VfL Wolfsburg im DFB-Pokal:Pizza für De Bruyne

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Kevin De Bruyne (li.): Stark umworben, aber noch in Wolfsburg (Foto: imago/Avanti)
  • Der VfL Wolfsburg spielt im DFB-Pokal gegen die Stuttgarter Kickers sehr variabel.
  • Neueste Gerüchte um einen Wechsel kommentiert Kevin De Bruyne nicht.
  • Hier geht es zu allen Ergebnissen der ersten Pokalrunde.

Von Matthias Schmid, Stuttgart

Kevin De Bruyne hatte sich in eine ruhige Ecke des Stadions zurückgezogen und sein Trikot wie einen Papierknäuel zusammengefaltet. Dass der 24-Jährige keiner dieser militanten Sonnenanbeter ist, konnte jeder an seinem Oberkörper erkennen: Der war weiß wie Schnee, Kopf und Arme dagegen krebsrot.

Ob der Mittelfeldspieler des VfL Wolfsburg bei mehr als 35 Grad Außentemperatur in diesem Moment von Schneeflocken und Skihütten träumte, war nicht zu rekonstruieren. Er wollte nichts sagen, er hatte wohl keine Lust darauf, neueste Meldungen aus England kommentieren zu müssen, Manchester City will ihn ja verpflichten - und soll das Angebot noch mal erhöht haben.

Bentley Baxter Bahn bekommt das Trikot

Was De Bruyne darüber wirklich denkt, behält er für sich, er war nur froh, dass ihn die Sonne hier in den Katakomben nicht erreichen konnte. Er stand so abseits in der Ecke, weil er sein Trikot einem Kickers-Spieler mit dem schönen Namen Bentley Baxter Bahn versprochen hatte. Als dieser es schließlich entgegennahm, lächelte er wie einer dieser Fans, die täglich in den Sommerferien nach dem Training in Wolfsburg auf De Bruyne warten und ein Autogramm ergattern wollen. Ein kurzer Handshake - und der Belgier verschwand wortlos in der Kabine.

Sein Klub hatte das Tagwerk beim Drittligisten Stuttgarter Kickers ähnlich unaufgeregt bewältigt wie De Bruyne seinen Trikottausch, die Wolfsburger gewannen die erste Pokalrunde mit 4:1 (2:0). "Ich bin phasenweise sogar sehr zufrieden", sagte Trainer Dieter Hecking hinterher.

Das lag natürlich an De Bruyne, diesem formidablen Fußballer, dessen Aktionen sogar die Stuttgarter Fußballfreunde mit "Aaahs" und "Ooohs" begleiteten. Sein erster richtiger Ballkontakt hatte die frühe 1:0-Führung (4.) beschert. Er flankte von der rechten Seite so präzise und scharf in den Strafraum, dass Max Kruse nur noch seinen Kopf hinhalten musste. Hecking hatte sich gegen die Kickers für eine neue aufregende Variante entscheiden. Er bot Zugang Kruse als hängende Spitze hinter oder neben Bas Dost auf. So genau war das nicht zu erkennen, da sich der 27-Jährige viel bewegte und die beiden oft rochierten.

Offensichtlich war aber, dass De Bruyne auf der rechten Außenposition begann, über links stürmte Ivan Perisic. Aber nicht einmal Kruse konnte später genau erklären, welche Position er tatsächlich inne hatte. "Es ist auch egal, was auf der Taktiktafel steht", fand der Nationalspieler, "wichtig ist nur, dass wir vier Offensivspieler vorne jede Position bekleiden können." In der Tat war es erstaunlich, wie gut das Zusammenspiel zum Ende der Saisonvorbereitung schon klappte.

Kruse war es dann auch, der De Bruyne nach dem zwischenzeitlichen 2:0 von Dost (45.) in der 47. Minute das 3:0 ermöglichte. Der Belgier täuschte im rechten Strafraum einen Schuss an, zog den Ball Richtung linken Fuß, um ihn dann mit dem rechten Außenrist ins lange Eck zu schlenzen - ein Weltklassetor. "Wir haben die Treffer zum richtigen Moment gemacht", sagte Kruse.

Supercup-Torschütze Bendtner saß zunächst auf der Bank

Sein Trainer schloss sich dieser Einschätzung an. Denn auch wenn Wolfsburg nach vorne ansehnlich, direkt und schnell kombinierte, in der Rückwärtsbewegung entstanden immer wieder Räume, die die Kickers für sich nutzten. "Das müssen wir am ersten Spieltag gegen Frankfurt deutlich besser machen", tadelte Hecking. Dem Fußballlehrer imponierte allerdings, dass die Stuttgarter nicht nur verteidigten und das Spiel zerstören wollten. Sie spielten mutig nach vorne und hatten durch Erich Berko (24.) und Gerrit Müller (41.) sogar zwei gute Chancen per Kopf, "die sie sogar reinmachen müssen", wie Kruse betonte.

In der 79. Minute belohnten sie sich für ihren couragierten Auftritt im mit fast 10 000 Zuschauern besetzten Stadion. Der eingewechselte Lhadji Badiane traf zum 1:3 per Kopf. Doch eine irre Wendung sollte die Pokalpartie gegen den Titelverteidiger nicht mehr nehmen, im Gegenteil. Nach einem Flachschuss von De Bruyne konnte Kickers-Torhüter Carl Klaus, ein ehemaliger Wolfsburger, den Ball nicht festhalten, den Abpraller bugsierte der eingewechselte Nicklas Bendtner über die Linie (86.).

Dass sich der Däne nach seinem imposanten Auftritt und zwei Toren im Supercup-Sieg gegen den FC Bayern in Stuttgart zunächst auf der Bank langweilen musste, sagt viel aus über die Qualität der Wolfsburger in dieser Saison. "Wir sind vorne mit Kruse viel variabler geworden und viel schwerer für den Gegner auszurechnen", stellte Manager Klaus Allofs genüsslich fest.

Und noch weit nach Spielende gelang es den Wolfsburgern, die Kickers zu überraschen. "Was, die essen Pizza?", fragte Kickers-Spieler Gerrit Müller erstaunt, als er sah, dass ein Betreuer einen Wagen fast bis zur Decke gestapelt in die Kabine schob. Zum Dickmacher wurden noch Colaflaschen gereicht. Kevin De Bruyne griff sich als Erster einen Karton mit Pizza. Er dampfte noch.

© SZ vom 09.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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