Umlauf konnte er sich, vielleicht beflügelt durch seine Vertragsverlängerung, nach einem drei Runden währenden harten Fight gegen seinen Teamkollegen Valtteri Bottas durchsetzen. Der Finne hatte die deutlich besseren Reifen, die kühleren Bremsen, aber Massa hatte die Erfahrung, den Willen und am Ende die Oberhand. Der 34-Jährige stöhnte hinterher: "Mann, ich werde wirklich langsam zu alt für sowas ..."

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Die Reifen

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Quelle: AP

Befürchtet wurde vieles, gemutmaßt noch mehr, und dann waren die Reifen doch kein großes Thema in Monza. Erst nach der Zieldurchfahrt, denn da wurden Ermittlungen gegen Mercedes eingeleitet - und Lewis Hamilton musste um seinen Sieg zittern. Aus Sicherheitsgründen war für das Rennen ein bestimmter Reifendruck vorgeschrieben, der kurz vor dem Start überprüft wurde. Dabei stellten die Aufseher des Automobilweltverbandes FIA fest, dass im hinteren linke Reifen ans Hamiltons Silberpfeil 0,3 PSI fehlten. Mercedes konnte sich das nicht erklären, Hersteller Pirelli bescheinigte den korrekten Druck. Des Rätsels Lösung: Die Prüfer hatten gemessen, als noch Heizdecken auf den Reifen waren, diese aber nicht mehr am Strom angeschlossen waren. Dadurch senkte sich sofort die Temperatur, was wiederum zu dem niedrigeren Druck geführt habe.

© SZ.de/fie/schma/rus
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