Wolfsburger Unentschieden gegen Bremen:Salomonisch gegen die alte Liebe

Das erste Heimspiel von Klaus Allofs beim VfL Wolfsburg endet mit einem Unentschieden gegen seinen Ex-Klub. Werder Bremen geht zwar zunächst in Führung, kassiert aber dann den Ausgleich - und muss am Ende noch bangen.

von Carsten Eberts

VfL Wolfsburg - Werder Bremen

Beliebtes Fotomotiv in Wolfsburg: Klaus Allofs bei seiner Heim-Premiere gegen Bremen.

(Foto: dpa)

Der Tunnel zum Spielfeld verdunkelte sich, als Klaus Allofs die Treppen hinauf stapfte. Schuld war weder eine plötzliche Sonnenfinsternis noch der Ausfall des Flutlichts, sondern eine menschliche Wand: Zu einem vierstöckigen Turm hatten sich die Fotografen gestapelt, um den Wolfsburger Geschäftsführer hundertfach abzulichten. Bei seinem ersten Gang aufs Feld für seinen neuen Verein, den VfL Wolfsburg. Ausgerechnet gegen seinen alten Herzensklub Werder Bremen.

Allofs war die Hauptperson an diesem Nachmittag, daran bestand kein Zweifel. Nur zehn Tage nach seinem Abschied in Bremen musste Allofs gegen seinen alten Klub ran, das hätte kein Spieltagplaner besser hinbekommen können. Das Ergebnis war dann geradezu salomonisch: Nach Treffern von Marko Arnautovic (35. Minute) und Bas Dost (64.) endete die Partie 1:1 - Allofs musste also nicht erklären, wie es ist, gegen seinen Ex-Klub zu gewinnen.

Allofs und Schaaf hatten sich zuvor bemüht, die Brisanz aus der Partie zu nehmen. 13 Jahre lang hatten die beiden Freunde zuvor in Bremen zusammen gearbeitet - alles kein Problem, verkündeten sie unisono. Damals, im Bremer Trainingslager, hätten sie schließlich schon mal gegeneinander gespielt: im Fußballtennis. Auch verteidigte Allofs erneut den Zeitpunkt für seinen Wechsel. Dieser sei ideal gewesen, sagte Allofs im Interview mit der SZ. Schließlich habe Allofs in Bremen nach dem Umbruch ein gut bestelltes Team übergeben.

Wie gut, das sah der Neu-Wolfsburger vom Anpfiff weg. Denn Werder war zunächst das bessere Team. Vor allem Allofs jüngste Zugänge, der Belgier Kevin de Bruyne und der frühere Münchner Nils Petersen, stellten die Wolfsburger Defensive vor Probleme. Die beste Chance hatte Petersen, als er im Fallen frei vor VfL-Keeper Diego Benaglio scheiterte (7. Minute). Nach 17 Minuten betrug das Eckenverhältnis 5:0 für Werder.

Aufregende Szenen nach der Pause

Wolfsburg trat zum sechsten Mal mit derselben Startelf an. Interimscoach Lorenz-Günter Köstner hatte nach den Erfolgen der vergangenen Wochen keinen Grund zur Umstellung. Obwohl, Interimscoach? Allofs äußerte seit seinem Einstand in Wolfsburg auffallend positiv über Köstner, Personalentscheidungen stünden ohnehin erst einmal nicht an. Zu ihrer ersten Chance kamen die Wolfsburger jedoch nur unter freundlicher Mithilfe der Werder-Abwehr: Hasebe flankte aus dem Halbfeld in den Strafraum, Sokratis fälschte den Ball so gefährlich ab, dass er an den rechten Pfosten klatschte (31.).

Die Partie war damit zum Leben erwacht. Erst köpfte Wolfsburgs Dost aus sieben Meter völlig frei an den Pfosten (34.). Während er sich grämte und das Gesicht in seinen Händen vergrub, fiel auf der Gegenseite der Führungstreffer. Elia, ebenfalls eine Allofs-Verpflichtung, ließ sich bei seinem Flankenlauf nicht aufhalten, von der Grundlinie steckte er den Ball in die Mitte durch auf Arnautovic, der zum 0:1 vollstreckte (35.). Thomas Schaaf jubelte wie aufgedreht und ballte die Fäuste, die Bremer Fans sangen: "Die Nummer eins im Norden sind wir." Auch wenn die Führung zu diesem Zeitpunkt eher glücklich war.

Mit Beginn der zweiten Halbzeit versuchten die Wolfsburger, an diesem Zustand etwas zu ändern. Ein vermeintlicher Treffer von Fagner fand keine Anerkennung, weil Flankengeber Ivica Olic im Abseits gestanden hatte. Kurz darauf flog der Bremer Lukas Schmitz vom Feld, als er Vierinha im Mittelfeld umhaute. "Das ist unfassbar", sagte Schaaf. "Dadurch werden Spiele entschieden. Er geht zum Ball. Ich habe da kein Verständnis für." Allofs passte sein Urteil über die Szene bereits seinem neuen Job an: "Wäre ich noch bei Werder, hätte ich mich auch aufgeregt. Aber objektiv gesehen war es wohl eine gelbe Karte, und in der Summe ist es dann eben Gelb-Rot", sagte er.

Nach dem Platzverweis spürte jeder: Wenn das Spiel noch kippen sollte, dann jetzt. Und es kippte tatsächlich. Ein bisschen zumindest. Mittelfeldorganisator Diego hatte einen seiner lichten Momente, als er Vierinha in die Gasse schickte. Dessen bedachte Hereingabe verwandelte Dost zum 1:1 (64.). Sekunden später rettete Sokratis den Bremern sogar das Unentschieden, als er auf der Torlinie klärte. Wolfsburg war plötzlich das bessere Team.

Beide Teams hatten noch die Chance auf den Sieg. Bremens Aaron Hunt traf bei einem Freistoß nur den Pfosten (82.), hätte Vierinha zwei Minuten später nach einem Sololauf besser gezielt, hätten wohl die Wolfsburger gewonnen. Doch er schoss knapp am linken Pfosten vorbei. Es blieb beim 1:1. Die Bremer Fans sangen: "Thomas Schaaf, du bist der beste Mann." Echte Liebesbekenntnisse für Klaus Allofs von den Wolfsburger Anhängern blieben an diesem Nachmittag noch aus.

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