Wolfsburg siegt im Elfmeterschießen:Anekdoten aus dem Hotelzimmer

Bayern München - VfL Wolfsburg

Überlegen gespielt, glücklich gewonnen: Die Spielerinnen vom VfL Wolfsburg stürmen ihrer letzten Elfmeterschützin, Caroline Hansen, entgegen.

(Foto: Marcel Kusch/dpa)

Die VfL-Spielerinnen gewinnen das Finale gegen den FC Bayern München. Ihren Traum vom zweiten Triple in der Vereinsgeschichte können sie damit in der kommenden Woche verwirklichen.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Als die Fußballerin Almuth Schult am Samstagmorgen aufgewacht ist, war ihr mulmig zumute. "Nilla", sagte sie zu ihrer Zimmernachbarin Nilla Fischer, "ich habe ein komisches Gefühl, ich glaube, es gibt Verlängerung." Fischer antwortete: "Nicht dein Ernst, oder?" Aber Schult meinte es ernst - und sollte Recht behalten. Doch als die Torhüterin vom VfL Wolfsburg am Samstagabend diese Anekdote erzählte, trug sie bereits ein grünes T-Shirt, auf dem vorne drauf stand: "Läuft bei uns."

Viel prägnanter kann man nicht formulieren, was den Wolfsburgerinnen und ihrer Torfrau Schult dieser Tage widerfährt. Am vergangenen Sonntag sind sie vorzeitig deutscher Meister geworden, am Samstag haben sie im DFB-Pokalfinale den FC Bayern München 3:2 (0:0) im Elfmeterschießen besiegt und am kommenden Donnerstag können sie mit einem Champions-League-Triumph gegen Olympique Lyon in Kiew das zweite Triple der Vereinsgeschichte nach 2013 perfekt machen. Maßgeblichen Anteil an allem hat Schult. In bislang neun Bundesliga-Spielen der Rückrunde hat sie noch kein einziges Gegentor zugelassen und im Pokalfinale machte sie nicht nur jede gute Chance der Münchnerinnen zunichte, sondern hielt im Elfmeterschießen auch noch zwei Schüsse. "Irgendwie hatte ich dann doch einen guten Tag", sagte sie. Das mulmige Gefühl vom Morgen war verschwunden.

Bayern und Wolfsburg dürfen zunächst keine Elfmeter schießen

Zum vierten Mal nacheinander hat Wolfsburg in Köln den DFB-Pokal gewonnen. Der FC Bayern verpasste es dagegen, diesen Titel nach 2012 zum zweiten Mal nach München zu holen. Damals hatten sie den 1. FFC Frankurt besiegt, aber am Abend haben die Männer vom FC Bayern ihr Pokalfinale in Berlin gegen Borussia Dortmund verloren. Dass es auch diesmal, sechs Jahre später, keinen gemeinsamen Titeltriumph auf dem Marienplatz geben würde, war demnach schon am frühen Abend klar, noch ehe in Berlin das Finale der Männer gegen Eintracht Frankfurt angepfiffen wurde.

In Köln standen sich zwei offensiv denkende Mannschaften gegenüber, die sich spielerisch absolut ebenbürtig sind. Die Münchnerinnen hatten in der ersten Halbzeit mehrfach die Chance zur Führung, doch scheiterte Fridolina Rolfö ebenso an Wolfsburgs Torfrau Schult (14.) wie Carina Wenninger (18.) und Nicole Rolser (21.), deren Fernschuss dann auch noch auf der Latte landete. Rolfö wurde überdies ein Elfmeter verweigert, als sie von Nilla Fischer gehalten wurde.

Erst nach einer guten halben Stunde setzten die Wolfsburgerinnen mehr entgegen. Nun wurde Caroline Graham Hansen von der Münchnerin Verena Faißt ebenso unsanktioniert im Strafraum gehalten, und Ewa Pajor vergab in der 43. Minute Wolfburgs vorerst größte Chance, als sie den Ball von der Münchner Kapitänin Melanie Behringer serviert bekam, beim Torschuss aber keine Hilfe mehr erhielt, als die Torfrau Manuela Zinsberger entschieden parierte.

Erstmals geht es torlos in die Verlängerung im Pokalfinale

Der VfL Wolfsburg, von Münchens Trainer Thomas Wörle vor dem Finale zur "stärksten Mannschaft Europas" erkoren, kam mit seiner Favoritenrolle erst in der zweiten Halbzeit zurecht. In der 58. Minute hätte das erste Tor des Spiels nun wirklich mal fallen müssen, aber eine Flanke von Lara Dickenmann verpasste erst Pajor per Kopf und dann Hansen per Fuß - beide freistehend vor dem Tor. Einem flotten Spiel mangelte es an Treffern - und zunächst auch an Elfmetern, wollte die Schiedsrichterin Sandra Stolz doch einfach keine geben. Dabei erhielt sie in der 69. Minute dazu zum dritten Mal Gelegenheit, als Münchens Wenninger im Strafraum Wolfsburg Pernille Harder am Fuß traf. So ging in der 38. Auflage des deutschen Frauen-Pokalfinals zum ersten Mal ein Spiel nach 90 Minuten torlos in die Verlängerung.

In dieser feierte die Münchnerin Simone Laudehr ihr Comeback. Sie hatte fünf Monate nicht mehr gespielt, nachdem sie im Dezember am Fuß operiert worden war. Wolfsburg brachte mit Zsanett Jakabfi jene Spielerin herein, die 2016 beide Treffer zum Pokalsieg gegen den SC Sand geschossen hatte. Die Trainer brachten also ihre Joker in die Partie, trotzdem blieb das Spiel torlos bis ins Elfmeterschießen. Schult und Zinsberger parierten beide je zwei Elfmeter, entscheidend wirkte sich darum aus, dass Münchens überragende Kristin Demann ihren Elfmeter an die Unterkante der Latte knallte. "So eklig kann Fußball sein", sagte Simone Laudehr. Bei einigen Münchnerinnen flossen darum Tränen, während die Wolfsburgerinnen den Glitterregen genossen.

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