WM-Finale: Hope Solo:Hope Solo, Mädchen des Volkes

Es war ein Finale, das wie gemacht schien für die Torfrau Hope Solo - das "people's girl" in den USA, das Mädchen des Volkes. Nach der Niederlage weinte sie kurz, nur wenige Minuten später konnte sie bereits wieder lachen. Sie hat mit ihrem Team ein Spiel verloren, bei dieser WM jedoch viel mehr gewonnen.

Carsten Eberts, Frankfurt

Was den Turnierverlauf betraf, war dieses Finale wie gemacht für Hope Solo. Zwei Elfmeter hatte sie bereits pariert, beide im Viertelfinale gegen Brasilien, einen in der regulären Spielzeit, einen im Elfmeterschießen. Und nun tatsächlich: 2:2 nach 120 Minuten gegen Japan, wieder Elfmeterschießen. Wer anders als Hope Solo sollte dieses Finale also entscheiden?

Goalkeeper of the US Solo cries after the penalty shootout against Japan after their Women's World Cup final soccer match in Frankfurt

Trost von den zahlreichen Fans: Hope Solo sucht nach dem Elfmeterschießen erst einmal Kontakt zu den Zuschauern.

(Foto: REUTERS)

Es kam anders. Solo parierte zwar gekonnt gegen Yuki Nagasato, doch ihre Mitspielerinnen ließen sie im Stich. Keine der ersten drei US-Schützinnen (Shannon Boxx, Carli Lloyd und Tobin Heath) konnte ihren Elfmeter im Kasten der japanischen Torfrau Ayumi Kaihori unterbringen. Solo hätte fast noch einen zweiten Strafstoß gehalten - doch der Schuss von Mizuho Sakaguchi glitt ihr unter den Fingern hindurch.

Die USA verloren das Finale 3:5 nach Elfmeterschießen - zurück blieb eine zunächst traurige US-Torfrau. Solo drehte sich in Richtung Publikum, begrub das Gesicht unter ihren weißen Handschuhen und wurde von ihren zahlreichen Fans dennoch gefeiert. Sie ist das "people's girl", das Mädchen des Volkes, es gab mindestens 100 Plakate, auf denen ein Fan Solo aufforderte, ihn zu heiraten.

Nach dem Trost der Fans gratulierte Solo den Japanerinnen fair, sie schüttelte jeder einzelnen Spielerin die Hand, manche umarmte sie. Sie hatte am Ende nicht viel falsch gemacht - sie hat dieses Endspiel gewiss nicht verloren, aber sie konnte es auch nicht gewinnen.

Es war das erste WM-Finale der Kalifornierin - und es hätte die Krönung ihres unglaublichen Comebacks werden sollen. Noch vor vier Jahren, bei der WM 2007, schieden die USA im Halbfinale aus, mit einer Klatsche, 0:4 gegen Brasilien - ohne Solo. Der damalige Trainer Greg Ryan hatte sie vorm Halbfinale aussortiert, es war nicht unbedingt seine beste Entscheidung. Seit Pia Sundhage US-Trainerin ist, steht Solo wieder im Tor.

Vor zehn Monaten war an einen Auftritt im WM-Finale nicht zu denken. Da trug Solo noch zehn Schrauben in den Knochen der rechten Schulter, hatte zuvor drei Jahre lang mit einem kaputten Gelenk agiert. "Wenn ich weitergespielt hätte, wäre die Schulter irgendwann vermutlich einfach abgefallen", sagte Solo. Der WM-Titel wäre für Solo auch der Dank für eine lange Leidenszeit gewesen.

Neuer Anlauf in vier Jahren

Das Endspiel von 2011 sollte ein denkwürdiges Finale werden - besonders für Hope Solo. Zunächst blieben die Japanerinnen ausgesprochen harmlos, schossen in der ersten Halbzeit kaum aufs Tor - und wenn doch, ging der Ball fünf, sechs Meter vorbei. So konnte Solo die Partie still beobachten, von ganz hinten, in einem knallgelben Trikot, so gelb wie ein Kanarienvogel.

Auch in der zweiten Halbzeit und in der Verlängerung lief zunächst alles nach Plan. Die USA gingen zweimal in Führung, erst durch Alex Morgan nach 69 Minuten, dann durch Abby Wambach (104.). Zweimal jedoch kamen die Japanerinnen zurück, jeweils nach Abwehrtölpeleien der Amerikanerinnen. Das Schlimme daran für Hope Solo: Sie hatte bei beiden Treffern keine Abwehrchance.

Einmal drückte Aya Miyama das Spielgerät aus vier Metern über die Linie, das 2:2 erzielte Homare Sawa nach einem Eckball aus kurzer Distanz, wobei ihr Schuss auch noch von einer Amerikanerin abgefälscht wurde.

Nach der Partie wurde Solo als beste Torhüterin und drittbeste Spielerin des Turniers ausgezeichnet - es muss zynisch für sie gewirkt haben. Solo begrub ihr Gesicht unter ihrem Trikot und nahm artig die Glückwünsche von Bundespräsident Christian Wulff und Fifa-Boss Sepp Blatter entgegen.

Vor dem Finale hatte Hope Solo in einem Interview gesagt: "Dieses Spiel bedeutet alles für mich. Ich träume von diesem Titel, seit ich ein kleines Mädchen bin. Jeder träumt in dem Alter von etwas anderem. Einige wollen heiraten, einige wollen Kinder haben. Ich wollte immer eine WM-Goldmedaille."

Dieses Ziel hat die 29-Jährige nun verpasst. Sie muss es erneut versuchen, in vier Jahren, bei der WM in Kanada. Als sie mit ihren Kolleginnen vom Feld ging, da lachte sie schon wieder. Wahrscheinlich erinnerte sich bereits jetzt, dass sie dieses Spiel zwar verloren, bei dieser WM jedoch viel mehr gewonnen hatte.

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