WM-Tagebuch "Blog do Brasil":Jedem Dackel sein Leibchen

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Hund, verkleidet als Fan (Foto: REUTERS)

Viele Menschen in Brasilien streifen ihren Dackeln gelbe Brasilien-Hemden über. Die wurstförmigen Tiere tragen das Trikot mit der ihnen eigenen Würde - und wagen sich verkleidet sogar in Gefahrenzonen. Was SZ-Reporter bei der WM erleben.

Von Holger Gertz, Rio de Janeiro

Wer den Dackel als sehr deutschen Hund begreift, liegt natürlich daneben. Man findet ihn auch in Rio, er sieht ziemlich genauso aus wie die Dackel, die man aus Dortmund-Dorstfeld kennt oder aus München-Giesing. Allerdings wirkt der sowieso wurstförmige Hund in Südamerika noch länglicher, was natürlich auch eine Täuschung sein kann, weil man sich innerlich längst darauf eingestellt hat, dass alles irgendwie länger ist in Brasilien.

Die Schlangen an der Supermarktkasse sind länger, die Fußballspiele enden selten nach neunzig Minuten. Die Dackel biegen um die Ecke, man schaut zu ihnen runter und fragt sich, wann wohl das gesamte Tier vollständig zu sehen sein wird.

Manche Dackelfreunde lassen ihre Dackel ungern ohne Brasilientrikot aus dem Haus, wenn Brasilien spielt. Brasilianische Dackel tragen die Namen Neymar und David Luiz auf dem Hemd, wobei letzterer besser zum Outfit eines Pudels passen würde. Pudel gibt es auch in Rio, aber seltener - und wenn, treten sie unbekleidet auf die Straße.

Auf keinen Fall flatterhaft

Brasilianische Dackel tragen das Trikot mit der ihnen eigenen Würde, manchmal betreten sie die Copacabana, wo die Gefahr bestünde, dass sie bei stärkerem Wind vom Sand verschüttet würden, mit einem gelben Trikot allerdings leuchten sie aus jeder Verwehung heraus. Die Dackel halten an Neymar fest, obwohl der nicht mehr wird mitspielen können bei der Weltmeisterschaft, aber Dackel gelten als wenig flatterhaft, sie sind in jeder Beziehung keine Windhunde, die gestern dies anziehen und morgen jenes.

Wie ein brasilianischer Dackel das Halbfinale gegen Deutschland auf sich wirken lässt, ob er imstande sein wird, Anteil zu nehmen; ob er sich am Ende in denjenigen wiedererkennt, die das Gleiche anhaben wie er selbst, lässt sich aus der Distanz nur vermuten. Wahrscheinlich ist's ihm wurscht.

© SZ vom 07.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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