Zehn Zylinder der Formel 1:Vergiftete Grüße

Nico Rosberg versteckt in seiner Gratulation eine böse Spitze. Jean-Eric Vergne macht mit einer mitfühlenden Geste auf sich aufmerksam. Und die Tennisspielerin Maria Kirilenko schwärmt für Lewis Hamilton, verwechselt dabei aber etwas. Die Formel-1-Kolumne.

Von René Hofmann

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Wladimir Putin

Russia's President Putin shakes hands with Formula One commercial supremo Ecclestone during the first Russian Grand Prix in Sochi

Quelle: REUTERS

Nico Rosberg versteckt in seiner Gratulation eine böse Spitze. Jean-Eric Vergne macht mit einer mitfühlenden Geste auf sich aufmerksam. Und die Tennisspielerin Maria Kirilenko schwärmt für Lewis Hamilton, verwechselt dabei aber etwas. Die Formel-1-Kolumne.

Wladimir Putin: Olympia, Formel 1, Fußball-WM: Die großen Sportbühnen sind in Russland immer auch Bühnen für Wladimir Putin. Über den Besuch des Präsidenten war zuvor viel gemunkelt worden. Würden die Funkgeräte der TV-Stationen abgedreht werden, damit sich potenzielle Attentäter nicht absprechen können? Würde das Siegerpodium hinter Panzerglas verschwinden, damit Putin die Ehrung sicher würde vollziehen können? Würde er überhaupt erscheinen? Nun, der Präsident erschien. Während des Rennens ließ er sich auf der Ehrentribüne nieder. Nach dem Rennen kürte er die Sieger und erkundigte sich, wie anstrengend es gewesen sei. Dann verschwand Putin wieder. Er wirkte recht zufrieden.

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Dmitri Kosak

F1 Grand Prix of Russia - Practice

Quelle: Getty Images

Dmitri Kosak: Offiziell firmiert Dmitri Kosak als Russlands Vize-Premier ohne besonderen Aufgabenbereich. Aber die knappe Arbeitsplatzbeschreibung fasst nur ungenügend zusammen, wie wichtig er im Machtapparat ist. Kosak ist Putins Allzweck-Helfer. Im Winter durfte er sich schon um die Organisation der Olympischen Spiele kümmern, vor denen es lange viele Zweifel gegeben hatte. Doch Kosak lieferte - und auch bei der Organisation des Formel-1-Rennens rückte er in den Mittelpunkt. Am Freitag hieß er die Formel-1-Gäste persönlich im Fahrerlager willkommen. Am Sonntag durfte er den Grand Prix starten. An den wichtigen Knopf lässt Rennleiter Charlie Whiting sonst niemanden. Die Geste zeigte: Der Grand Prix war kein normaler.

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Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Russia

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Lewis Hamilton: Vier Siege in Serie: Kein Fahrer, dem das je in einer Saison geglückt ist, hat in jenem Jahr den Titel nicht gewonnen. Für Lewis Hamilton läuft es gerade. Seit dem Crash mit Nico Rosberg beim Großen Preis von Belgien, bei dem er ausfiel, hat Hamilton eine Erfolgsserie gestartet: Triumph in Monza, Triumph in Singapur, Triumph in Japan und nun Triumph in Sotschi: Ob Regen, ob Sonne, ob Nacht, ob Tag - der 29-Jährige eilt im Moment quasi immer voraus. Den ersten Großen Preis von Russland dominierte er im Training, in der Qualifikation und im Rennen selbst. Im Moment "fast unschlagbar", findet nicht nur Niki Lauda.

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Nico Rosberg

F1 Grand Prix of Russia

Quelle: Getty Images

Nico Rosberg: "Für die Menschen im Team ist das der wichtigste Titel": Auch in einer netten Gratulation lässt sich eine böse Spitze verstecken. Nico Rosberg (links, mit geballter Faust) ordnete den ersten Konstrukteurs-WM-Titel für das Mercedes-Werksteam prompt höher ein als die Fahrer-Krone - und sandte damit vergiftete Grüße an seinen Teamkollegen Lewis Hamilton, auf den er nach Platz zwei in Sotschi bei noch drei ausstehenden Rennen nun schon 17 Punkten Rückstand hat. Rosberg vergab seine Siegchance schon in der ersten Kurve. In der verpasste er bei dem Versuch, sich an Hamilton vorbeizuzwängen, den Bremspunkt. Weil danach ein Reifen vibrierte, musste Rosberg alle Pneus wechseln lassen, was ihn ans Ende des Feldes zurückwarf. Von dort kämpfte er sich anschließend in 52 Runden ohne Reifenwechsel wieder nach vorne. Der Reifenverschleiß auf der neuen Rennstrecke war so gering, dass Red-Bull-Teamchef Christian Horner anschließend höhnte, Rosberg könne mit seinen Gummis "auch noch nach Hause fahren".

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Daniel Kwiat

F1 Grand Prix of Russia

Quelle: Getty Images

Daniel Kwiat: Russland sucht den Formel-1-Superstar - und Daniel Kwiat gilt derzeit als der heißeste Kandidat auf den Titel. Der 20-jährige Toro-Rosso-Jüngling bekommt im kommenden Jahr das Cockpit, das Sebastian Vettel bei Red Bull freigibt. Dass er Talent und Nervenstärke besitzt, hatte Kwiat in seinen ersten 15 Formel-1-Rennen in diesem Jahr schon einige Male bewiesen. In Sotschi unterstrich er das am Samstag erneut: Fünfter in der Qualifikation, besser als die Kollegen im größeren Red-Bull-Team - ein ähnlicher Coup war in dieser Konstellation zuletzt Sebastian Vettel geglückt. Im Rennen konnte Kwiat das tolle Tempo dann aber nicht mehr zeigen. Überrundet kam er lediglich als Vierzehnter an. Seit diesem Wochenende weiß die Welt aber, dass es nach der Vettels Absage nur kurz dauerte, bis Kwiat als neue Red-Bull-Fahrer feststand. Firmenchef Dietrich Mateschitz habe der Beförderung binnen zehn Minuten zugestimmt, verriet Motorsportberater Helmut Marko.

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Valtteri Bottas

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Quelle: AFP

Valtteri Bottas: Nach Rang drei in Sotschi belegt Valtteri Bottas in der Fahrerwertung nun Platz vier. Der Finne könnte damit der erste Williams-Lenker seit Juan Pablo Montoya 2003 sein, der die Saison in der Fahrerwertung unter den vier besten abschließt. Und dabei erlebte der 25-Jährige am Schwarzen Meer sogar ein nicht nur sonniges Wochenende. Am Samstag in der Qualifikation unterlief Bottas im letzten Durchgang beim letzten Versuch in der letzten Kurve ein Fahrfehler. Wäre Bottas nicht in den Staub gerutscht, weil er zu viel wollte - die Mercedes-Männer Lewis Hamilton und Nico Rosberg wären vermutlich nicht einträglich nebeneinander in der ersten Startreihe gestanden. Noch kurioser war der Defekt gewesen, der Bottas am Freitag im ersten Training ereilt hatte: Eine defekte Heizdecke hatte die Reifen überhitzt, die für ihn bereitlagen. So waren ihm wichtige Übungsrunden entgangen.

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Sebastian Vettel

F1 Grand Prix of Russia

Quelle: Getty Images

Sebastian Vettel: Die Partnerschaft mit Red Bull geht zu Ende. Und sie geht harzig zu Ende. Platz acht von Startplatz zehn aus - mit dem Ergebnis hätte Sebastian Vettel vielleicht sogar noch leben können. An mäßige Resultate hat er sich in dieser mäßigen Saison schließlich gewöhnt. Was den viermaligen Weltmeister aber schäumen ließ: Dass sein Team mit der Taktik, dem sie ihm vorgegeben hatte, erneut einiges verschenkt hatte. Und dass nicht genügend Teile bereitlagen, um schon in Sotschi den sechsten Motor einzubauen, den Vettel in diesem Jahr braucht. Nach der fünften neuen Antriebseinheit droht jedem Fahrer eine Strafversetzung. Eine solche erwartet Vettel nun beim nächsten Rennen in drei Wochen in Austin/Texas, wo er sich aufgrund der Streckencharakteristik mehr Chancen ausrechnet als in Russland. "Es hätte Sinn gemacht, den Joker schon hier zu ziehen", richtete Vettel denen aus, die er bald verlässt - vermutlich in Richtung Ferrari.

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Jean-Eric Vergne

F1 Grand Prix of Russia

Quelle: Getty Images

Jean-Eric Vergne: Das ganze Wochenende über gab es viele Aktionen, die an Jules Bianchi erinnerten. Der 25 Jahre alte Franzose war beim Großen Preis von Japan von der Strecke abgekommen und unter einen Bergekran gerutscht. Mit schweren Kopfverletzungen liegt er noch immer im Mie General Medical Center in Yokkaichi. Bianchis Autos stand das ganze Wochenende über rennfertig aber aufgebockt in der Marussia-Box. Als Reminiszenz schickte der Rennstall nur einen Wagen los. Dass an den Helmen vieler Fahrer Sticker prangten, die an Bianchi erinnerten, hatte aber mit Jean-Eric Vergne zu tun. Der 24-Jährige verteilte die Aufkleber, die die Startnummer seines Landsmannes zeigten und die Aufschrift "Alle sind bei Jules" trugen. Eine Geste, die am Ende mehr zur Kenntnis genommen worden sein dürfte, als Vergnes dreizehnter Platz in dem Rennen.

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Maria Kirilenko‏

Kirilenko

Quelle: privat

Maria Kirilenko‏: Maria Kirilenko hat in Sotschi schon einige Aufmerksamkeit erregt. Die 27-Jährige spielt zwar Tennis, aber bei den Winterspielen vor gut 200 Tagen hatte sie im Olympischen Park viele Blicke auf sich gezogen - immer, wenn sie sich mit ihrem Freund, dem russischen Über-Eishockeyspieler Alexander Owetschkin, gezeigt hatte. Nun, inzwischen hat sich das Sportpaar getrennt. Zur Formel 1 zog es Kirilenko trotzdem nach Sotschi. "Zurück an gut bekannten Orten", schrieb sie zu einem Foto, das sie am Freitag über Instagram verbreitete und das sie vor dem Eiskunstlauf-Palast zeigte. Am Sonntag offenbarte sie sich auf Twitter als Fan von Sieger Lewis Hamilton. "Best of the best" nannte sie den Briten, wobei sie auf dem dazu angehängten Foto allerdings die falsche Kappe trug - eine von Red Bull.

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Sergei Sirotkin

2014 FORMULA 1 RUSSIAN GRAND PRIX

Quelle: dpa

Sergei Sirotkin: Russland gilt als gigantischer Markt für die Formel 1. Und die Hoffnungen, die sich mit diesem Markt verbinden, bündeln sich am ehesten in einem Namen: Sergei Sirotkin. Der 19-Jährige aus Moskau wird von der Gruppe unterstützt, die im vergangenen Sommer als Retter in großer Finanznot beim Schweizer Sauber-Team auftauchte: den teilweise staatlich beeinflussten Fonds "Investment Cooperation International" und "Development of North-West Russian Federation" sowie dem "National Institute of Aviation Technologies". Wie um viele Engagements aus Russland, über die einst viel Gerede entbrannte, war es um die Zuwendungen des Konsortiums in den vergangenen Monaten verdächtig ruhig geworden. Am Freitag aber durfte Sirotkin tatsächlich sein erstes offizielles Formel-1-Training für Sauber bestreiten. Dabei stellte er sich gar nicht so schlecht an. Bis auf vier Zehntelsekunden kam er an die Rundenzeiten seines Teamkollegen Adrian Sutil heran.

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