Wolfburger Fehlstart:VfL Frankenstein

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Im neuen Trikot noch ohne Tor: Nationalspieler Mario Gomez. (Foto: Oliver Hardt/Getty Images)

Der Klub schlittert in der Tabelle weiter runter - das 1:2 in Bremen bestätigt den Trend. Auch Mario Gomez hat noch nicht getroffen.

Von Javier Cáceres, Bremen

Es war ein Abend, an dem die Wolfsburger deftige Worte fanden. "Darf man das sagen: Sch...spiel?", erkundigte sich VfL-Manager Klaus Allofs, als er in den Katakomben des Bremer Weserstadions vor die Journalisten trat und ein derart eindeutiges Echo fand, dass jeder Zweifel verflogen war. "Das geht zu hundert Prozent in die Kategorie Sch...spiel", sagte er, als er sich in der Wortwahl bestätigt fühlte und ließ das Wort nachhallen.

Der Ärger war überaus verständlich. "Wenn man so in Führung geht, muss man dieses Spiel gewinnen", sagte Allofs. 69 Minuten lang hatte sich der VfL gegen Werder Bremen als Elf voller Unzulänglichkeiten erwiesen, "es wäre leichter gewesen, die Bälle zu zählen, die an den Mann gekommen sind", sagte Allofs. Dann bugsierte Werder Bremens Abwehrmann Robert Bauer einen Flankenball von Jannes Horn ins eigene Netz. Dennoch ging das Spiel noch 1:2 verloren, durch die späten Tore von Werders Stürmer Lennart Thy (89.) und Rechtsverteidiger Theodor Gebre Selassie in der Nachspielzeit. Trainer Dieter Hecking war entsetzt. Er hatte erwartet, dass seine Männer "sich daran aufgeilen, dass sie dieses Ergebnis haben, dieses 1:0, und dass sie es nach Hause bringen". Stattdessen gaben sie einen unverdienten Vorsprung her. "Es war absolut verdient, dass wir verloren haben", resümierte Hecking noch und kündigte an, "intern noch mal richtig Tacheles reden" zu wollen.

Angebracht ist das wohl, Wolfsburg summiert nun vier Spiele in Serie ohne Sieg. Gegen Werder war 90 Minuten lang keine gemeinsame Spielidee zu entdecken, was sich unter anderem auch darin äußerte, dass der mit Jubelarien begrüßte, neue und noch immer torlose Mittelstürmer Mario Gomez sich zwar aufrieb, aber kein vernünftiges Zuspiel erhielt. Gomez, der als klassischer Mittelstürmer natürlicher Kulminationspunkt des Wolfsburger Spiels sein müsste, hing wie am Dienstag beim 1:5 gegen Dortmund in der Luft. Julian Draxler, der talentierteste Wolfsburger, verströmt sein Können nur noch mit der Pipette, wie zu seiner Anfangszeit beim VfL. Es ist, als mache er gerade einen ziemlich großen Rückschritt - in einer Elf, die frankensteinhaft wirkt. Kein Teil will sich ins andere fügen. Im Gegensatz zum Spiel gegen den BVB, bei dem viele VfL-Chancen den Blick auf die Ideenarmut des Teams verstellten, ließen die Wolfsburger diesmal die Primärtugenden vermissen. Mittelfeldspieler Maximilian Arnold haderte, man habe genau jenen Kampf nicht angenommen, den Manager Allofs prognostiziert hatte: "Wer sich nicht für Fußball interessiert, dem ist es gesagt worden: Werder wird kämpfen und 90 Minuten lang vom Publikum getragen werden."

In welche Lage sich der VfL manövriert, ist nach fünf Spieltagen noch nicht verlässlich zu sagen. Doch die Symptome sind aus Wolfsburger Sicht alles andere als beruhigend. Dass man nach fünf Spieltagen nur fünf Punkte habe und damit im unteren Mittelfeld der Tabelle stehe, sei zu wenig, gab Allofs zu: "Aber das größere Problem ist, dass wir nicht gut spielen." Die Trägheit, die das Wolfsburger Spiel in eine quälende Angelegenheit verwandelt, beruht auf Fehlern in grundlegenden Dingen. "Jeder Pass wird unsauber gespielt, jeder Ball wird unsauber angenommen, da kann kein Schwung und kein Rhythmus reinkommen", erklärte Allofs. Das sollte sich allmählich einstellen. Denn allzu lange wird sich der VfL-Eigner namens Volkswagen AG mit dem Mittelmaß seiner Fußballfiliale nicht zufriedengeben wollen.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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