WM-Tagebuch "Blog do Brasil":Paranoia am Traumstrand

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Vorne Ipanema, hinten Leblon: In Rio sind die Übergänge fließend. (Foto: Michaela Metz)

Ipanema, welch' schöner Anblick! Am wohl berühmtesten Strand Brasiliens ist die Bademode knapp und der Platz riesig. Zwei junge Einheimische suchen trotzdem Nähe - und sorgen für Verunsicherung. Was SZ-Reporter bei der WM erleben.

Von Michaela Metz, Rio de Janeiro

Endlich ein entspannter Nachmittag am Strand von Ipanema. Ganz nach Art der Carioca (so nennen sich die Einwohner von Rio de Janeiro) habe ich es mir auf meinem Klappstuhl bequem gemacht, ausgestattet mit dem knappsten Bikini, den ich im Koffer finden konnte (und der ist immer noch gewaltig im Vergleich zu den "Zahnseide"-Modellen der Locals), den Wälzer "Krieg im Sertao" von Euclides da Cunha aufgeschlagen, auch wenn solch klassische Lektüre hier schwerfällt.

Habe zudem schon leckere Pasteis probiert, mit Krabben und Käse gefüllte Teigtaschen, von einem der fliegenden Händler - da blieb sogar Zeit für einen netten Plausch. Schön ist die Welt. Das Meer ist ruhig heute, die Luft frisch, als diese beiden Jungs ankommen. Höflich fragen sie, ob ich ein Auge auf ihre Klamotten haben könnte, während sie sich im Meer abkühlen. Klar, kein Problem!

Aber warum setzen sie sich nun genau neben mich in den Sand? Heute ist wirklich nicht viel los, kein Strandgetümmel wie an den Wochenenden oder im brasilianischen Sommer. Kein Platzmangel. Ich fange an, mich unwohl zu fühlen, höre Wortfetzen wie "die Frau" und: "später". Gekicher. Verstohlen blicke ich mich um. Cool bleiben! Der Mann neben mir scheint die Jungs auch schon zu beobachten. Folge ich gerade einer ungerechtfertigten Brasilien-Paranoia, einem typischen Vorurteil?

Diskriminiere ich die beiden Teenager, indem ich befürchte, sie könnten mich überfallen? Ein wenig zu forsch bitte ich den einen, seine Klamotten wieder zu sich zu nehmen und deute vorsichtig an, er möge sich etwas entfernen. Tatsächlich folgt er meiner Bitte, nun ist er verunsichert. Nach einer Weile trollen sie sich in Richtung Leblon, dem nächsten Strand, und ich fühle mich schlecht.

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