WM-Grafikprojekt zum Fußballgeschäft:So viel Bundesliga steckt in der WM

Ghana setzt auf internationale Erfahrung, die Russen bleiben unter sich - und eines lässt sich prophezeien: Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird am Ende wohl ein Premier-League-Spieler den Pokal in die Höhe stemmen. Das WM-Grafikprojekt von SZ.de zeigt, wie global das Fußballgeschäft ist.

Von Saskia Aleythe, Lisa Sonnabend und Oliver Schnuck (Grafik)

Lutz Pfannenstiel kennt Europa, Asien, Amerika, Afrika und Australien - der ehemalige Torhüter spielte während seiner Karriere in Vereinen auf allen Kontinenten. Er hat es damit ins Guiness Buch der Rekorde geschafft. Der frühere jugoslawische Fußballer Bora Milutinović nahm als Trainer fünf verschiedener Teams an einer WM teil: Mexiko 1986, Costa Rica 1990, die USA 1994. Nigeria 1998 und China 2002.

Auch die Spieler auf dem WM-Turnier 2014 in Brasilien kommen viel herum auf der Welt. Einen Nationalspieler aus Bosnien-Herzegowina hat es nach China gezogen, viele Japaner suchen den Erfolg in der Bundesliga, Ghanas Nationalteam hat Spieler aus 13 verschiedenen Ländern. 736 Fußballer sind in Brasilien dabei, sie sind in 52 verschiedenen Ländern unter Vertrag. Fußball ist ein globales Geschäft - das WM-Grafikprojekt von SZ.de zeigt das.

So funktioniert das WM-Grafikprojekt

Auf der linken Seite sind alle 32 WM-Mannschaften aufgeführt, sortiert nach Kontinentalverbänden. Fährt die Maus über die eingefärbte Fläche neben der Nation, offenbart sich, wo die nominierten 23 Spieler im Fußballalltag ihr Geld verdienen - angezeigt wird das durch die bunten Flächen, die zur jeweiligen Liga führen. Das funktioniert auch in die andere Richtung: Auf der rechten Seite sind die Ligen in den verschiedenen Ländern aufgeführt, die Nationalspieler für die WM stellen, sortiert nach der Anzahl der teilnehmenden Fußballer.

  • Europa konzentriert sich auf sich selbst

Mit 13 Nationen stellt Europa die meisten Mannschaften für die WM in Brasilien. Auch wenn die Nationalspieler aller 32 WM-Länder in allen möglichen Ligen der Welt spielen - die Europäer bleiben lieber in Europa. Nur im Team von Bosnien und Herzegowina befindet sich ein Fußballer, der nicht in einer europäischen Liga kickt: Zvjezdan Misimović verdient sein Geld in China bei Guizhou Renhe FC. Als gebürtiger Münchner absolvierte er einst drei Spiele im Profikader des FC Bayern.

  • Ghana mit der Erfahrung aus 13 Ligen

Wenn James Kwesi Appiah sein Team zusammentrommeln will, steht er vor Organisationsproblemen. Aus insgesamt 13 Ländern strömen die Spieler Ghanas dann zum vereinbarten Ort - der Spitzenwert im WM-Grafikprojekt. 18 Fußballer kommen aus Europa. Der Rest muss aus Afrika oder Asien anreisen. Nach der Anzahl der Kontinentalverbände liegen Uruguay und Ecuador vorn: Beide treten mit Spielern bei der WM an, die auf vier Kontinentalverbände verteilt ihren Fußballalltag bestreiten.

  • Russen bleiben der Heimat treu

Spieler aus 13 unterschiedlichen Ligen? Das kann Fabio Capello nicht passieren. Der russische Nationaltrainer hat es leicht, seine Kicker im Blick zu behalten: Alle 23 Spieler für Brasilien kommen aus der heimischen Liga. Das kann sonst kein WM-Land von sich behaupten. Auch Engländer und Italiener sind aus Sicht der WM keine Globetrotter: In Englands Kader spielt mit Ersatztorwart Fraser Forster nur ein Mann nicht in der Premier League - Forster kickt bei Celtic Glasgow. Die italienische Auswahl bereichern drei Spieler, die in Frankreich kicken. Alle anderen sind in Italien unter Vertrag.

Premier League dominiert

  • Verbundenheit der Kolonialgebiete

Fünf Nationen kommen vom afrikanischen Kontinent zur WM. Ihr Geld aber verdienen die meisten Spieler in europäischen Ligen. Auffällig ist dabei die Verbindung zwischen früheren Kolonialmächten und den einst unterdrückten Ländern. Aus dem Kader Nigerias etwa spielen die meisten Legionäre (6) im Land ihrer ehemaligen Kolonialherren, in England. Spieler der Elfenbeinküste (5) und Kameruns (7) sind entsprechend in der französischen Liga stark vertreten. Das mag auch mit der Attraktivität der europäischen Ligen zu tun haben - und damit, dass in den einstigen Kolonialgebieten die Sprache der früheren Herrscher oft noch Amtsprache ist.

  • Premier League dominiert

Wer wird nun Weltmeister? Mit ziemlicher Sicherheit ein Spieler aus der Premier League. Aus der finanzstärksten Liga der Welt fahren 115 Spieler nach Brasilien, so viele wie aus keiner anderen Liga. Die italienische Serie A bietet 82 WM-Teilnehmer auf, die Bundesliga 76 und die Primera División im Weltmeisterland Spanien 64 - knapp halb so viele wie England. Insgesamt 28 WM-Teams greifen auf das Potenzial der Premier League zurück. Nur Italien, Russland, die Schweiz und Costa Rica vertrauen darauf, dass sie auch ohne Fußballer, die das robuste Spiel in britischen Stadien gewohnt sind, Weltmeister werden können.

Die Spieler der Premier League verteilen sich auf Teams aller fünf Kontinentalverbände. Neun Profis spielen in Teams aus dem nord- und mittelamerikanischen Fußballverband, 16 in südamerikanischen, 15 in afrikanischen, elf in asiatischen und 64 in europäischen Teams. Auch die Ligen in Deutschland, Spanien, Portugal und Niederlande haben WM-Spieler aus fünf Kontinentalverbänden in ihren Liga-Teams.

Auffällig ist, dass 26 Teilnehmer aus der türkischen Süper Lig bei der WM dabei sind, die Türkei sich aber nicht qualifiziert hat. Eine starke Liga bedeutet eben nicht automatisch einen großen Erfolg bei einer WM - das werden Wayne Rooney, Steven Gerrard und Danny Welbeck nicht so gerne hören.

Kaum Spieler von zu Hause

  • Die schwächsten Ligen

Während die meisten WM-Teilnehmer aus den finanzstarken europäischen Ligen stammen, sind aus Afrikas Ligen kaum Spieler dabei. Die nigerianische Liga entsendet noch die meisten WM-Teilnehmer - es sind vier. Ähnliches gilt für Südamerika: WM-Favorit Brasilien etwa hat eine überraschend unattraktive Liga. Nur elf WM-Teilnehmer verdienen ihr Geld im WM-Land. Und das, obwohl die brasilianische Série A als fünftstärkste Liga der Welt gilt.

Die Ligen aus dem asiatischen Kontinentalverband sind besser vertreten auf dem WM-Turnier. Der Grund: Die japanische und die iranische Nationalmannschaft bedienen sich fast ausschließlich aus Spielern aus den Heimat-Ligen. Elf Spieler aus der J. League spielen im japanischen WM-Team, für Iran sind aus der Iran Pro League 14 Fußballer dabei.

  • Kaum Spieler aus den Heim-Ligen

Während Russland nur auf Spieler aus der eigenen Liga setzt, sind andere WM-Teams zurückhaltender. Ghana, Elfenbeinküste, Bosnien-Herzegowina und auch Uruguay haben jeweils einen Sportler mitgenommen, der in der Heimat spielt. Der Grund: Die höhere Spielqualität und die größere Finanzstärke der Ligen in anderen Ländern locken die besten Spieler. Der 1,64 Meter kleine Héctor Acuña etwa, in der vergangenen Saison Torschützenkönig der Primera División de Uruguay, durfte noch kein einziges Mal für die Nationalmannschaft spielen.

  • Die Bundesliga in Brasilien

76 Spieler aus der Bundesliga machen bei der WM mit. 16 spielen für die DFB-Elf. Außerdem setzen Nationaltrainer von 21 weiteren Ländern auf Bundesligisten: Ottmar Hitzfeld hat in die Schweizer Auswahl gleich neun Bundesliga-Spieler berufen, für Bosnien-Herzegowina und Japan spielen je sieben Bundesligisten. Neun WM-Teams haben einen Bundesliga-Spieler nominiert - die Auserwählten sind: Javier Martínez aus Spanien (FC Bayern), Kevin-Prince Boateng aus Ghana (FC Schalke), Adrian Ramos aus Kolumbien (Hertha BSC), Sokratis aus Griechenland (Borussia Dortmund), Vierinha aus Portugal (VfL Wolfsburg), Carlos Gruezo (VfB Stuttgart), Daniel Davari aus Iran (Eintracht Braunschweig), Junior Diaz aus Costa Rica (Mainz 05) und Andres Guardado aus Mexiko (Bayer Leverkusen).

Der FC Bayern stellt wie erwartet die meisten WM-Teilnehmer von den 18 Bundesliga-Teams. 14 Münchner sind zur WM gereist - nur Manchester United hat ebenso viele Spieler bei der WM dabei. Die Bayern dominieren also nicht nur die Bundesliga, sondern mischen auch bei der WM kräftig mit.

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