WM 2010: Einzelkritik Brasilien:Theater mit Pferd

Ein südafrikanischer Polizist und zwei Finanzbeamte verwirklichen Dungas Plan vom Sicherheitsfußball. Vorne ist ein unscheinbarer Stürmer zuständig für die Knaller. Brasilien in der Einzelkritik.

Thomas Hummel, Johannesburg

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Brasilien gewinnt gegen die Elfenbeinküste mit 3:1 und qualifiziert sich fürs Achtelfinale. Dabei verwirklichen ein südafrikanischer Polizist und zwei Finanzbeamte Dungas Plan vom Sicherheitsfußball. Vorne ist ein unscheinbarer Stürmer zuständig für die Knaller. Brasilien in der Einzelkritik.

Julio Cesar (rechts)

Wann hatte Brasilien einen Torwart mit solcher Reputation? Hat mit Inter Mailand das historische Triple gewonnen, am Ende mit einem Sieg gegen Bayern München im Champions-League-Finale. Viele halten ihn für den besten Torwart der Welt. Und wer soll Brasilien stoppen, wenn es sogar noch einen solchen Torwart hat? Erledigte alle Aufgaben erwartet pflichtgemäß.

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Maicon

Hat mit Inter Mailand das historische Triple gewonnen, am Ende mit einem Sieg gegen ... jaja. Litt als Glatzenträger diesmal nicht ganz so wie beim wohl kältesten WM-Spiel aller Zeiten gegen Nordkorea. Wurde seinem Ruf als derzeit vielleicht bester Rechtsverteidiger der Welt gerecht. Immens gefährlich bei seinen Vorstößen und hinten resolut wie ein südafrikanischer Polizist, wenn ein Auto ohne Parkschein ins Soccer City fahren will.

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Lucio

Hat mit Inter Mailand das ... jaja. Aus München bekannt als Charakter, der in großen Spielen Großes leisten will. Läuft dann bisweilen herum wie ein überdrehter Junge, dem man gerne Ritalin geben würde. Führte beim kleinsten Foul ein Theater auf, als hätte ihm ein Ivorer mit der Kettensäge in die Wade gesägt. Ließ er das Theater und konzentrierte sich aufs Fußballspielen, musste auch Didier Drogba (links) kapitulieren.

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Juan

Wirkt neben dem überhitzten Lucio ruhig wie ein Finanzbeamter kurz vor Dienstschluss. Legt gewonnene Zweikämpfe zu den Akten und widmet sich dem nächsten Zweikämpf. Oft genug benötigt Juan gar keinen Zweikampf, sondern steht so geschickt im Weg, dass nichts an ihm vorbeikommt. Ein Finanzbeamter eben. Kein Wunder, dass das Gegentor in der Mitte fiel, als er gerade rechts aushelfen musste.

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Michel Bastos

Weil Brasilien seit Roberto Carlos keinen Linksverteidiger mehr von Rang hervorbringt, darf Michel Bastos auf dieser Position werkeln. Spielt bei Olympique Lyon im Mittelfeld, fügt sich aber in seine Aufgabe und das Defensivwerk des Trainers Dunga.

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Gilberto Silva

Organisator der von Trainer Dunga verordneten Langeweile. Sicherheitsfußballer, der für Brasilien schon beim Titelgewinn 2002 den Türsteher vor der Abwehr mimte. Kollege des Finanzbeamten Juan: Den beiden ist einfach nicht auszuweichen.

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Felipe Melo

Erster Mithelfer in der von Dunga verordneten Langeweile. Wenn man nicht wüsste, dass Zerstörer in Brasilien verpönt sind und am Strand gar nicht mitkicken dürfen, müsste man urteilen: Felipe Melo, geboren in der Nähe von Rio de Janeiro, wäre ein Zerstörer.

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Elano

Gegenspieler Siaka Tiene bohrte ihm nach einem Zweikampf fast in der Nase. Diese Drohgebärde beeindruckte den Spieler von Galatasaray Istanbul offenbar. Spielte so wie er zwischen den schwarzen und farbigen Mit- und Gegenspielern aussah: blass. Half aber sehr zur Freude seines Trainers fleißig mit beim allgemeinen Zerstören. Bis er einen wunderbaren Pass des ebenfalls sehr blassen Kaká zum 3:0 vollendete. Zeigte nach seinem Tor seine Schienbeinschützer mit der Aufschrift "M. Teresa" in die Kamera. Doch selbst diese hochkatholischen Plastikeinlagen konnten ihn nicht schützen. Humpelte nach einem rüden Tritt in die Kabine.

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Kaká

Hat man jemals einen so schlechten Kaká gesehen? 20 Minuten lang verlor der zweitteuerste Spieler der Welt jeden Ball, schlug die Pässe Richtung Werbebande und war auf dem besten Wege zum schlechtesten Mann auf dem Platz. Dann steckte er den Ball am Strafraum genial zu Luis Fabiano durch und bereitete das 1:0 vor. Gab auch den Pass zum 3:0 und unterstützte in diesen Szenen den Verdacht, dass vieles bei den Brasilianern darauf ankommt, wie Kaká spielt. Nach den ersten 20 Minuten spielte er sehr stark. Sah in der Schlussphase die gelb-rote Karte. Nun müssen seine Mitspieler gegen Portugal zeigen, dass sie auch ohne ihn auskommen.

Ivory Coast's Emmanuel Eboue fights for the ball with Brazil's  Robinho during their 2010 World Cup Group G soccer match at Soccer City stadium in Johannesburg

Quelle: rtr

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Robinho

Passt eigentlich gar nicht in das Dunga'sche Beuteschema. Einziger echter brasilianischer Freigeist, den sich der Trainer leistet. Darf in den vorderen Linien tun und lassen, was er will. Etwa einen Lupfer ansetzen aus 25 Metern (1.). Blieb diesmal im Schatten seines Angriffspartners Luis Fabiano, was ihm sicher Ansporn genug ist, beim nächsten Mal mehr aufzufallen.

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Luis Fabiano

Für manche kam es durchaus überraschend, dass der eigentlich unscheinbare Luis Fabiano vom FC Sevilla Mittelstürmer spielen darf. Die wussten aber scheinbar nicht, dass der 29-Jährige einen Schuss wie ein Pferd hat. Katapultierte den Ball nach 24 Minuten unter das Tordach. Nicht mal Oliver Kahn und Jens Lehmann gemeinsam hätten diesen Knaller gehalten. Nach dem zweiten Tor wurde er von den Brasilianern im Stadion lautstark gefeiert. Denn brasilianischer geht's ja nicht: Heber über den ersten, Heber über den zweiten, halbvolley ins Tor (52.), allerdings unter Zuhilfenahme der Hand. Machte den Unterschied aus und öffnete die Tür für den Dunga'schen Konterfußball.

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Dani Alves

Viele hielten ihn für den besten Rechtsverteidiger der Welt - bis Maicon kam. Ersetzte Elano entsprechend im rechten Mittelfeld, was ja auch Dunga recht ist: Zwei gelernte Rechtsverteidiger ist besser als keiner.

© sueddeutsche.de/dav
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