Zehn-Jahres-Plan des DFB:Visionen für den fünften Stern

  • Der Deutsche Fußball-Bund präsentiert seine Vision für die kommenden zehn Jahre.
  • "DFB 2024" sieht die Austragung der Europameisterschaft im eigenen Land 2024 vor. Die Nationalmannschaft soll zum fünften Mal Weltmeister werden.
  • 2018 will der Verband in ein neues Leistungszentrum in Frankfurt umziehen, das 89 Millionen Euro kosten soll.

Von Ulrich Hartmann, Frankfurt

Der Stolz des deutschen Fußballs ist 37 Zentimeter groß und wiegt sechs Kilo: Der goldene Weltmeister-Pokal steht repräsentativ in einer Vitrine im Foyer der DFB-Zentrale. Aber der Pokal ist nur eine Kopie, das Original liegt in einem Safe in Zürich. Den Stolz freilich schränkt das nicht ein, denn der steht in keiner Vitrine, sondern sitzt im kollektiven Bewusstsein. Der Pokal erinnert nicht nur an den Triumph von Rio, er ist auch eine Verpflichtung für die Zukunft. "Wir sind noch nicht satt", sagt DFB-Sportdirektor Hansi Flick. "Wir wollen eine ganze Epoche prägen", ergänzt Bundestrainer Joachim Löw.

Im DFB-Hauptquartier im Frankfurter Südwesten stehen insgesamt vier WM-Pokale, Löw ist der Vater des jüngsten Triumphs. Nach dem Bundestrainer beim ersten WM-Titel 1954, Sepp Herberger, ist beim DFB ein Tagungsraum benannt, dort präsentierten die Spitzenfunktionäre des DFB am Dienstag ihre Visionen.

"DFB 2024" nennen sie diese Zehn-Jahres-Pläne, weil sich Deutschland mit größter Zuversicht um die Austragung der Europameisterschaft 2024 bewirbt. "Diese EM nach Deutschland zu holen, ist unser ehrgeizigstes Ziel", sagt DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Auf halber Strecke will der DFB Ende 2018 in ein neues, mondänes Quartier umziehen: in ein Leistungszentrum mit dem Etikett "Nationale Fußball-Akademie", das von 2016 an für 89 Millionen Euro auf dem Areal der Frankfurter Galopp-Rennbahn gebaut werden soll. "Das wird die größte Investition in der Geschichte des DFB", sagt Niersbach.

Mit Rekord-Investitionen will der Verband also die Zukunft gestalten. Ausgangspunkt ist das Jahr des WM-Gewinns 2014, das inmitten einer imponierenden Entwicklung liegen soll. "Vor zehn Jahren haben wir bei der EM in Portugal die schwarze Nacht von Lissabon erlebt", erinnert sich Niersbach, "das Vorrunden-Aus war einer der kritischsten Momente in der DFB-Geschichte."Zehn Jahre später ist Niersbach "dankbar und demütig" für die Entwicklungen seither, die am 13. Juli in den WM-Sieg von Rio mündeten. Auf dieser Basis sollen 2015 auch die Frauen bei der WM in Kanada und die U21-Junioren bei der EM in Tschechien jubilieren.

Doch im Fokus der Bemühungen bleibt die A-Mannschaft. "Wir wollen den fünften Stern", sagt Teammanager Oliver Bierhoff, der im geplanten Leistungszentrum die "Kompetenz des nationalen, vielleicht sogar des internationalen Fußballs" abgebildet sieht. Unter der Voraussetzung, dass ein Frankfurter Bürgerbegehren zum Erhalt der Pferderennbahn abgewehrt werden kann, entsteht laut Niersbach in Frankfurt-Niederrad "der DFB der Zukunft".

"Total optimistisch, dass wir den Zuschlag erhalten"

Ins derzeitige Hauptquartier nahe der Frankfurter Fußball-Arena könne ab 2019 beispielsweise das Organisationskomitee der EM 2024 einziehen, sagt Niersbach. Spätestens 2018 entscheidet der europäische Verband Uefa über die Vergabe. "Diese EM wäre eine wunderbare Perspektive für uns", findet der DFB-Präsident, "und wir sind total optimistisch, dass wir den Zuschlag erhalten." Nicht mehr viele Nationen seien in der Lage, die EM-Mammutveranstaltung mit 24 Teilnehmern zu stemmen. "Ich habe immer gemeckert über die Ausweitung von 16 auf 24 Teilnehmer", sagt Niersbach, "aber jetzt profitieren wir vielleicht sogar davon."

Dass sich Deutschland mit Hamburg oder Berlin außerdem für die Olympischen Spiele im selben Jahr bewirbt, sieht Niersbach nicht als Problem. "Anders als vor der WM 2006 bräuchten wir für die zehn erforderlichen EM-Stadien für 2024 keine Neubauten, sondern allenfalls ein paar Renovierungen", betont er.

Niersbach, 64, will in den nächsten Jahren aber nicht nur die Zukunft des deutschen Fußballs gestalten, sondern mit seinem angestrebten Einzug ins Exekutiv-Komitee des Weltverbands im März 2015 auch "die europäische Allianz in der Fifa-Exekutive stärken" - mit dem wichtigen Ziel, dabei zu helfen, das ramponierte Image der Fifa wiederherzustellen. "Die Fifa muss für Glaubwürdigkeit, Seriosität und Integrität stehen", sagt Niersbach, "das gelingt momentan nicht."

Der WM-Pokal geht auf eine Ehrenrunde

Ob man einen europäischen Gegenkandidaten für Fifa-Präsident Sepp Blatter aufbauen müsse, ließ Niersbach offen: "Das ist noch nicht raus, Ende Januar werden wir mehr wissen." Am Dienstag immerhin traf sich Niersbach noch mit dem Chilenen Harold Mayne-Nicholls - "einem alten Freund", wie er abwiegelte - der als möglicher Gegenkandidat für Blatter beim Fifa-Kongress am 29. Mai 2015 gehandelt wird.

Niersbach will sich "über Weihnachten mal aufs Sofa legen, Fernseher und Radio ausschalten und mich fragen, ob das wirklich alles wahr ist, was uns 2014 gelungen ist". Dies habe er jüngst bei der Weihnachtsfeier auch jedem DFB-Mitarbeiter geraten. Am WM-Pokal gehen Niersbach und die Mitarbeiter täglich vorbei. Sie können es also verkraften, dass die Trophäe 2015 auf eine "Ehrenrunde" in viele deutsche Fußballvereine geht. "Dieser Pokal wird im nächsten Sommer durchs Land geschickt und den Amateurvereinen präsentiert", sagt Niersbach: "Denn diese Amateurvereine haben mit ihrer Arbeit die Basis gelegt für den WM-Titel in Brasilien."

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