WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Die Fliege im Gesicht Argentiniens

Schweinsteiger wird bestraft und provoziert Messi trotzdem auf die schlimmste Art, Müller kann es auch im Sitzen und Özil ist nicht einzufangen. Die deutsche Elf in der Einzelkritik.

Thomas Hummel, Kapstadt

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Quelle: afp

Schweinsteiger wird bestraft und provoziert Messi trotzdem auf die schlimmste Art, Müller kann es auch im Sitzen und Özil ist nicht einzufangen. Die deutsche Elf in der Einzelkritik.

Manuel Neuer

Erinnerte durch sein grellgelbes Gewand an den berühmten Irrflug von Toni Schumacher im Finale 1986, als der deutsche Torwart beim 0:1 "wie ein Zitronenfalter" unter der Flanke zum 0:1 durchflog. Erinnerte sich aber auf dem Spielfeld nicht an seinen großen Vorgänger und spielte wieder absolut fehlerlos.

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WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Philipp Lahm

Argentina v Germany: 2010 FIFA World Cup - Quarter Finals

Quelle: getty

Hat das Vergnügen, hinter einem Thomas Müller verteidigen zu dürfen. Der Kapitän wirkte anfangs etwas desorientiert, dabei erwies sich bald, dass der starke Ángel di María der Grund dafür war. Nachdem di María die Seite gewechselt hatte, hatte Lahm plötzlich Muße, mit Müller die argentinische Deckung zu überrollen. Ist auf dem besten Weg, die Wertung des besten Rechtsverteidigers des Turniers zu gewinnen.

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WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Per Mertesacker

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Quelle: ap

Erstaunliche Verwandlung: War nach dem Ghana-Spiel merklich betroffen über die eigene Leistung, hatte er doch nie vor, einem Zaunpfahl gleich, die Bälle zu den Gegnern prallen zu lassen. Schon gegen England verbessert, nun souverän. Herr der Lüfte. Wehrte einen Schuss von Tevez gleich mit dem Gesicht ab. Durfte mit seinen langen Beinen genüsslich die Bälle hin- und herschieben. Die Argentinier versäumten es, den 1,96 Mann in kleinteilige Dribblings zu verwickeln.

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WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Arne Friedrich

Argentina v Germany: 2010 FIFA World Cup - Quarter Finals

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Arne, der Große, TitArne. Was wurde dem Verteidiger nicht alles hinterhergerufen nach seinen famosen Auftritten bei der WM. Hatte diesmal das Glück, dass sein Mittelfeld große Arbeit verrichtete und ihn entlastete. Wenn gefordert aber wie immer bei dieser WM sehr solide. Und das Geschenk, dass sich dieser WM-Friedrich verdient hat: das 3:0 war sein erstes Länderspieltor. Erhielt kurz vor dem Ende noch den Ritterschlag: Lionel Messi trat ihm nach einem verlorenen Zweikampf mit den Stollen fies auf den Oberschenkel, so dass ein paar Abdrücke zu sehen waren.

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WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Jerome Boateng

WM 2010 - Argentinien - Deutschland

Quelle: dpa

"Wir werden auch hart spielen", hatte der 21-Jährige vor dem Spiel angekündigt. Hart war dann nicht das richtige Wort für Boatengs Auftritt. Eher wild. Ließ sich häufig von seiner Linkverteidiger-Position herauslocken, hatte bisweilen wirre Szenen mit seinem schwächeren linken Fuß. Maradona erkannte das und schickte den starken Ángel di María bald von links auf die Boateng-Seite. Doch Boateng erholte sich in der Halbzeit und bot plötzlich eine sehr starke Leistung. Nahm Lionel Messi einmal den Ball mit der Hacke ab. Musste nach unendlichen Zweikämpfen und einem Muskelkrampf raus.

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WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Bastian Schweinsteiger

WM 2010 - Argentinien - Deutschland

Quelle: dpa

Provokateur vor dem Spiel, die Argentinier merkten sich das offenbar und revanchierten sich mit ein paar herben Fouls. Mascherano fällte Schweinsteiger, Tevez rammte ihn um. Doch das schien den Münchner nicht zu beeindrucken. Absoluter Herrscher im Mittelfeld, nutzt die Löcher in Argentiniens Zentrale. Konnte sich bisweilen drehen, auf den Ball steigen, wieder drehen, auf den Ball steigen. Stand hingegen in der Defensive meistens Lionel Messi auf den Füßen. Wie er dann das 3:0 vorbereitete, war für alle argentinischen Spieler,  Argentinien-Fans und für alle, die Lionel Messi als den besten Fußballer der Welt preisen, eine Provokation der schlimmsten Art.

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WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Sami Khedira

Argentina's Di Maria fights for the ball against Germany's Khedira during the 2010 World Cup quarter-final soccer match at Green Point stadium in Cape Town

Quelle: rtr

In Stuttgart verrichtet Christian Träsch für ihn die Drecksarbeit vor der Abwehr. Wenn es danach ging, hätte Sami Khedira schon zur Pause mit einer zwei Zentimeter dicken Schmutzschicht auf der Haut in die Kabine gegen müssen. Doch der trockene Platz in Kapstadt ließ das nicht zu. Rannte sich Blasen an die Füße und war ein Schlüsselspieler in Löws Taktik des Spieleverhinderns.

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WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Thomas Müller

WM 2010 - Argentinien - Deutschland

Quelle: dpa

Wie immer wie ein Stück Seife für die gegnerische Abwehr. Tauchte immer da auf, wo es gefährlich war wie beim 1:0, als der Freistoß von Schweinsteiger auf den kurzen Pfosten flog. Verteidigte alle Bälle wie ein "abgewichster Argentinier" (Ballack), setzte die Mitspieler perfekt ein wie Klose vor der Großchance zum 2:0 (24.). Bereitete das 2:0 dann wieder genial mit einem Sitzpass auf Podolski vor. Musste nach unendlichen Wegen mit einem Krampf im Muskel nach 85 Minuten raus und bekam einen Riesenbeifall. Was soll dieses Deutschland nur ohne seinen Müller im Halbfinale machen? Bekam wegen eines Handspiels eine völlig übertriebene gelbe Karte und ist deshalb gesperrt.

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WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Mesut Özil

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Quelle: afp

In den Anfangsminuten mussten die Argentinier glauben, eine Fliege schwirrt vor ihnen herum. Wo sie auch hinschlugen, Mesut Özil war schon wieder woanders. Irgendein Argentinier muss die Özil-Fliege dann aber doch erwischt haben, summte am Ende der ersten Hälfte wie ein betäubtes Tier über den Platz. Erholte sich in der Pause von diesem Schlag und war danach wieder die gewohnte Fliege im Gesicht der Argentinier. Bereitete das 4:0 mit einer wunderbaren Flanke vor.

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WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Lukas Podolski

WM 2010 - Argentinien - Deutschland

Quelle: dpa

Nach einer halben Stunde war die Sensation da: Lukas Podolski nahm Lionel Messi den Ball ab. In einem Jahr in Köln hat Podolski keinen Defensivzweikampf gewonnen, manche meinen sogar, er habe gar keinen bestritten. Doch die Kölner müssen weiterhin damit leben, dass in Südafrika ein völlig anderer Podolski spielt als zu Hause. Leitete das 1:0 ein, in dem er Gegenspieler Otamendi zu einem Foul zwang. Auch am zweiten Tor entscheidend beteiligt. Es war eine gute Idee der Kölner, den Spieler Podolski zurückzuholen. Sie vergaßen dabei nur, auch Trainer Löw zu verpflichten.

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WM 2010: Einzelkritik Deutschland:Miroslav Klose

WM 2010: Argentinien - Deutschland

Quelle: ag.ddp

Hatte schon nach 24 Minuten das Halbfinale auf dem Fuß. Ballerte den Ball nach Müllers Vorlage über die Latte. Nach der Löwschen Maxime, dass man sich gegen Argentinien keine Fehler erlauben darf, war dies ein schlimmer Fehltritt. Nach 67 Minuten hatte er dann den Vorteil beim besten Willen nicht mehr vorbeischießen zu können. Nutzte Özils wunderbare Flanke zu seinem 14. WM-Tor und hat damit Gerd Müller eingeholt. Nur noch eins fehlt auf Rekordschütze Ronaldo. Doch auch für Klose gilt nach dieser wieder starken Leistung: Wer ihn verpflichtet, muss auch den Trainer Löw holen.

Marcell Jansen Kam für den müden Boateng. Raste gleich wie ein Wilder nach vorne und beteiligte sich an den giftigen Kontern.

Toni Kroos Wer dachte, Müller, Özil, Boateng, Khedira sind die deutsche Gegenwart und Zukunft, der bekam auch gleich die nächste Zukunft serviert: Den 20-jährigen Toni Kroos, der wie selbstverständlich die letzten Minuten eine WM-Viertelfinals herunterspielte.

Piotr Trochowski Durfte sich fünf Minuten lang auf sein größtes Spiel vorbereiten. Weil Thomas Müller im Halbfinale gesperrt sein wird, muss Trochowski am Mittwoch im Durban wohl rechts offensiv ran.

© sueddeutsche.de/segi
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