WM:Perfide Geschäfte des Handball-Weltverbands

Germany v Romania - International Handball Friendly

Immerhin im Internet live zu sehen: Uwe Genscheimer und die deutsche Mannschaft.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Als die TV-Rechte für die WM sehr teuer nach Katar verkauft wurden, klagte im deutschen Handball niemand. Jetzt die öffentlich-rechtlichen Sender oder die Politik anzuschwärzen, ist absurd und scheinheilig.

Kommentar von Ulrich Hartmann

Es ist wichtig, vorweg noch mal klarzustellen, dass die Handball-WM in Frankreich nicht deshalb nicht bei ARD und ZDF zu sehen sein wird, weil den Öffentlich-Rechtlichen außer dem Fußball alles egal wäre. Die leidenschaftliche Debatte, dass das Fernsehen vor allem dem Fußball und dem Wintersport huldigt und vieles andere sukzessive verkümmern lässt, ist zwar angemessen, geht aber am Thema vorbei.

Das Übertragungsproblem rührt aus dem Umstand, dass der Handball-Weltverband IHF unter Leitung des Ägypters Hassan Moustafa die Rechte für zwei Männer- und zwei Frauen-Weltmeisterschaften vor vier Jahren unter fragwürdigen Umständen für 100 Millionen Franken an die katarische Mediengruppe "beIN" verkauft hat. Diesem Unternehmen ist es bisherigen Erfahrungen zufolge ziemlich wurscht, ob die WM-Spiele des Europameisters Deutschland in dessen Heimatmarkt letztlich im Fernsehen, im Internet oder bloß akustisch über die Lautsprecheranlage einer dafür zahlenden Supermarktkette übertragen werden.

Die reichen Katarer haben das finanziell lukrativste deutsche Angebot von ARD und ZDF im vergangenen Sommer zurückgewiesen, weil deren Programm über Satellit beinahe in der ganzen Welt zu empfangen ist. Die Bedingung, das Satellitensignal zu den Handball-Übertragungen zu verschlüsseln, haben die Öffentlich-Rechtlichen abgelehnt, weil dann auch die Bildschirme von 18 Millionen Haushalten in Deutschland schwarz geblieben wären.

Auch die Diskussion, ob die Politik sich für die Belange des deutschen Handballs hätte einsetzen müssen, ist fadenscheinig. Wenn der Weltverband die WM-Senderechte - übrigens einstimmig - für sehr viel Geld an eine orientalische Mediengruppe verkauft, sollte man nachher nicht die öffentlich-rechtlichen Sender und die Politik dafür anschwärzen.

Von den damals tätigen, hiesigen Handball-Funktionären war keine Skepsis zu vernehmen, als der 100-Millionen-Deal mit den Katarern vor vier Jahren beschlossen wurde. Jetzt, da die WM auf der Seite eines Sponsors im Internet verschwindet, ist die Betroffenheit plötzlich groß. Perfide klingt in diesem Zusammenhang vor allem jene Geschichte, nach der der Handball-Präsident Moustafa die Bundeskanzlerin Angela Merkel schriftlich um Hilfe gebeten haben will, eine WM-Übertragung in Deutschland politisch zu protegieren. Beim Rechteverkauf erst blinde Gier walten zu lassen und dann mit scheinheiligem Dackelblick die Politik ins Gebet zu nehmen, entspricht wohl ziemlich bezeichnend den gegenwärtigen Gepflogenheiten in der internationalen Sportvermarktung.

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