Würzburger Kickers:Bedingt zweitligatauglich

17 03 2017 2 BL TSV 1860 vs Wuerzburg Kickers Allianz Arena Muenchen Fussball im Bild Junior Di

Gegen Würzburg obenauf: Kapitän Ivica Olic (r.) vom TSV 1860 führt sein Team zum Sieg.

(Foto: imago/Philippe Ruiz)

Bei den Würzburger Kickers läuft es derzeit nicht. Nach der Niederlage in München droht dem Klub nun auch noch der Ausstieg seines Großsponsors.

Von Fabian Swidrak

Jörg Siebenhandl hatte sich unbemerkt in das Würzburger Tor geschlichen. Zu Beginn der zweiten Halbzeit hatte er den Rasen der Münchner Arena betreten, um seinen umgeknickten Torhüter-Kollegen Robert Wulnikowski zu ersetzen. Der Stadionsprecher aber hatte diesen Wechsel nicht verkündet. Zehn Minuten vergingen, bis Siebenhandl, der Würzburger Spieler mit grünem Langarmtrikot und blonder Kurzhaarfrisur, aus dem Strafraum geeilt kam, um einen langen Ball vor Münchens Stefan Aigner zu erreichen. Erst da fiel auf, dass nun nicht mehr Wulnikowski im Tor stand, der Würzburger Spieler mit grünem Langarmtrikot und Nichthaarfrisur.

Für Siebenhandl, 27, war die zweite Halbzeit gegen den TSV 1860 München der erste Einsatz für die Würzburger in der zweiten Bundesliga. Im Sommer war der Torhüter vom österreichischen Erstligisten Admira Wacker Mödling gekommen. Beide Klubs haben denselben Hauptsponsor und arbeiten zusammen. Hollerbach aber setzte im Würzburger Tor bislang konsequent auf Wulnikowski, 39, der seinen Vertrag bis zum Ende der kommenden Saison verlängert hat.

In einem ereignisarmen Spiel war Siebenhandls Einwechslung daher lange Zeit das Spannendste. Auszeichnen konnte sich der Torhüter jedoch kaum. Sein Arbeitszeugnis: ein erlaufener langer Ball, eine gefangene Flanke, zwei gehaltene Schüsse, zwei Gegentore. Läuft nicht bei Siebenhandl. Läuft nicht bei Würzburg.

Wulnikowski fällt nach einem Kreuzbandanriss länger aus

Am Sonntag gab der Verein dann bekannt, dass Wulnikowski mit einem Anriss des hinteren Kreuzbandes im rechten Knie auf unbestimmte Zeit ausfällt. Die Verletzung des erfahrenen Keepers fällt in eine für die Würzburger ohnehin schwierige Phase. Die 1:2-Niederlage in München war die dritte hintereinander, die sechste in sieben Spielen. Als Sieger ging Würzburg letztmals im Dezember vom Platz. Damals war der Aufsteiger Sechster, die Tabellenspitze nicht weit entfernt. Nun steckt der Klub im Abstiegskampf. Der Vorsprung auf Relegationsplatz 16 beträgt noch sechs Punkte. "Die Luft wird dünner", sagt Hollerbach.

Während Stürmer Elia Soriano nach dem Spiel in den Katakomben des Münchner Stadions ratlos wirkte, versuchte Kapitän Sebastian Neumann den ganzen Niederlagen etwas Positives abzugewinnen: "Wir sind von keiner Mannschaft vorgeführt worden", sagte er. Die Würzburger verloren nie mit mehr als zwei Toren Unterschied. Gegen Kaiserslautern standen sie kurz vor einem Punktgewinn, in Bochum lagen sie bis kurz vor Schluss vorn. Auch in München ging Hollerbachs Plan lange auf.

"Wir sind ganz gut ins Spiel gekommen, haben viel Ballbesitz gehabt und bis zum Sechzehner gut gespielt", sagte Würzburgs Trainer. In einer ausgeglichenen ersten Halbzeit habe seine Mannschaft wenig zugelassen und auf Konterchancen gehofft. Wie schon öfter in den vergangenen Wochen entglitt Würzburg die Partie dann aber im zweiten Durchgang. Nach einem Eckball traf Abdoulaye Ba für die Löwen (67.), Torhüter Siebenhandl hatte keine Abwehrchance. "Wir haben den Standard eigentlich gut geklärt, uns beim zweiten Ball aber nicht zum Gegenspieler orientiert", analysierte Hollerbach. Kapitän Neumann ergänzte: "Uns fehlen derzeit das Selbstvertrauen und der Mut, Verantwortung zu übernehmen, zum Mann zu gehen und das Tor unbedingt verhindern zu wollen."

Michael Liendl erhöhte vom Elfmeterpunkt aus auf 2:0 (78.). Zuvor hatte Peter Kurzweg Aigner zu Fall gebracht. Hollerbach bezeichnete den Strafstoß anschließend eigenwillig als "fragwürdig". Er habe das Gefühl gehabt, "dass heute mit zweierlei Maß gemessen wurde. Auch bei uns gab es zwei, drei knifflige Situationen im Strafraum der Sechziger, wo Elia Soriano weggerempelt wird." Ein eindeutiges Foulspiel übersah das Schiedsrichtergespann jedoch nicht.

Soriano war es auch, der im ersten Durchgang die beste Möglichkeit hatte, die Würzburger in Führung zu bringen. Nach einem Pass von Kurzweg zog er aus elf Metern Torentfernung ab, traf aber den Rücken von Mitspieler Patrick Weihrauch (45.). "Das ist, was uns fehlt: ein Tor", sagte Hollerbach, obwohl Kurzweg in der Nachspielzeit noch getroffen hatte. "Leid tut es mir vor allem für Soriano, der unheimlich viele Wege gemacht hat, viel gearbeitet hat und sich im Moment nicht dafür belohnt." Es läuft also auch nicht bei Soriano.

Und vor allem läuft es zudem nicht abseits des Rasens bei den Unterfranken. Ein Gutachten des Frankfurter Architekturbüros Albert Speer zeigt, dass das Stadion am Würzburger Dallenberg nicht zu einer dauerhaft zweit- und erstligatauglichen Spielstätte umgebaut werden kann. Ein Neubau ist nötig. Oberbürgermeister Christian Schuchardt hat schon betont, dass eine finanzielle Beteiligung der Stadt nur an der Infrastruktur, nicht aber am Stadion selbst vorgesehen sei. Daraufhin meldete sich der Kickers-Vorstandsvorsitzende Daniel Sauer auf der Internetseite des Klubs zu Wort: "Hier in der Region gibt es noch kein wirkliches Bewusstsein dafür, was es heißt, Profifußball zu spielen und ihn zu etablieren. Wir alleine als kleiner Verein können das nur bedingt schaffen, strecken uns schon längst bis zur Decke."

Gleichzeitig drohte Sauer einen Ausstieg des Hauptsponsors an: "Ich ziehe meinen Hut vor Thorsten Fischer, der trotz aller Widrigkeiten weiterhin vorangeht und intensiv nach Lösungen für uns sucht", erklärte er. "Ich weiß aber nicht, wie lange er dazu überhaupt noch Lust hat. Keiner könnte ihm böse sein, würde er sagen: Ich habe alles versucht, aber zu wenige wollten den Weg mit uns gehen, das war's dann."

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