Fußball-Bundesliga:Deutsches Leicester gesucht

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Fußball-Märchen: Wes Morgan (Mitte) feierte in dieser Saison mit Leicester City die englische Meisterschaft. (Foto: AFP)

Die Bundesliga feiert den milliardenschweren Fernsehvertrag. Doch wenn der Geldsegen weitergehen soll, darf der deutsche Fußball nicht so langweilig bleiben.

Von Ralf Wiegand

Ein kurzer Ritt durch die Reaktionen zum neuen Fernsehvertrag für die Fußball-Bundesliga offenbart allumfassende Glückseligkeit. "Großartig", "überragend", "alle Erwartungen übertroffen" - nichts trübte die Freude der Vereinsbosse an der Erlössteigerung um 85 Prozent, die die Deutsche Fußball Liga (DFL) als ihre Interessenvertretung bei der Vergabe der Medien-Rechte herausgepokert hat.

Mehr Geld war schon immer die beste Nachricht im Profifußball. Unkommentiert freilich blieb der deutliche Schuss vor den Bug, den DFL-Boss Christian Seifert den Klubs noch vor der Leerung des Füllhorns verpasst hatte: "Die Klubs müssen uns sportliche Argumente für die Vermarktung liefern", sagte Seifert streng, "der spannende Abstiegskampf in der Bundesliga wird nicht genug sein, um weiter zu wachsen."

Rumms, das hat gesessen. Übersetzt heißt das: Wenn es mit dem Geldsegen nicht bald vorbei sein soll, darf der deutsche Fußball nicht so langweilig bleiben, wie er zuletzt war. Die letzten vier deutschen Meisterschaften, allesamt vom FC Bayern München vorzeitig gewonnen, mögen ein Ausdruck der Stärke des Bundesliga-Primus gewesen sein. Verkaufen lassen sich die bayerischen Alleingänge vor allem im Ausland aber nur schwer.

Es gehört zu den Treppenwitzen des Fußballs, dass immer wieder das Beispiel England dafür herhalten muss, wenn es um fehlende Chancengleichheit in der Hochfinanzwelt des Fußballs geht. Manchester United, Manchester City, der FC Chelsea, solche Klubs hätten schon durch die in England erlaubten und in Deutschland verbotenen Investoren-Modelle ganz andere Möglichkeiten - jedem Klub sein Scheich oder Oligarch; und dann kämen noch die zuletzt vier mal höheren Rechte-Einnahmen obendrauf.

Aber was war in eben diesem England zuletzt passiert: Leicester City, ein Team aus Gescheiterten, Aussortierten und Namenlosen, schrieb ein Fußball-Märchen, das die ganze Welt verfolgte. In England war die Meisterschaft bis in die Schlussphase hinein so spannend, dass noch vier Teams den Titel hätten holen können. Zuletzt lachte Leicester, ein Verein ganz ohne Scheich.

Der FC Bayern bekommt am meisten

Was Seifert formuliert hat, ist die Aufforderung an die Bundesliga, ein deutsches Leicester wieder möglich zu machen. Der Kreis, aus dem der Meister hierzulande zu suchen ist, schrumpfte in den letzten Jahren zu einem Punkt zusammen, der den FC Bayern München markiert. Die Verteilung der Fernsehgelder, die sich ausschließlich an den Tabellenplätzen der letzten fünf Jahre orientiert, zementiert das steile Gefälle in der Bundesliga weiter. Je dauerhafter der Erfolg, umso höher die TV-Einnahmen. In der Saison 2015/16 haben die Bayern beispielsweise rund 40 Millionen Euro aus dem Topf der nationalen Rechte erhalten, der Überraschungsaufsteiger Darmstadt (eine Art kleines, hessisches Leicester der vergangenen Saison) lediglich 20 Millionen.

Die Aufgabe für die Bundesliga ist schwierig. Ihre Besten müssen international mit spanischen, englischen und italienischen Klubs mithalten können, sollen aber national für die Konkurrenz in Schlagweite bleiben. Der letzte Teil wird wichtiger, will sich die Bundesliga als Premium-Produkt auch in Asien oder den USA behaupten. Die offene Warnung von DFL-Chef Seifert, dass die Vermarktbarkeit ansonsten gefährdet ist, dürfte die Verteilungsdiskussion unter den Klubs wieder in Gang bringen. Die Bayern testen eh alle paar Jahre die Stimmung für eine Einzelvermarktung; Traditionsklubs wünschen sich, dass ihre Historie und Fan-Basis mit honoriert werden. Die Freude über mehr Geld ist also groß - die Frage, was die Liga daraus macht, ist größer.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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