Zehn Zylinder der Formel 1:Flugstunde nach fünf Sekunden

Felipe Massa hat gleich mehrfach Grund, sich zu ärgern. Kamui Kobayashi löscht sein Auto lieber selbst - und Nico Rosberg handelt sich einen Anpfiff von der Fifa ein. Die Höhepunkte des Rennwochenendes in der Formel-1-Kolumne.

Von Johannes Knuth, Hockenheim

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Zehn Zylinder der Formel 1:Adrian Sutil

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Quelle: AP

Felipe Massa hat gleich mehrfach Grund, sich zu ärgern. Kamui Kobayashi löscht sein Auto lieber selbst - und Nico Rosberg handelt sich einen Anpfiff von der Fifa ein. Die Höhepunkte des Rennwochenendes in der Formel-1-Kolumne.

Adrian Sutil: Dass Piloten ihren Autos Kosenamen verpassen, gehört mittlerweile fast schon zu den Berufsanforderungen an den gemeinen Formel-1-Fahrer. Sebastian Vettel taufte seine Autos mal liebevoll "Suzie", mal liebevoll "Heidi", zuletzt böswillig "Gurke". Adrian Sutil offenbarte nun in Hockenheim, dass er sich für seinen Sauber-C33 den Vornamen "Diva" ausgesucht habe. "Es gibt nur ein ganz kleines Fenster, in dem das Auto schnell ist und gleichzeitig funktioniert", klagte Sutil, oder andersherum: "Es ist sehr einfach, mit dem Auto Fehler zu machen." Letztere sind Sutil in dieser Saison oft unterlaufen. Der 31-Jährige wartet nach dem Rennen in Hockenheim weiter auf seine ersten Punkte in dieser Saison, wie auch Teamkollege Esteban Gutierrez. Während des Rennens zog er nur einmal das Interesse der Kameras auf sich: Kurz nach der Einfahrt auf die Zielgerade drehte er sich im Kreis, die Reifen drehten durch, kurz darauf stellte Sutil seine "Diva" ab. Mitten auf der Strecke.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Nico Rosberg

F1 Grand Prix of Germany

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Nico Rosberg: Es war ein ereignisreiches Wochenende für den Formel-1-Piloten Nico Rosberg. Eine Woche vor dem Großen Preis von Deutschland ehelichte der 29-Jährige in Monaco seine Freundin. Arbeitgeber Mercedes spendierte kurz darauf ein verspätetes Hochzeitsgeschenk, sie verlängerten Rosbergs Vertrag "um mehrere Jahre"; dem Vernehmen nach läuft der Kontrakt bis 2017. Rosbergs Teamkollege Lewis Hamilton wollte den Bräutigam ebenfalls mit einem Präsent überraschen - das behauptete zumindest Rosberg am vergangenen Mittwoch. Leider waren Hamilton derartige Pläne entgangen: "Habe ich das gesagt?", fragte der Brite vor dem Rennen in Hockenheim, dann sinnierte er: "Vielleicht hatte ich eine Idee und habe es dann vergessen. Auf der Strecke wird es jedenfalls keine Geschenke geben." Die hatte der spätere Sieger Rosberg, 20 Plätze vor Hamilton ins Rennen gestartet, aber auch nicht nötig.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Kimi Räikkönen

F1 Grand Prix of Germany

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Kimi Räikkönen: Pressekonferenzen mit Kimi Räikkönen: immer wieder ein verblüffendes Schauspiel. Dass der Finne aus einem Wortschatz von geschätzt 17 Vokabeln schöpft (darunter: "Ja", "Nein", "Mir egal", "Nein", "Ja"), ist seit längerem wissenschaftlich erwiesen. Allerdings rätseln die Forscher nach wie vor, wie es Räikkönen hinkriegt, so kraftvoll wie ein Schlafwandler zu reden - und es doch vollbringt, wach zu bleiben, irgendwie. Vor dem Großen Preis von Deutschland nuschelte Räikkönen also lustlos vor sich hin, es ging beinahe unter, welche Schärfe den Ausführungen zu seinem Ferrari innewohnte: "So macht es keinen Spaß. Wir müssen bald die Kurve kriegen, so darf es nicht weitergehen." In Hockenheim behinderte der 34-Jährige immerhin herzhaft für ein paar Runden den heranbrausenden Hamilton auf dessen Aufholjagd. Am Ende war Räikkönen (11.) aber schwächer als Teamkollege Fernando Alonso (5.), mal wieder. Ob die Geduld des Finnen noch lange währt?

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Zehn Zylinder der Formel 1:Die Zuschauer

F1 Grand Prix of Germany

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Die Zuschauer: Ein Verlierer stand in Hockenheim fest, bevor die erste Trainingsrunde absolviert war: der Ausrichter. Die Organisatoren des Großen Preises von Deutschland, das hatte sich früh angedeutet, würden erneut weniger Zuschauer begrüßen. 2012 kamen noch 60.000, nun rund 52.000. Früher verbrachten die Fans auf den Campingplätzen ihren Jahresurlaub, heute sind viele Stellplätze verwaist. Früher buchten die Besucher am Tag ihrer Abreise fürs nächste Rennen, mittlerweile kommen viele nicht wieder. Angesichts einer Melange aus ständigen Regeländerungen, schlechter Vermarktung und eines zunehmend schlecht beleumundeten Bernie Ecclestone weigern sich anscheinend immer mehr Menschen, für ein Wochenende bis zu 500 Euro auszugeben, nur für Tickets wohlgemerkt. "Das ist nicht befriedigend. Aber Bernie hat sehr viel getan und wird sich sicher etwas überlegen", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff an Samstag. Eine Anregung: das Preis-Leistungs-Verhältnis überdenken.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Felipe Massa

Williams Formula One driver Massa of Brazil crashes with his car in the first corner after the start of the German F1 Grand Prix at the Hockenheim racing circuit

Quelle: REUTERS

Felipe Massa: Felipe Massa war sauer. "Wir sind sicherlich nicht so aufgetreten, wie wir wollten", sagte der Williams-Pilot, "ich hoffe, dass wir aus unseren Fehlern lernen." Der Brasilianer zürnte allerdings nicht ob der Leistung seines Rennstalls - sondern wegen des Auftritts der brasilianischen Nationalmannschaft bei der kürzlich ausgespielten Fußball-WM. Und weil der 33-Jährige schon einmal in Fahrt war, setzte er zu einem Impulsreferat über deutsche Werte im Weltsport an. "Die Deutschen sind so organisiert, im Fußball und in der Formel 1. Wenn man sieht, wie strukturiert der Sport in Deutschland ist, angefangen beim Kartfahren - kein Wunder, dass sie so viele Fahrer und WM-Titel haben." Nach dem Rennen am Sonntag war Massas Laune dann endgültig verdorben. Der junge Däne Kevin Magnussen (McLaren) hatte ihn in der ersten Kurve ausgehebelt, Massa überschlug sich. Die Schuld lastete er Magnussen an, der rechtfertigte sich: "Ich konnte nirgendwohin ausweichen." Massas Auftritt war jedenfalls Sekunden nach dem Start beendet. Er musste mal wieder mitansehen, wie Teamkollege Valtteri Bottas im flinken Williams Zweiter wurde.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Der WM-Helm

Formel 1 - GP Deutschland - Nico Rosberg

Quelle: dpa

Der WM-Helm: "Es ist schon verrückt", sagte Nico Rosberg, "verrückt, woran man so alles denken muss." Der Mercedes-Pilot hatte in den vergangenen Wochen keine Möglichkeit ausgelassen, seine Begeisterung für die deutsche Nationalmannschaft auszudrücken. Er hatte im Trainingslager der DFB-Elf vorbeigeschaut, jedes Spiel in den sozialen Netzwerken kommentiert, natürlich auch den WM-Triumph der Nationalelf. Vor dem Heimrennen in Hockenheim hatte Rosberg seinen Helm nun umlackiert, er hatte den WM-Pokal auf seinen Helm gepinselt, der Vielleicht-bald-Weltmeister grüßt die Weltmeister. Der Fußball-Weltverband Fifa war bedingt begeistert, er richtete Rosberg aus, dass der WM-Pokal urheberrechtlich geschützt ist. Statt Pokal pinselten Rosbergs Designer vier Weltmeister-Sterne auf den Kopfschutz. Verrückt, fand Rosberg, aber er habe Verständnis für die Maßregelung. Neben ihm lauschte Sebastian Vettel, ebenfalls ein Experte für Weltmeistertitel, den Ausführungen, dann flüsterte er verständnisvoll: "Bescheuert".

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Zehn Zylinder der Formel 1:Das Safety Car

The safety car drives in front of Mercedes Formula One driver Nico Rosberg of Germany before German F1 Grand Prix at Hockenheim

Quelle: REUTERS

Das Safety Car: Es waren bizarre Momente, jene Minuten, nachdem Adrian Sutils Sauber auf der Zielgeraden den Dienst aufgegeben hatte. Das Auto stand mitten auf der Piste, wenige Meter entfernt von der Ideallinie. "Ich war etwas besorgt, als ich Sutils Auto gesehen habe", sagte Rosberg nach dem Rennen, "ich war sicher, dass das Safety Car rauskommen würde." Dann wäre das Feld, dem Rosberg zu diesem Zeitpunkt enteilt war, noch einmal enger zusammengerückt. Nur: Die Streckenposten schwenkten zwar gelbe Flaggen, doch das Safety Car kam nicht. Währenddessen spurteten die Helfer auf die Strecke, sie rollten das Auto an die Seite, während neben ihnen der Berufsverkehr mit Tempo 250 vorbeisauste. "Wenn ein Auto mitten auf der Strecke steht, dann kam bis jetzt immer ein Safety Car", sagte Formel-1-Experte Niki Lauda, "dass es heute nicht gekommen ist, war ein Wunder."

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Zehn Zylinder der Formel 1:FRIC

F1 Grand Prix of Germany

Quelle: Getty Images

FRIC: MGU-K, MGU-H, DRS - wer die Abkürzungen der mittlerweile handelsüblichen Technik-Systeme in der Formel 1 verstehen will, sollte eine gewisse Detail-Affinität mitbringen, besser noch: ein Diplom in Raketentechnik. In Hockenheim war die Abkürzung FRIC schwer in Mode. Gemeint ist die Hydraulik-Verbindung zwischen Hinterachse und Vorderachsenaufhängung. Die Teams hatten dieses Bauteil mit Begeisterung verwendet, der weniger begeisterte Weltverband Fia hatte sie vor dem Wochenende in Hockenheim verboten. Wie sehr FRIC den Titelkampf bisher beeinflusst hatte, das wissen wahrscheinlich nicht einmal Inhaber von Raketentechnikdiplomen. Während des Rennens bot sich den Betrachtern jedenfalls ein bekanntes Bild: Nico Rosberg fuhr allen davon, Hamilton preschte durchs Feld, ohne FRIC, dafür so flott, als habe er einen zweiten Motor installiert.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Susie Wolff

F1 Grand Prix of Germany - Practice

Quelle: Getty Images

Susie Wolff: Es war ein beachtliches Wochenende für Susie Wolff. Gerade einmal zwei Zehntel langsamer war die Williams-Testfahrerin im ersten freien Training am Freitag unterwegs als Teamkollege Felipe Massa - Platz 15, 1,6 Sekunden hinter Nico Rosberg, dem Schnellsten. Wolff hatte vor kurzem in Silverstone als erste Frau seit 22 Jahren ein Formel-1-Auto an einem Rennwochenende gelenkt. Große Hoffnungen auf einen Stammplatz hegt sie trotzdem nicht, zumindest nicht für die kommende Saison: "Das war ein großer Schritt vorwärts auf meiner Reise", sagte die 31-Jährige, "ich fühle mich bereit, aber das hier ist ein raues Umfeld." Hinzu komme, dass Massa und Valtteri Bottas, die aktuellen Williams-Piloten, derzeit überzeugen, zudem besitzen sie für 2015 ein Arbeitspapier. Ihr nächstes Ziel auf ihrer To-do-Liste, sagte Wolff, sei ein weiterer Testeinsatz in dieser Saison. Zuvor muss sie allerdings noch etwas Papierkram erledigen: In Hockenheim fuhr sie zu schnell durch die Boxengasse, die Rennkommissare brummten ihr 1000 Euro Bußgeld auf.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Kamui Kobayashi

Caterham Formula One driver Kobayashi of Japan takes part in drivers parade prior to German F1 Grand Prix at Hockenheim

Quelle: REUTERS

Kamui Kobayashi: Formel-1-Piloten sollten talentierte Rennfahrer sein, ein wenig Kleingeld mitbringen, gute Nerven - sonst noch etwas? Ach ja, Grundkenntnisse im Feuerlöschen können nicht schaden. Caterham-Pilot Kamui Kobayashi rollte im freien Training am Freitag von der Strecke, er roch Benzin, kurz darauf brannte sein Auto. Die Streckenposten waren schnell zur Stelle. Kobayashi überwachte die Löschaktion für ein paar Sekunden, dann riss er dem Streckenposten den Feuerlöscher aus der Hand. "Der hat den Löschschaum nur aufs Auto gespritzt, nicht auf die Stelle, wo es brannte", erinnerte sich Kobayashi später. Das Rennen selbst schloss Kobayashi als 16. ab. Sie warten bei Caterham weiter auf ihre ersten WM-Punkte der Saison, immerhin blieben weitere Brände aus, sehr zur Freude Kobayashis, er sagte: "Es war auch so heiß genug."

© Süddeutsche.de/jkn/ebc/dd
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