WM-Tagebuch "Blog do Brasil":Im Land der Pinkelfrösche

Fußball-WM, Amazonas, Manaus

Die kleinen grünen Amazonasfrösche - wie dieser hier - pinkeln nicht. Andere schon eher, hat unser Reporter in Manaus festgestellt.

(Foto: AFP)

Krokodile, Schlangen, Piranhas - unser Reporter muss feststellen, dass seine Unterkunft in Manaus im Dschungel liegt. Zum Glück wissen die Einheimischen, wie man mit den tierischen Mitbewohnern umgehen sollte. Was SZ-Reporter bei der WM erleben.

Von Boris Herrmann, Manaus

Ich habe keine Angst vor Tieren. Jedenfalls nicht vor den gängigen. Pferde, Forellen und Weinbergschnecken mag ich sogar sehr gerne. Die Weltmeisterschaft 2014 findet in einem Land statt, wo die ungewöhnlichen Tiere wohnen.

Im Zentrum von Manaus, der größten menschlichen Siedlung im Regenwald des Amazonas, sind die Gefahren relativ überschaubar. Vorsicht ist dort vor allem im Straßenverkehr sowie in Gegenwart von betrunkenen Engländern geboten. Meine Unterkunft, die ich von Deutschland aus gebucht hatte, befindet sich jedoch nicht im Zentrum. Sie liegt weniger in Manaus als bei Manaus. Das stand auf der Webseite offenbar im Kleinstgedruckten. Am Flughafen wurde ich von einem sehr freundlichen Mann mit einem sehr alten VW-Bus abgeholt. Die Stadt verschwand bald im Rückspiegel. Jetzt wohne ich im Dschungelrandgebiet.

Was Krokodile betrifft, muss ich mir keine Sorgen machen, sagt mein Vermieter. Kleinere Exemplare fängt er sogar mit der Hand (Sein Tipp: Am besten im Nackenbereich zupacken!). Schlangen sind scheu. Spinnen sind friedlich. Piranhas mögen dem Vernehmen nach gar kein Menschenfleisch. Das alles hat mir gleich am ersten Abend derselbe Vermieter erzählt, der plötzlich sagte: "Nimm dich vor diesem Frosch in Acht!"

"Gut, dass du Brillenträger bist!"

Der Frosch klebte über der Eingangstür meiner malerischen Holzhütte. Er sah trotz seiner stattlichen Statur eigentlich ganz putzig aus. Keineswegs wie der wahre Schreck des Urwaldes. Dieser Frosch - er wird vermutlich Perereca genannt, aber da sind sich mein Vermieter und seine Frau nicht so ganz sicher -, dieser Frosch jedenfalls pinkelt seinen Angreifern mit einem gezielten Strahl in die Augen. Das ist nicht nur respektlos, sondern angeblich auch sehr schmerzhaft. Manch einer soll davon schon erblindet sein. "Gut, dass du Brillenträger bist", sagte mein Vermieter.

Bislang dachte ich, Brillen seien nichts als ein Ärgernis. Vor allem in tropischen Gefilden wie Manaus. Wenn man dort aus einem klimatisierten Lokal hinaus ins Freie tritt, beschlagen die Gläser. Und wenn man das gefriergetrocknete Fifa-Medien-Zentrum verlässt, beschlagen sie erst recht. Für solche Fälle haben geübte Brillenschlangen stets einen Satz Kontaktlinsen im Gepäck. Die werde ich schön im Koffer lassen. Denn nur Brillen schützen gegen Augenpinkelfrösche.

Am Morgen des zweiten Tages saß ein kleiner grüner Frosch auf meiner Zahnbürste. Der Vermieter reagierte umgehend auf meinen Notruf. Er konnte mich mit seinem sehr freundlichen Lächeln schnell wieder beruhigen. Inzwischen weiß auch ich: Die kleinen Grünen pinkeln nicht.

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