Wolfsburger Sieg im Supercup:Die Bayern gehörig gepiesackt

Wolfsburger Sieg im Supercup: Freuen sich wie über einen richtigen Titel: die Wolfsburger Spieler

Freuen sich wie über einen richtigen Titel: die Wolfsburger Spieler

(Foto: AP)
  • Der VfL Wolfsburg holt sich gegen den FC Bayern im Elfmeterschießen den Sieg im Supercup, weil Xabi Alonso als einziger verschießt.
  • Die Wolfsburger wollen sich den ersten Titel der Saison nicht kleinreden lassen und freuen sich, dass Kevin De Bruyne zu "99,9 Prozent" bleibt.
  • Die Bayern ärgern sich derweil, dass sie ihre Chancen nicht nutzen konnten.

Von Carsten Eberts, Wolfsburg

Im Moment der höchsten Anspannung war das Gerede vom "Titelchen" vergessen. Die Wolfsburger standen im Mittelkreis, Arm in Arm. Ihre Augen fixierten starr Nicklas Bendtner, ihren finalen Elfmeterschützen, der zum Punkt schritt. Bendtner schoss, Bendtner traf - da wetzten die Teamkollegen los. Es wurde ein Jubelsprint, der sich von den Jubelsprints, die es nach großen Titelgewinnen zu bestaunen gibt, rein gar nicht unterschied.

Die Bayern hingegen drehten ab. Sauer, verärgert über sich selbst. Nicht mal der Siegerehrung, als die Wolfsburger im Konfettiflitter die Trophäe für den Gewinn des Supercups 2015 überreicht bekamen, wohnten sie bei. Da waren sie längst verschwunden.

"Ist ok", sagte Wolfsburgs Geschäftsführer Klaus Allofs, darauf angesprochen, ob es sich hierbei nicht um eine Verletzung der Etikette gehandelt habe. Allofs lächelte milde. Er wusste, dass sein Team die Bayern an diesem Abend genug gepiesackt hatte.

Karl-Heinz Rummenigge, der Bayern-Boss, hatte den Supercup zuvor zum "Titelchen" degradiert. Das Aufeinandertreffen zwischen Meister München und Pokalsieger Wolfsburg sei zwar ein nettes Kräftemessen vor Saisonbeginn, so die offizielle Lesart: mehr aber auch nicht. Die wichtigen Titel werden im Frühjahr vergeben, in Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League. Nicht schon im Sommer, neun Monate zuvor. Dass es am Ende im dritten Anlauf in Serie, nach 2013 und 2014, nicht zum Gewinn des Supercups gereicht hatte, wurmte die Bayern dennoch.

Nicht das bloße Ereignis, sondern das Zustandekommen des 5:6 (1:1) nach Elfmeterschießen. Durch einen Treffer von Arjen Robben (49. Minute) hatten die Münchner geführt, anschließend gute Gelegenheiten vergeben. Bendtner war es, der die Wolfsburger mit dem letzten Angriff zum Ausgleich brachte (89.). Im Elfmeterschießen parierte VfL-Keeper Koen Casteels dann artistisch den Strafstoß von Xabi Alonso - das genügte.

"Dieses Spiel müssen wir früher entscheiden", moserte Robben, der selbst das 2:0 auf dem Fuß hatte. Er sei "enttäuscht" und auch "sauer" über die Finalniederlage, denn wenn man so will, haben die Bayern nun ein unliebsames Triple voll gemacht: drei verlorene Supercup-Finals in Serie. "Ein Titel ist ein Titel. Es ist schade", konstatierte Coach Pep Guardiola. Die obligatorische Nachfrage nach seinem Verbleib in München über den Sommer 2016 hinaus blockte er ab ("Nächste Frage, bitte"). Die Stimmung war schon mal besser.

Ein echter Titel, kein Titelchen

Anders bei den Wolfsburgern. Hier mischte sich Freude über den Sieg mit der Lust, dem Konkurrenten verbal noch einen Stich mitzugeben. "Wir haben Blut geleckt", erklärte Trainer Dieter Hecking und plauderte entspannt über den "zweiten Titel in acht Wochen", nach dem DFB-Pokal-Sieg Anfang Juni, was sich aus Wolfsburger Sicht nach einer kleinen Serie anhört. "Wir sind die Mannschaft, die immer zurückschlagen kann", erklärte Hecking. Ein Satz, der den Bayern im Gedächtnis bleiben soll.

Auch Geschäftsführer Allofs war plötzlich darauf bedacht, den Supercup-Sieg zu einer sehr ernsthaften Angelegenheit erwachsen zu lassen. Man müsse diesen Erfolg "nicht klein reden", erklärte Allofs. Ein Sieg gegen die Bayern, wenn auch drei Wochen vor dem Ligastart, zeuge von der "Siegermentalität, die wir versucht haben, im vergangenen Jahr zu entwickeln". Ein echter Titel, kein Titelchen, gar keine Frage.

Allofs kam ins Plaudern. Die Leistung von Keeper Casteels habe ihm gefallen, der in seinem ersten Spiel für den VfL einen entscheidenden Elfmeter parierte. Auch dass Bendtner als Matchwinner auftreten durfte, mit seinem Tor kurz vor Schluss und dem verwandelten Elfmeter, passte ihm in den Kram. Er hoffe, bei Bendtner, über dessen Leistungsentwicklung sie sich zuletzt Sorgen gemacht haben, sei "endlich der Groschen gefallen".

Und auch in Sachen Kevin De Bruyne hatte Allofs Positives zu vermelden. Der Belgier, der Bendtners Ausgleichstreffer herrlich vorbereitet hatte, aber leider immer wieder von Großklubs wie Manchester City mit Fantasiesummen umworben wird, bleibe zu "99,9 Prozent" in Wolfsburg. Vor dem Spiel wurde De Bruyne als bester Bundesliga-Spieler der vergangenen Saison ausgezeichnet, Trainer Hecking als bester Coach. Zwei Ehren, die der Kategorie "Titelchen" zuzuordnen sind. Die die Bayern aber, wenn sie ehrlich sind, ganz gerne selbst gewonnen hätten.

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