Wolfsburgs Ivica Olic:Nasenmann Nummer eins

VfL Wolfsburg - TSG 1899 Hoffenheim

Treffsicher in Wolfsburg: Ivica Olic.

(Foto: dpa)

Weil Ivica Olic wieder Mittelstürmer spielen darf und Tore schießt, sind beim VfL Wolfsburg vor dem Gastspiel beim FC Bayern alle glücklich. Im Sturmzentrum hat der 34-jährige Kroate rechtzeitig sein wichtigstes Körperteil wiedergefunden: Sein "Näschen".

Von Boris Herrmann, Wolfsburg

Es gab Zeiten, da der Kader des VfL Wolfsburg zu den größten Menschenansammlungen Mitteleuropas gehörte. Die Zeiten sind vorbei. 23 Profis stehen beim VfL noch unter Vertrag, nicht mehr und nicht weniger als bei einem ganz normalen Bundesligisten. Ein bisschen normaler wollte dieser Verein schließlich rüberkommen unter der Führung von Manager Klaus Allofs und Trainer Dieter Hecking.

Nun stellen die beiden allerdings fest, dass das Fußballvolk argwöhnisch wird, wenn es in Wolfsburg allzu normal zugeht. Neuerdings müssen sich Allofs und Hecking dafür rechtfertigen, dass sie im Angriff die kleinste Menschenansammlung der Liga beschäftigen.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Felix Magath ist Allofs der Ansicht: "Jeder Spieler sollte eine realistische Perspektive haben, dass er zum Einsatz kommt." Unter dieser Prämisse hat er im Sommer - erstaunlich still und leise - den halben Kader verkauft oder verliehen, darunter vier Mittelstürmer. Drei sind noch übrig: der seit geraumer Zeit verletzte Bas Dost sowie der Bundesliga-Neuling Stefan Kutschke. Und Ivica Olic.

"Wir sind da sehr gut aufgestellt", entgegnet Allofs denjenigen, die an seiner Angriffsplanung zweifeln. Er verweist darauf, dass Trainer Hecking auf ein System mit einer Spitze setze, und dass der VfL nur in zwei Wettbewerben (Liga und Pokal) mitmische. "Da brauchen wir nicht zwingend vier Topstürmer", meint Allofs.

Dass die Zweifler zuletzt immer zahlreicher wurden, hatte vor allem mit der Frage zu tun, ob der 34 Jahre alte Olic noch ein Topstürmer ist. Der Kroate erweckte zu Beginn der Saison nicht den Eindruck, als würde er jemals wieder ein Tor treffen. Dass die meisten Zweifler inzwischen lieber die Klappe halten, hängt allerdings auch an Ivica Olic. In den zurückliegenden drei Spielen traf er vier Mal.

Jeder Stürmer braucht Tore, aber Olic braucht sie besonders, um das Fußballvolk zu überzeugen. Sein Spiel sieht nicht besonders elegant aus. Kopf runter und durch - und dann auf das Bauchgefühl vertrauen, das ist seine Art, Fußball zu spielen. Trainer Hecking spricht nicht von Bauch, sondern vom "Näschen", aber das sind bei Stürmern bekanntlich zwei Organe mit ähnlicher Funktion.

"Hier kommt der alte Mann"

Olic' Näschen hat ihn immerhin zu zwei Weltmeisterschaften mit Kroatien, in zwei Champions-League-Finals mit dem FC Bayern sowie zu einem Uefa-Cup-Sieg mit ZSKA Moskau (2005) geführt. In Wolfsburg musste er wohl auch deshalb so lange nach seinem Geruchssinn suchen, weil er am Anfang oft im linken Mittelfeld eingesetzt wurde. Da war der Weg des Näschens zum Tor zu weit. "Er war auf der Außenposition überhaupt nicht glücklich", erzählt Allofs.

Hecking hat Olic - womöglich auch aus Mangel einer Alternative - wieder zum Nasenmann Nummer eins gemacht. Im Moment scheinen damit alle Seiten ihr kleines Glück zu finden. Die Spiele des VfL Wolfsburg sind nicht immer ein Fall für Genießer. Im Gegensatz zur Magath-Spätphase zerbröselt die Mannschaft aber nicht mehr in ihre Einzelteile, wenn es mal nicht so läuft. Hecking mag das sehr. Er kann schwärmerische Vorträge über die Kunst halten, sich in ein mittelmäßiges Spiel "reinzubeißen". Genau für solche Fälle aber gibt es weit und breit keinen Besseren als Olic. Er ist der Reinbeißer der Liga.

Ob das alleine für die ganz großen Ziele des VfL reicht, ist eine andere Frage. Anlässlich des Auswärtsspiels beim FC Bayern (Samstag, 15.30 Uhr) kann man sich mal wieder die herrlich absurde Frage stellen, wo dieser VfL wohl stünde, wenn Mario Mandzukic noch da wäre. Wenn ihn Magath im vergangenen Jahr nicht für vergleichsweise läppische 13 Millionen Euro an den FC Bayern verkauft hätte.

In München sprechen sie inzwischen vom Transfer mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Wolfsburg hat damals den etwas angestaubten Olic vom FC Bayern bekommen. Lässt man das üppige Gehalt mal außer Acht, wird dessen Preis-Leistungs-Verhältnis indes auch immer besser. Er kam ablösefrei. Da haben sie in Wolfsburg schon ganz andere Summen ausgegeben für Spieler, die mal treffen - und mal nicht.

Olic weiß selbst, dass er die längste Zeit seiner Karriere hinter sich hat. "Hallo, hier kommt der alte Mann", ruft er den Reportern entgegen, die jetzt nach Spielen wieder häufiger auf ihn warten. Sein Vertrag endet im Juni 2014. Noch vor wenigen Wochen deutete vieles darauf hin, als bestreite er gerade seine Abschiedstour durch die Bundesliga. Er wolle vielleicht noch mal ein Jahr in den USA oder in Dubai kicken, deutete Olic an.

Inzwischen klingt es wieder ganz anders, wenn er über seine Pläne spricht. Allofs und Hecking haben sich noch längst nicht entschieden, ob sie den Vertrag mit ihrem Reinbeißer noch einmal verlängern. Aber sie freuen sich natürlich, wenn sie wieder danach gefragt werden.

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