Zehn Zylinder der Formel 1:Abschied vom Soundtrack der Saison

Mark Webber setzt ein letztes Zeichen, ein TV-Journalist und Ex-Fahrer wird hämisch - und Weltmeister Sebastian Vettel findet die eigene Stärke "fast schon pervers". Von nun an wird die Formel 1 anders klingen. Die Zehn Zylinder der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, São Paulo

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Zehn Zylinder der Formel 1:Achtzylinder

F1 Grand Prix of Brazil - Race

Quelle: Getty Images

Mark Webber setzt ein letztes Zeichen, beim Saisonabschluss in Brasilien verabschiedet sich auch der Soundtrack der Formel 1. Ein TV-Journalist und Ex-Fahrer wird hämisch - und Weltmeister Sebastian Vettel findest die eigene Stärke "fast schon pervers". Die Zehn Zylinder der Formel 1. Von Elmar Brümmer, São Paulo.

Achtzylinder: Zum letzten Mal haben Saugmotoren den satten Soundtrack für die Formel 1 geliefert. Im kommenden Jahr ändert sich die Tonlage gewaltig, wenn nach einem Vierteljahrhundert wieder die Turbo-Aggregate Einzug halten. Das ist - neben der dramatischen optischen Veränderung der Autos - die einschneidende Konsequenz des neuen Reglements. Die Königsklasse bekommt die größte technische Reform in ihrer Geschichte verpasst. Künftig bestimmt der Benzinverbrauch (erlaubt sind nur 100 Kilogramm Sprit im Rennen, das entspricht etwa 45 Litern auf 100 Kilometer) die Leistung des Motors. Und statt der Bremsenergierückgewinnung liefern zwei Elektromotoren zusätzliche 160 PS für eine halbe Minute pro Runde. Damit steigt die maximale Leistung des Sechszylinders auf bis zu 800 PS. Wenn doch nur die Geräuschkulisse mithalten könnte ...

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Zehn Zylinder der Formel 1:Felipe Massa

F1 Grand Prix of Brazil - Race

Quelle: Getty Images

Felipe Massa: Sein erstes Go-Kart war Rot, und der Kinder-Rennanzug auch. Aber jetzt muss er seine Lieblingsfarbe verdrängen, nach neun Jahren heißt es für den letzten Brasilianer in der Formel 1: Ciao, Ferrari. Zum Schluss versaute der treue Adjudant von Schumi und Alonso der Scuderia mit einer unnötigen Boxendurchfahrtsstrafe noch Platz zwei in der Konstrukteurs-WM. Jetzt schlüpft der Fast-Weltmeister von 2008 ins kühlere Blau des britischen Williams-Rennstalls, wo Rennfahrer nicht als etwas Besonderes behandelt werden, sondern auf der Angestelltenliste als Chauffeure geführt werden. Ein Neuanfang mit 32, nachdem ihn die Scuderia hatte sitzen lassen. Dass er überhaupt noch dabei ist, hat Massa wohl dem Einsatz des brasilianischen TV-Sender Globo zu verdanken, denn dort ist er, was er überhaupt so gern wäre: ein Star.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Ross Brawn

Ross Brawn

Quelle: dpa

Ross Brawn: Angeln. Rosen züchten. Rennstall ausmisten. Das sind die drei Lieblingsbeschäftigungen von Ross Brawn, dem Teamchef von Mercedes GP. Das Team trug, bis es Daimler vor vier Jahren aufkaufte, seinen Namen. Jetzt, wo die Silberpfeilmannschaft den großen Satz vom fünften auf den zweiten Platz in der Konstrukteurs-Wertung geschafft hat, könnte auch der Brite einen Sprung machen - den Absprung. Bei Mercedes tummeln sich eine Menge Chefs, und mit Landsmann Paddy Lowe steht schon ein möglicher Nachfolger an seiner Seite. Brawn spielt seit Monaten alle Alternativen durch, wie man das seinem Spitznamen "Superhirn" aus gemeinsamen Zeiten mit Michael Schumacher nach auch erwarten kann. Seit Samstag ist Brawn 59 Jahre alt. Zeit für die Frührente? Für ein Sabbatical? Für einen neuen Job bei Honda, McLaren oder Ferrari? Die Formel 1 bleibt Denksport.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Mark Webber

Mark Webber Formel 1

Quelle: REUTERS

Mark Webber: So treten markante Männer ab, von denen es jetzt wieder einen weniger in der Formel 1, und insgesamt gesehen sowieso zu wenige gibt: "Es ist ein guter Moment, kein trauriger. Ich fühle Erleichterung", sagte Mark Webber, bevor er zum 215. und letzten Mal in einen Grand-Prix-Rennwagen stieg. Einmal noch die Kappe mit der Nummer 2, künftig wird er dann im Sportwagenprogramm von Porsche die Nummer eins sein, zumindest gefühlt. Mit 37 Jahren, fünf davon an Sebastian Vettels Seite, gibt ihm die Formel 1 zwar noch Adrenalin, aber keine neuen Herausforderungen mehr. Und für Sentimentalitäten ist im Modellathletenkörper auch kein Platz - Familie, Freunde und Frau bat er ausdrücklich, zu Hause zu bleiben. Stattdessen packte er eine neue T-Shirt-Kollektion aus, mit einem großen X und dem Satz "Made my Mark" drauf. Übersetzt: Ich habe mein Zeichen gesetzt.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Marc Surer

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Quelle: imago sportfotodienst

Marc Surer: Der ehemalige Schweizer Formel-1-Fahrer, derzeit Experte für den TV-Sender Sky, betrachtet offenbar die Welt von oben. Surer hatte sich vor dem Saisonfinale schon in Austin in Stimmung gebracht, als er auf seinem Facebook-Profil das Foto einer schlafenden Farbigen auf einer Parkbank mit den Worten "Fett, faul und arbeitslos, willkommen in America..." kommentierte, das er inzwischen wieder gelöscht hat. Auf der Abschiedsmedienrunde fragte der 62-Jährige den scheidenden Mark Webber ähnlich hämisch, was genau denn so schwierig sei, einen modernen Rennwagen zu starten. Webber überspielte seine Startprobleme und die Frechheit souverän. Surers Problem zu seiner aktiven Zeit in den Achtzigern lag eher am Ende des Rennens - bei 82 Starts fuhr er lediglich 17 Punkte ein.

In einer früheren Fassung stand: "Wer für einen Bezahlsender namens Sky arbeitet, der betrachtet es vielleicht sogar als sein Recht, die Welt von oben herab zu beurteilen." Damit waren keinesfalls alle Mitarbeiter des TV-Senders gemeint, es bezog sich alleine auf den Experten Marc Surer. Anm.d.Red.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Max Chilton

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Max Chilton: Null Punkte, beste Platzierung ein 14. Rang (aber der dafür immerhin in Monte Carlo) - ein Rookie wie Max Chilton hat es schon schwer, in den Medien vorzukommen. Damit ist dem 22 Jahre alten Briten allerdings schwer Unrecht getan. In seiner allerersten Saison hat er sich den Ruf des Mister Zuverlässig erarbeitet, erreichte er in seinem Marussia-Rennwagen in allen 19 Rennen das Ziel. Neben Chilton, der auch dank der väterlichen Mitgift von angeblich zwölf Millionen Dollar sein Cockpit für 2014 schon sicher haben dürfte, kam nur Landsmann Jenson Button von McLaren jedes Mal in die Wertung. Allerdings schaffte der es in Malaysia nicht bis ins Ziel, gab drei Runden vor Schluss auf. Sieg für den Marathon-Max.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Sebastian Vettel

Sebastian Vettel Formel 1

Quelle: Getty Images

Sebastian Vettel: Tatsächlich, auch dem Mister Perfekt fehlen nach dem neunten Sieg in Folge, dem 13. in dieser Saison (Rekord, Rekord!), die Worte. Aber nur zunächst. "Ich glaube, ich kann nicht mehr viel zu dieser Saison sagen. So abzuschließen, das hätte ich mir nie vorstellen können. Das ist, Entschuldigung, fast schon pervers, wie stark wir waren. Ein unglaubliches Jahr. Man konzentriert sich so auf den Tag und kann es erst mal nicht so einordnen, wie groß das Ganze wirklich ist." Er brauche Zeit, das alles zu verstehen, was bei seinem vierten Titelgewinn passiert ist. Weshalb nach reichlich Jägermeister-Red-Bull jetzt Folgendes auf dem Programm stehe: "Nichts." Vorgemerkt sind nur die erste Testfahrt am 28. Januar und der Saisonauftakt vermutlich am 16. März in Australien.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Jenson Button

Jenson Button of Britain drives during the qualifying session of the Brazilian F1 Grand Prix at the Interlagos circuit in Sao Paulo

Quelle: REUTERS

Jenson Button: Am Ende ist es dann noch versöhnlich geworden, mit einem vierten Platz für den 33-Jährigen, dem besten Resultat einer verkorksten Saison für das stolze McLaren-Team, ausgerechnet im 50. Jahr des Rennstallbestehens. Zum ersten Mal seit 1980 haben die Briten damit kein einziges Podiumsresultat geschafft. Aber wenigstens Button, der letzte, der vor Sebastian Vettel noch Weltmeister werden konnte, hat einen Rekord aufgestellt. Mit seinem Rennen Nummer 247 ist er jetzt der britische Rennfahrer mit den meisten Formel-1-Einsätzen und hat den Schotten David Coulthard überholt. "Das war eine großartige Art und Weise, dieses Jahr zu beenden. Und glaubt mir, McLaren ist ein so starkes Team, dass wir zurückschlagen werden."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Die Jobsucher

Formula One drivers pose for a group picture ahead of the Brazilian F1 Grand Prix at the Interlagos circuit in Sao Paulo

Quelle: REUTERS

Die Jobsucher: Ein Arbeitsmarkt, der einen rasend machen kann: Für 2014 sind noch acht Cockpits frei, für die sich insgesamt zehn Fahrer bewerben. Begehrt sind vor allem die Sitze in chancenreichen Rennwagen, also bei Lotus, Force India und Sauber. Der sportlich wertvollste Fahrer, Nico Hülkenberg aus Emmerich (im Bild mittlere Reihe, 3.v.r.), scheint zu den Indern zurückzukehren. Ob damit Landsmann Adrian Sutil (mittlere Reihe, 3.v.l.) im Tausch zu Sauber geht? Alles eine Geldfrage, denn die drei Lateinamerikaner Sergio Pérez (untere Reihe, ganz rechts), Pastor Maldonado (mittlere Reihe, 2.v.l.) und Esteban Gutiérrez (mittlere Reihe, 4.v.r.) bringen die Verhandlungen bei allen drei genannten Rennställen ständig durcheinander. Schließlich haben sie die schlagkräftigsten Argumente, sprich: die größte Sponsorenmitgift. So funktioniert die moderne Formel 1: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind gleichermaßen voneinander abhängig.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Fernando Alonso

F1 Grand Prix of Brazil - Race

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Fernando Alonso: Zweiter, Zweiter, Zweiter. Zum dritten Mal in vier Jahren trägt der Spanier die für ihn mit einem großen Makel behaftete Zahl. Immerhin war sein Ferrari im letzten Rennen nach langer Zeit wieder so etwas Ähnliches wie konkurrenzfähig. Alonso nimmt das zur Kenntnis, aber er hat schon umgeschaltet: "Alle Systeme zurück, wir starten wieder bei null." Sich selbst hat er schon das entscheidende Versprechen abgerungen:"Ich habe noch viele Jahre vor mir, um die verlorenen Weltmeisterschaften wiedergutzumachen. Tief in mir drin glaube ich, dass ich zum Ende meiner Karriere mehr als zwei WM-Titel auf dem Konto haben werde." 2014 wird sich entscheiden, ob er dieses Ziel dann weiterhin mit Ferrari, oder in Zukunft doch lieber mit McLaren-Honda verwirklichen wird.

© SZ.de/hum/bavo
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