Wolfsburgs Stürmer Bas Dost:Plattfuß trifft plötzlich

Die Wolfsburger Fans spotteten lange über Bas Dost und dessen Schuhgröße - immerhin 48. Doch nach acht Toren in nur einer Woche kommen sogar Vergleiche mit Zlatan Ibrahimovic auf.

Von Carsten Eberts

In der Zahlenlehre des Fußball spielt die Nummer zwölf eine untergeordnete Rolle. In einer Mannschaft spielen elf Spieler, nicht zwölf. Die "12" ist eine Nummer für Ersatztorhüter, für diejenigen, die nicht zum Einsatz kommen. Freundlicher ist die Erklärung von Teams wie dem FC Bayern oder Werder Bremen, die die Rückennummer nicht vergeben, weil ihre Fans der "zwölfte Mann" sind.

Die Zwölf darf anfeuern, jubeln, klatschen. Tore schießen andere.

Bas Dost, 25, hat beim VfL Wolfsburg vor der Saison die Rückennummer zwölf erhalten - passend für einen Stürmer, der als Ergänzung der Ergänzung galt, der als Angreifer Nummer drei in die Spielzeit ging: hinter Ivica Olic und Nicklas Bendtner. Nun ist Olic mittlerweile beim HSV, der exzentrische Bendtner wird als "Lord" verspottet. Die Zwölf dagegen schießt ein Tor nach dem anderen. Dass der Niederländer so abgehen würde, hatte niemand für möglich gehalten. Auch Dost selbst nicht.

Drei Spiele, acht Tore für Dost

"Vor drei Wochen kennt dich niemand und plötzlich wirst du zum Hype", sagte er am Sonntag, eine wunderbare Beschreibung seines Ist-Zustands. Er erhalte so viele WhatsApp-Nachrichten wie noch nie und muss nach den Spielen lange Interviews geben. Beim Wolfsburger 2:1 gegen Hertha BSC hat er beide Treffer erzielt - schon wieder. Bereits die Bayern und Bayer Leverkusen hatte er in dieser Rückrunde fast alleine erledigt. "Bas ist immer da", sagt sein Teamkollege Naldo.

In der vergangenen Fußballwoche hat Dost damit, inklusive Europa League, acht Treffer erzielt. Das ist eine Quote, die schwer nach Zlatan Ibrahimovic klingt, wenn der Schwede in der (deutlich schwächeren) französischen Liga gegen Reims oder St. Étienne netzt, wie er will. "Fast wie Zlatan" stand deshalb zuletzt in der Wolfsburger Stadionzeitung über den 1,92-Meter-Lulatsch.

Dost nimmt die Aufmerksamkeit mit Genugtuung hin. Zwei lange Jahre war er in Wolfsburg als Enttäuschung abgestempelt worden. Es wurde gespottet über seinen mangelnde Liebe für lange Laufwege, über seine Plattfüße, auch über seine Schuhgröße: 47 bis 48. Nun diese unwirklich anmutende Wandlung. "Wenn du einen Lauf hast, kommt der Ball dahin, wo du bist", sagt der Mann mit dem Fünftagebart. Tatsächlich wirkt es, als mache Dost etwas anders als vorher, obwohl er sein Spiel nicht verändert hat.

Hecking wollte Dost nicht verkaufen

Dosts Glück ist auch eine Geschichte von Beharrlichkeit. Als er im Sommer 2012 auf Geheiß von Felix Magath nach Wolfsburg kam, hatte er sich gerade zum Torschützenkönig in der Eredivisie geschossen. 32 Tore in 34 Einsätzen für Heerenveen, obwohl es dort am Anfang auch hieß: Der Dost, der kann nix. In Wolfsburg traf er zunächst selten, monatelang machte das Sprunggelenk Probleme. "Ich hatte Angst, dass es nie mehr gut wird", so Dost.

Doch die Wolfsburger hielten zu ihm. Er habe sich vehement dagegen gewehrt, Dost abzugeben, erklärt Trainer Dieter Hecking: "Jetzt sieht man, dass ich mit meiner Meinung richtig lag." Das ist leicht gesagt in so einem Moment, doch tatsächlich wurde bislang nur wenigen VfL-Spielern eine mehr als zweijährige Eingewöhnungszeit zugestanden. Die meisten anderen wurden zügig ausgeliehen - oder verkauft.

"Die ganze Mannschaft hat verstanden, wie sich Bas im Strafraum bewegt", erklärt es Naldo - also eher andersherum. Als habe das Team so lange gebraucht, nicht der Stürmer. In den kommenden neun Tagen spielt Wolfsburg erst in der Europa League gegen Lissabon, dann in Bremen, schließlich im DFB-Pokal bei Leipzig. Sieben bis neun Tore werden für Dost wohl drin sein.

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