Zehn Zylinder der Formel 1:Giftpfeile auf dem Weg zum WM-Titel

Sebastian Vettel ärgert sich mal wieder über Narain "die Gurke" Karthikeyan, Fernando Alonso glaubt trotz 13 Punkten Rückstand an seine Chance im Titelrennen. Michael Schumacher wird von Platz fünf auf 16 zurückgereicht - dafür soll er sein Auto geschenkt bekommen. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Elmar Brümmer, Austin

1 / 10

Zehn Zylinder der Formel 1:Texas

Formel 1 - GP USA

Quelle: DPA

Sebastian Vettel ärgert sich mal wieder über Narain "die Gurke" Karthikeyan, Fernando Alonso glaubt trotz 13 Punkten Rückstand an seine Chance im Titelrennen. Michael Schumacher wird von Platz fünf auf 16 zurückgereicht - dafür soll er sein Auto geschenkt bekommen. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Austin

Texas: Die Formel 1 ist an ihrem zehnten Austragungsort in den USA nicht nur mit offenen Armen empfangen worden, sondern richtiggehend umarmt. 120.000 Zuschauer, eine perfekte Rennstrecke (made in Germany), reichlich Action und ähnlich viel Verständnis wie Begeisterung für die Rennwagen mit den freistehenden Rädern - was im Nascar-Country nicht selbstverständlich ist. 300 Millionen Dollar soll der Große Preis der Vereinigten Staaten in die Kassen gespielt haben. 400 Millionen hatten zwei Milliardäre ins Unterhaltungsprogramm investiert. Vielleicht stimmt der Werbeslogan der Tourismuszentrale ja doch: "Komm nach Austin - es ist so schön, dass man gar nicht merkt, dass man in Texas ist."

2 / 10

Zehn Zylinder der Formel 1:Mark Webber

Sebastian Vettel, Mark Webber

Quelle: AP

Mark Webber: Einen wie ihn mögen die Amerikaner. Athlet, immer lächelnd, höflich. "Elder statesman" wurde die Nummer zwei von Red Bull in den texanischen Zeitungen getauft. Und beim Restaurantbesuch war eine Dame am Nebentisch sehr angetan: "Was, Sie kommen aus Australien - und können so gut Englisch?" Da konnte der mit 36 demnächst wohl älteste amtierende Formel-1-Pilot noch lächeln. Als er seinen RB 8 mit einem Lichtmaschinendefekt abstellen musste und seinen dritten Platz im Rennen verlor, blieb ihm nur noch der Frust. Es war der erste technische Defekt seit 59 Runden für den Aussie. Aber wenigstens schien er einer der wenigen zu sein, der sich über Red Bulls dritten Konstrukteurstitel in Serie freuen konnte. Als Trostpflaster.

3 / 10

Zehn Zylinder der Formel 1:Lewis Hamilton

-

Quelle: AP

Lewis Hamilton: Was so ein frisch beklebter Helm ausmachen kann. Seit Wochen befindet sich der Brite, der künftig ein braver Mercedes-Angestellter werden soll, auf einem Ego-Trip. Tritt mit allen in Wettstreit, auch mit sich selbst und der Vernunft. In Texas hatte er auf seinen Kopfschutz die Buchstaben HAM gepinselt. Das sollte allerdings nicht für sein harmloses Namenskürzel stehen, sondern für einen obszönen Begriff aus dem Porno-Business. Gott schütze Texas, und Hamilton verzichtete auf die Geschmacklosigkeit. Dafür hat er mit seinem McLaren im Überholduell gegen Sebastian Vettel mal wieder eindrucksvoll bewiesen, was für ein grandioser Pilot er sein kann - wenn Rennfahrerherz und Kopf richtig synchronisiert sind: "Den Unterschied zwischen mir und Sebastian Vettel hat eins ausgemacht - ich wollte den Sieg noch mehr."

4 / 10

Zehn Zylinder der Formel 1:Sebastian Vettel

Formel 1 - GP USA

Quelle: dpa

Sebastian Vettel: Die übliche Boxenfunk-Nachricht an die "boys" blieb trotz dem zweiten Platz von Texas und 13 Punkten Vorsprung auf Fernando Alonso in Moll. Konstrukteurs-Weltmeister, das ist erst der halbe Schritt, den sich der Heppenheimer vorgenommen hat. Sechste Pole-Position und sechster Sieg, das war das Ziel fürs Wochenende, dann wäre das Finale in Brasilien nur noch Formsache gewesen. Mehr noch als das verlorene Duell gegen Hamilton muss Vettel das neuerliche technische Missgeschick beim Kollegen Mark Webber beunruhigen. Und die unsichere Wetterlage in São Paulo: "Brasilien ist immer ein großes Fragezeichen, da kann alles passieren." Trotzdem würde Bernie Ecclestone auf den Deutschen wetten.

5 / 10

Zehn Zylinder der Formel 1:Narain Karthikeyan

Formula One Grand Prix of the United States

Quelle: dpa

Narain Karthikeyan: Hand aufs Herz: Wer würde den Inder des am Rande des finanziellen Exitus stehenden spanischen HRT-Teams schon kennen, wäre er nicht im Frühjahr mit Sebastian Vettel in Malaysia kollidiert, als Vettel überrunden wollte. Damals fielen die Worte "Gurke" und "Idiot". Und in Texas kam Karthikeyan ihm wieder in die Quere, weshalb Hamilton im entscheidenden Manöver an ihm vorbeiziehen konnte. "Fakt ist, dass wir nicht gewonnen haben. Fakt ist auch, dass Narain einen großen Teil dazu beigetragen hat", fluchte Vettel. Das Verkehrshindernis aus Chennai wehrte sich: "Ich kann den Blödsinn nicht mehr hören. Er beschwert sich zu oft und zu heftig. Das regt mich langsam auf."

6 / 10

Zehn Zylinder der Formel 1:Fernando Alonso

-

Quelle: AP

Fernando Alonso: Mit einem (Paintball-) Gewehr im besten Guerilla-Stil zu posieren, und dazu zu twittern "Bereit für die letzten Rennen", das muss man nicht verstehen. Weder als Witz noch als Zynismus. Aber es sagt etwas aus, wie martialisch der Spanier seine kleine Titelchance angeht - mit allen Waffen der psychologischen Kriegsführung, auch wenn das Gewehr nur mit Farbpatronen bestückt war. Was den Kampfgeist angeht, müsste er schon längst Champion sein. Auch in Austin hat er mit dem dritten Platz das Maximale aus einem Minimal-Ferrari herausgeholt: "Wir wollten die WM bis zum letzten Rennen offen halten, das ist uns gelungen." Ein paar Giftpfeile verschießt er noch: "Je mehr unvorhersehbare Faktoren es gibt, je besser ist es für uns. Wir sehen ja, was Zuverlässigkeit für eine Rolle spielen kann." Über seine Aussichten, doch noch Weltmeister zu werden, sagt er: "Auf dem Papier ist meine Chance nicht so groß, vielleicht nur 25 Prozent, aber tief in meinem Inneren fühle ich, dass sie größer ist."

7 / 10

Zehn Zylinder der Formel 1:Stefano Domenicali

-

Quelle: AP

Stefano Domenicali: Der Trick ist regelkonform, aber er bleibt perfide. Um Fernando Alonso einen Startplatz nach vorn und auf die saubere Seite der Piste zu bringen, wird das Siegel am Getriebe des Ferrari von Felipe Massa aufgebrochen. Damit muss der Brasilianer fünf Startplätze zurück, von sechs auf elf. Adjudanten-Schicksal in einem Ego-Sport, der dann doch Mannschaftsdisziplin erfordert. Der Schachzug gelingt, so wird Alonso Dritter und Massa Vierter. "Das ist wie ein Sieg für mich", sagt Massa. Alonso ist "stolz darauf", dass Teamchef Domenicali (rechts im Bild) niemand getäuscht und gleich die Wahrheit gesagt habe. Für den Manager keine Frage des Anstandes: "Bei Ferrari steht das Team im Mittelpunkt. Wenn ein anderer Teamchef sagt, dass wir nicht die richtige Entscheidung getroffen haben, dann lügt er."

8 / 10

Zehn Zylinder der Formel 1:Michael Schumacher

Formel 1 - GP USA

Quelle: DPA

Michael Schumacher: Ironie mag der Rekordweltmeister sonst gar nicht. Aber was bleibt ihn in diesem Silberpfeil anderes übrig (den er übrigens zum Abschied geschenkt bekommen soll). Nach dem Absturz von Startplatz fünf auf Rang 16 bilanzierte er: "Es war mächtig Action um mich herum, allerdings ging die leider in die falsche Richtung. Dass wir gekämpft haben, ist noch milde ausgedrückt. Da gibt es nichts, was wir schönreden könnten oder wollten." Kein richtiger Grip, dafür im vorletzten Formel-1-Auftritt noch ein Rekord für die Ewigkeit: In Runde zwei übertraf er Rubens Barrichellos Bestmarke von 80.067 gefahrenen Formel-1-Rennkilometern. Wenigstens das hat doch so gar nichts Sarkastisches an sich.

9 / 10

Zehn Zylinder der Formel 1:Norbert Haug

Norbert Haug und Niki Lauda

Quelle: dpa

Norbert Haug: Der Mercedes-Sportchef muss die fünfte Nullnummer in Folge für seine beiden Piloten verkraften. Der Silberpfeil scheint das einzige Auto im Feld zu sein, dass sich rückwärts entwickelt. Wie der Stuttgarter das aushalten kann, muss einem ein Rätsel bleiben, denn Haug verlangt viel von sich und anderen. Der Erfolgsmensch feiert am kommenden Samstag vor dem Finale in Brasilien seinen 60. Geburtstag. Da hätte er sich bessere Resultate gewünscht. Immerhin ist ihm der Grund für den Abwärtstrend klar: Im Hinblick auf einen Silberstreif am künftigen Horizont hat Mercedes seinen Windkanal auf- und umgerüstet. Er spricht von einer "elementaren" Umstellung, verspricht den Amerikanern aber auch: "Wir werden stärker zurückkommen."

10 / 10

Zehn Zylinder der Formel 1:Jean Todt

Formel 1 - GP Abu Dhabi

Quelle: dpa

Jean Todt: Der Präsident des Automobilweltverbandes Fia (links im Bild) hält die Formel 1 für einen politisch korrekten Sport. Und damit das nicht zu sehr belächelt wird, har er das auch im Reglement festschreiben lassen. Fahrer, die dem Ansehen des Motorsports schaden, gehören bestraft. Wer also öffentlich "shit" und "fuckup" sagt, dazu noch auf dem Siegerpodest, der ist ein schlechtes Vorbild. Nachdem Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel das neulich getan hatten, erging an alle Teams ein bestimmtes Schreiben auf Fia-Briefbogen, künftig auf eine "angemessene" Sprachwahl zu achten. Falls man nach 300 Kilometern Rennstress spontan dazu fähig sein sollte. Vettel: "Jeder mit einer Fernbedienung in der Hand soll gucken, was er will. Wer sensibel ist, kann Kindersendungen schauen."

© Süddeutsche.de/ebc
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: