Zehn Zylinder der Formel 1:"Als wäre ein Zug in mich reingefahren"

Fernando Alonso ist nach dem schlimmsten Startunfall der Saison sichtlich geschockt, Lewis Hamilton muss Spott wegen einer Twitter-Panne über sich ergehen lassen, ein fieser sechster Gang verdirbt Michael Schumacher das Jubiläum. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes in der Kolumne Zehn Zylinder.

Carsten Eberts

Zehn Zylinder der Formel 1

Jenson Button

Fernando Alonso ist nach dem schlimmsten Startunfall der Saison sichtlich geschockt, Lewis Hamilton muss Spott wegen einer Twitter-Panne über sich ergehen lassen, ein fieser sechster Gang verdirbt Michael Schumacher das Jubiläum. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes in der Kolumne Zehn Zylinder. Von Carsten Eberts Jenson Button: Es hat viele Vorteile, in der Formel 1 auf der Pole Position zu stehen. Vor allem, wenn es hinter einem gewaltig kracht: Während Jenson Button also vorneweg in die erste Kurve fuhr, knallte es hinter ihm, fünf Fahrer fielen aus, mit Fernando Alonso und Lewis Hamilton auch wichtige Konkurrenten um den Tagessieg. Doch Button bekam von all dem nichts mit. Er fuhr einfach weiter, hatte stets einige Sekunden Vorsprung auf die Konkurrenz. Es war der erste Start-Ziel-Sieg in dieser Saison überhaupt, was Button entsprechend in Hochstimmung versetzte: "Diese Strecke ist so speziell für die meisten Fahrer", sagte Button (im Bild mit Freundin Jessica Michibata): "Ein ganz besonderes Wochenende. Ich möchte allen danken, dem ganzen Team und den Fans. Wir werden das noch eine Weile genießen."

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Romain Grosjean

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(Foto: dpa)

Romain Grosjean: Fünf Totalausfälle, jede Menge Schrott: Romain Grosjean kann für sich reklamieren, dass er den gigantischen Crash in der ersten Kurve verursacht hat. Nur gut, dass alles glimpflich ausging: Ohne wirkliche Not zog Grosjean direkt vor Lewis Hamilton, der schob ihn zwangsläufig an - Grosjean rammte Sergio Perez und Fernando Alonso und flog über beide hinweg ins Aus. Alonso hatte Glück, dass sein Kopf von Grosjeans Vorderreifen knapp verfehlt wurde. "Ich hatte einen sehr guten Start und dann ... Boom!", erklärte Grosjean lapidar, "ich bin froh, dass alle gesund sind." Einer Schuld war er sich nicht bewusst. Er wurde trotzdem für das nächste Rennen in Monza gesperrt. Auch, weil es bereits der sechste Unfall war, in den Grosjean in diesem Jahr verwickelt war.

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Fernando Alonso

Fernando Alonso: Bislang war der Spanier der zuverlässigste Fahrer der Saison. In jedem Rennen kam Alonso ins Ziel, fuhr stets in die Punkte. Zwangsläufig stand er damit auf Platz eins der Fahrerwertung. Dann der schlimme Crash mit Romain Grosjean: Schon nach wenigen Metern war der Grand Prix von Spa für Alonso beendet, Grosjean hatte ihn heftig gerammt, der Franzose flog mit seinem Boliden nur rund 60 Zentimeter an Alonsos Kopf vorbei. "Ich habe mich gefühlt, als wäre ein Zug in mich reingefahren", sagte Alonso später. Zur Vorsicht kam der Spanier ins Medical Centre, doch er twitterte bald: "Hi! Danke für all die unterstützenden Nachrichten. Mir geht es gut und ich denke schon zu 100 Prozent an Monza." Dort kann er wieder fahren. Im Gegensatz zu Romain Grosjean.

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Sergio Perez

Sergio Perez: Auch Sergio Perez hatte einiges zum Unfall zu sagen. "Ich habe für Kurve eins gebremst und dann hat mich plötzlich ein anderer Fahrer mit einem großen Knall getroffen", erklärte er verärgert. Er war von Platz vier gestartet, Teamkollege Kamui Kobayashi sogar von Platz zwei - am Ende gingen beide Sauber-Fahrer leer aus. "Und dann sind nach der ersten Kurve beide Autos ausgeschieden, weil ein Fahrer einen Fehler macht", beklagte sich Perez. Und forderte eine Strafe gegen Grosjean: "Ich hoffe, die Rennkommissare reagieren." Taten sie auch, Sergio Perez konnte sich beruhigen.

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Lewis Hamilton

Lewis Hamilton: Auch für Lewis Hamilton war das Rennen nach dem Auftaktunfall vorbei. Für noch größeres Aufsehen sorgte der Brite jedoch über den Kurznachrichtendienst Twitter. Nach seinem mäßigen Qualifying twitterte Hamilton die Telemetriedaten des Teams, um auf die Unterschiede zum Auto seines Teamkollegen Jenson Button aufmerksam zu machen. Das verwunderte schon, schließlich sind teaminterne Daten das große Heiligtum eines jeden Formel-1-Teams. "Könntest du auch die Rennstrategie und dein Setup twittern? Danke!", twitterte der Österreicher Alexander Wurz zurück. Entsprechend schnell verschwand Hamiltons Tweet wieder aus dem Netz.

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Michael Schumacher

Michael Schumacher: Es war natürlich eine schöne Geschichte, dass Michael Schumacher sein 300. Formel-1-Rennen ausgerechnet in Spa fahren durfte. Die Strecke in den Ardennen ist Schumachers erklärtes Lieblingsrennen, das hat er in gefühlten 10.000 Interviews immer wieder erwähnt. Schumacher tat alles dafür, den Mythos zu wahren: Binnen 13 Runden kämpfte er sich von Startplatz 13 auf Rang zwei nach vorne. Er fiel wieder auf Rang vier zurück - als die Reifen immer weiter abbauten, musste er zum zweiten Mal in die Box. "Wir haben gewechselt und wollten von hinten wieder angreifen", erklärte Schumacher, "die Taktik wäre vielleicht aufgegangen, wenn nicht kurz vor Schluss mein sechster Gang den Dienst quittiert hätte." Ohne sechsten Gang kann auch ein Jubilar nicht mehr angreifen. Welch eine Gemeinheit.

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Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone: Ein wenig zu weit nach vorne gewagt hatte sich indes Bernie Ecclestone. Der Formel-1-Boss hatte in Interviews verkündet, Schumacher werde seine Karriere nach dieser Saison beenden. Der BBC sagte Ecclestone: "Es ist schade, dass er uns nicht als Sieger verlassen wird, denn er ist ein Sieger." Schumacher wollte davon nichts wissen. Nach dem Rennen dementierte er: "Ich habe gestern noch mit ihm darüber gesprochen und ihm gesagt, dass ich noch keine Entscheidung über meine Zukunft getroffen habe. Es gibt dazu keine Neuigkeiten." Irgendetwas scheint Ecclestone da etwas missverstanden zu haben.

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Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen: Respekt zeigte Kimi Räikkönen vor Michael Schumacher keineswegs. Dem Rekordweltmeister zu dessen Jubiläum einen Platz auf dem Podium schenken - soweit kommt es noch. Beide lieferten sich ein packendes Duell: Räikkönen überholte Schumacher, Schumacher überholte Räikkönen, erst den dritten Angriff des Finnen konnte der Deutsche nicht mehr kontern. Und Räikkönen? War nicht zufrieden. "Es war sicherlich nicht der einfachste Tag für mich, das Auto war nicht optimal", sagte Räikkönen: "Das war eines der schwierigsten Rennen. Nächste Woche mache ich es besser." In Spa landete Räikkönen auf Platz drei. Kann also nur heißen: In Monza will der Finne Erster werden. Oder wenigstens Zweiter.

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Sebastian Vettel

Sebastian Vettel: Wenn Sebastian Vettel von einem "verrückten Wochenende" berichtet, muss man ihm diese Worte einfach glauben. Denn wirklich zu erklären war nicht, was der Weltmeister erlebte. Zunächst das Qualifying: völlig verkorkst. Vettel spürte keinen Grip auf der Strecke und landete auf Platz zehn. Dann der Start: ebenfalls verpatzt. Obwohl drei Fahrer vor ihm ausfielen, verlor Vettel zwei weitere Plätze. Danach jedoch lief das Rennen formidabel. Runde um Runde holte Vettel auf, lieferte sich tolle Überhol-Duelle, unter anderem mit Michael Schumacher, kam schließlich auf Platz zwei ins Ziel - und verkürzte so den Rückstand in der WM-Wertung auf Fernando Alonso (24 Punkte). "Der Speed war da, darauf lässt sich aufbauen", sagte Vettel, "den zweiten Platz hat keiner von uns erwartet." Vielleicht muss er sich damit abfinden, dass sich dieses Wochenende nicht logisch erklären lässt.

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Nico Hülkenberg

Nico Hülkenberg: Wäre Nico Hülkenberg nicht so ein sympathischer Typ, man könnte ihn glatt als Aasgeier bezeichnen. Aasgeier? Die Erklärung lieferte Hülkenberg gleich selbst. "Wir haben natürlich vom Startcrash profitiert, da einige rausgeflogen sind", erklärte Hülkenberg: "Aber wie schon mehrfach in dieser Saison: Wenn andere Fehler machen oder Probleme haben, dann sind wir zur Stelle." Nach dem Chaosstart war Hülkenberg sogar Dritter, kurzzeitig dachte der Force-India-Pilot sogar ans Podium, das er letztlich knapp verfehlte. Hülkenberg kam auf Platz vier ins Ziel - neben Vettel war er damit die positive Überraschung unter den deutschen Fahrern.

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