Zehn Zylinder der Formel 1:Gruselstunde in Redbullistan

Der Motorenstreit bringt Red-Bull-König Dietrich Mateschitz fast um den Verstand. Fernando Alonso gruselt sich - und Lewis Hamilton ist nach dem Rosberg-Triumph erstaunlich gefasst. Höhepunkte der Formel 1 in Österreich.

Von Elmar Brümmer, Spielberg

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Nico Rosberg

F1 Grand Prix of Austria

Quelle: Getty Images

Dritter Sieg im vierten Rennen: Mangelnde Entschlossenheit kann man dem Wiesbadener in dieser Saison wirklich nicht vorwerfen. Obwohl der Mercedes-Pilot zum gleichen Zeitpunkt in Vorjahr mit 22 Punkten vor Lewis Hamilton in der WM-Wertung in Führung lag - und jetzt zehn zurück. Nur noch zehn! Was vor allem anders ist im erbitterten Wettstreit mit dem direkten Konkurrenten: Rosberg hat zwar seinen Qualifikationsvorteil eingebüßt, dafür ist er im Rennen um einiges stärker. Von Mal zu Mal scheint sein Selbstbewusstsein zu wachsen. Nicht mal der Abdrängversuch Hamiltons in Richtung Boxenmauer hat ihn erschreckt. Gefeiert wird allerdings erst am nächsten Samstag, wenn er 30 wird - in Spielberg will er erstmal nur ausschlafen, denn die nächste Testfahrt an gleicher Stelle im Silberpfeil steht an.

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Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Austria

Quelle: Getty Images

Was für einen Unterschied ein Tag macht (oder eine Kurve). Der britische Immer-Noch-Tabellenführer konnte sich nach seiner siebten Pole-Position im achten WM-Lauf noch darüber freuen, dass er in der ewigen Bestenliste der Samstags-Bestzeiten jetzt gleichauf mit Sebastian Vettel (je 45) an Nummer drei liegt. Im Rennen währte der Startvorteil nicht mal bis zur ersten Kurve. Dafür hat ihn die leichte Verzögerung beim neu eingestellten Gaspedal zu sehr überrascht. Dass er im Überschwang der Aufholjagd nach dem Boxenstopp noch die Ausfahrtslinie überfuhr und dafür mit einer Zeitstrafe belegt wurde, spielte keine große Rolle mehr. Hamilton hat erstaunlich gefasst zugegeben: "Nico hat einen fantastischen Job gemacht. Er war einfach schneller." Er sagt das so, wie es klingen soll: Herausforderung angenommen.

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Die Motoren-Regeln

F1 Grand Prix of Austria

Quelle: Getty Images

Die Zuschauer werden weniger, dafür wächst die Anzahl der Formel-1-Mathematiker. Aber auch die tun sich zunehmend schwer. Ziemlich genau sechs Stunden hat es in Spielberg gedauert, bis die Startaufstellung - zumindest - provisorisch stand. Im Prinzip, dachten alle, ist es doch ganz einfach: Daniel Ricciardo (im Bild), Daniil Kwjat von Red Bull-Renault sowie Jenson Button und Fernando Alonso von McLaren-Honda werden um zehn Startplätze nach hinten versetzt, weil sie bereits im achten WM-Lauf ihren fünften Motor einsetzen. Doch dazu kamen bei McLaren noch diverse Teilewechsel, so dass Button am Ende auf Startplatz 42 hätte stehen müssen. Weil es aber nur 20 Plätze gibt, mussten die betroffenen Piloten noch diverse Zeitstrafen im Rennen hinnehmen. Bernie Ecclestone sagt: "Wenn die Leute das Reglement der Formel 1 nicht mehr verstehen, verlieren sie die Lust."

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Dietrich Mateschitz

F1 Grand Prix of Austria - Qualifying

Quelle: Getty Images

Er ist nach (oder vor?) Arnold Schwarzenegger der bekannteste Sohn der Steiermark, aber er macht sich mit Vorliebe unsichtbar. Nicht, weil die Erfolglosigkeit von Red Bull Racing so gar nicht zum Blendax-Strahlen des ehemaligen Zahnpasta-Vermarkters passen will. Sondern aus Prinzip. So bleibt es ein Gerücht, dass beim Großen Preis von Österreich 71 Runden gefahren werden, weil das dem Lebensalter des Getränke-Moguls entspricht. Vorstellbar in einer Region, die Redbullistan genannt wird, wäre das. Doch so gar nicht passen mag die angebliche Bettlerrolle nach Leasingmotoren beim Konkurrenten Ferrari, weil die Renault-Motoren nicht stark und zuverlässig genug für die Bullen sind. "Außer uns Zeit und Geld zu stehlen, haben sie uns auch die Freude und die Motivation genommen", grantelt Mateschitz via Website, und wahrt zumindest den Anspruch: "Wir sind doch keine Edelkomparsen." Dose leer?

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Toto Wolff

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Quelle: AFP

Der Mann, der aus dem Silberteam auch einen Siegerrennstall gemacht hat, verrät das Geheimnis, warum so viele Österreicher Erfolg im Motorsport haben - auch der Porsche-Sieg in Le Mans lief unter rot-weiß-roter Ägide. "Was Mercedes betrifft, bin ich mit Niki Lauda synergetisch", sagt der 43 Jahre alte Wiener, "aber generell habe ich keine Ahnung, was uns so in diesen Sport zieht. Sind wir solche Komplexler, dass wir uns über Motoren und Rundenzeiten identifizieren? Im Motorsport geht es um realistische Spontanität, vielleicht liegt uns das..." Der Manager erinnert daran, dass auch der erste Silberpfeil-Rennleiter in den dreißiger Jahren, Alfred Neubauer, Österreicher gewesen ist. Und die einheimischen Blätter titeln dazu ganz patriotisch: ein Wolff zurück in seinem Revier.

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Gerhard Berger

F1 Grand Prix of Austria - Qualifying

Quelle: Getty Images

Das Amüsanteste des steirischen Nachmittags waren die Interviews auf dem Podium, denn Aushilfsmoderator Gerhard Berger war bester Laune: "Warum fährst Du nicht immer so", fragte er den Sieger, und Rosberg konterte: "Von nun an werde ich versuchen, das jedes Mal zu tun. Versprochen!" Berger klopfte ihm auf die Schulter: "Großartig gemacht Lewis, äh, Nico." Den frustrierten Hamilton munterte der Ex-Rennfahrer dann so auf: "Immer wenn ich denke, du fährst allein davon zum nächsten Titel, kommt der andere da." Hamilton blieb bittersüß: "Ich finde Deinen Enthusiasmus einfach klasse." Und Felipe Massa busselte der 55 Jahre alte Österreicher, früher mal BMW-Motorsportchef, gleich ab: "Ist es wegen der Dirndl hier, dass Du so schnell bist?"

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Der Crash

F1 Grand Prix of Austria

Quelle: Getty Images

Die Strecke in Spielberg mag ja aussehen wie ein alpiner Micky-Maus-Kurs, aber die Fahrer warnen davor, ihn zu unterschätzen. Ausgerechnet zwei der erfahrensten Piloten hat es gleich in der zweiten Runde spektakulär erwischt. Fernando Alonso will am bockigen Ferrari von Kimi Räikkönen vorbei, doch der Finne fährt weiter Schlangenlinie. Schon sind die beiden an der Leitplanke, Alonsos McLaren wird angehoben und schlittert seitlich über das rote Auto, Zentimeter an Räikkönens Kopf vorbei. Die beiden wenden sich, ungläubig den Kopf schüttelnd, von den Schrotthaufen auf dem Grünstreifen ab. "Das war ziemlich gruselig. Nach der Kollision sah ich im Rückspiegel plötzlich ein anderes Auto unter mir...", sagte der Spanier. Der Einschlag war heftig, der Verursacher gab sich unschuldig: "Meine Räder sind irgendwie durchgedreht..."

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Felipe Massa

Formula One Grand Prix of Austria

Quelle: dpa

Vielleicht ist der Brasilianer ja wirklich der netteste Junge in der Formel 1, aber vielleicht nimmt ihn deshalb auch keiner so richtig Ernst? Doch dem Druck von Sebastian Vettel über lange Zeit stand zu halten, das zeugt durchaus von Qualität. Dass der 34-Jährige damit seinem Ex-Arbeitgeber Ferrari, der ihn 2013 vom Hof gejagt hatte, eins auswischen konnte - umso besser. Massa schlug sich nach dem Rennen stolz auf die Brust, und erinnerte sich daran, dass Söhnchen Felipinho einen dritten Rang vorausgesagt hatte. Zuletzt hatte er das Podium beim Heimspiel in São Paulo im vergangenen November betreten. "Ich werde niemals aufgeben", versprach der Williams-Pilot tapfer. Sein letzter Sieg resultiert von 2008 - aus dem gegen Lewis Hamilton verlorenen WM-Finale.

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Sebastian Vettel

F1 Grand Prix of Austria

Quelle: Getty Images

Teambuilding ist die vornehmste Aufgabe für den Heppenheimer in seinem ersten Jahr bei der Scuderia. In Spielberg führte er nach dem aussichtsreichen dritten Startrang seinen Mechanikern stolz die neue Kawasaki vor, ließ sie Proberunden drehen. Die hatte seine Truppe deutlich besser im Griff als den Reifenwechsel - mal wieder. Das rechte Hinterrad steckte fest, dadurch gingen zehn Sekunden mehr als geplant und damit der dritte Platz verloren. Vettel stellte sich sofort vor die Mannschaft. Denn trotz der vergeblichen Aufholjagd auf Massa gibt es Anzeichen, dass Ferrari insgesamt besser und schneller voran kommt als gedacht. Vettel lamentierte deshalb kaum, er freut sich schon mehr auf die Rennstrecken mit den schnelleren Kurven. Teamchef Maurizio Arrivabene verarbeitete die Enttäuschung mit einer Wutrede: "Es war nicht das erste Mal, dass wir einen Podiumsplatz weggeworfen haben - und das ist nicht akzeptabel."

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Nico Hülkenberg

F1 Grand Prix of Austria - Practice

Quelle: Getty Images

Der Überraschungssieg von Le Mans hat die erhoffte motivierende Nachwirkung für Nico Hülkenberg. Im Rennwagen von Force India, dem die neuen Fahrzeugteile auf dem Red-Bull-Ring ähnlich gut getan haben wie der Mercedes-Motor im Heck, fuhr der Emmericher mit dem sechsten Platz seine beste Formel-1-Platzierung in dieser Saison heraus. Es scheint so, als ob das Lächeln des 27-Jährigen, das er vom Triumph mit Porsche mitgebracht hat, immer breiter wird. Beim nächsten Rennen will das indische Team ein komplett neues Auto auf die Räder stellen. "Das war ein großartiges Wochenende für mich, ich habe einen guten Rhythmus gefunden und war sehr glücklich mit der Leistung des Autos. Darauf können wir stolz sein."

© SZ.de/ska
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