WM-Tagebuch "Blog do Brasil":Die Katzen von Maracanã

Rio De Janeiro Prepares For The World Cup

Eher unfreiwillig im WM-Fieber: Eine brasilianische Katze in Rio de Janeiro.

(Foto: Getty Images)

Das leerstehende Indianermuseum am Maracanã ist belebter, als es aussieht: Seit 40 Jahren wohnen dort streundende Katzen, die von einer Gruppe Freiwilliger versorgt werden. Kein leichter Job, denn das Füttern ist verboten.

Von Konstantin Kaip, Rio de Janeiro

Das verfallene ehemalige Indianermuseum direkt neben dem Maracanã-Stadion steht leer. Unbewohnt ist es jedoch nicht. Das merkt man aber nur, wenn Marilene José vorbeikommt. Die 58-Jährige hält nachmittags in der Parkbucht davor und hievt zwei große schwere Plastiktüten aus ihrem metallic-grauen Kleinwagen. Hastig legt sie vor dem Bauzaun Styroporschalen aus, die sie mit Katzenfutter aus einem großen Sack füllt. Es dauert wenige Sekunden, dann kommen die Katzen.

Erst sind es drei, dann acht, dann mehr als 20. Dreifarbig gescheckte, schwarze und graue Streuner machen sich hastig über das Futter her. Die Dame mit der Kurzhaarfrisur füllt nach und muss immer wieder die Tauben vertreiben, die respektlos um die Speisung konkurrieren. Dann kommt ein Jeep der Guarda Municipal, des städtischen Ordnungsamtes, angefahren. Marilene diskutiert mit den Beamten, schnaubt, stellt die Schalen zur Seite. Als der Wagen weg ist, lädt sie wieder auf.

"Ich darf die Katzen nicht füttern", schimpft sie. Wegen der Tauben, die vom Katzenfutter krank werden sollen, und wegen des Wassers, das angeblich eine Quelle für Dengue-Fieber darstelle. "Dabei ist Tierquälerei per Gesetz verboten, und die Tiere hungern zu lassen ist Tierquälerei!" Kastrieren lassen müsse man sie, aber dafür habe die Stadt kein Geld übrig.

Also kümmern sich ältere Anwohner um die Streuner. Seit vierzig Jahren, wie Marilene erzählt. Die Aufgabe teilt sie sich derzeit mit Natalia, Dona Carmen und Seu Cândido: "Sehr anständige Leute." Bis vor kurzem hätten noch 100 Katzen in der Ruine gehaust, aber beim Umbau des Stadions seien viele ums Leben gekommen.

Als dann plötzlich dreißig berittene Polizisten in martialischen schwarzen Plastikrüstungen um die Ecke kommen, ist Marilene schon wieder bei ihrem Auto. "Da wo diese Pferde herkommen", ruft sie einem noch zu, "habe ich vergangene Woche fünf Fohlen gerettet!" Bevor man nachfragen kann, ist sie schon eingestiegen und gibt Gas.

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