WM-Aus für Ecuador:Der Sommer so fern

Ecuador v France: Group E - 2014 FIFA World Cup Brazil

Equadors Walter Ayovi leidet

(Foto: Getty Images)

Fünf von sechs südamerikanischen Mannschaften erreichen das Achtelfinale - nur das kleine Ecuador nicht. Beim 0:0 zum Abschluss gegen gewaltig umformierte Franzosen ist nicht mal eine Strategie zu erkennen.

Von Peter Burghardt, Rio de Janeiro

Sieben Mannschaften aus Lateinamerika dürfen weiterhin die Fußball-WM beglücken, Südamerika hat mit fünf seiner sechs Vertreter das Achtelfinale erreicht. Ecuador jedoch muss nach Hause fahren, das 0:0 im letzten Gruppenspiel im Estádio Maracanã von Rio de Janeiro gegen Frankreich war zu wenig, weil die Schweizer derweil gegen Honduras gewannen.

Trainer Reinaldo Rueda hatte zuvor von "den Möglichkeiten und der Dominanz des südamerikanischen Fußballs" geschwärmt. Die wackeren Ecuadorianer allerdings verpassen bei ihrer dritten WM-Teilnahme ihre zweite Finalrunde, das Vergnügen wie 2006 in Deutschland ereignete sich vor 73 000 oft gelangweilten Zuschauern nicht. "Si se puede", rief das Publikum, "es geht", aber es ging nicht.

Die Enttäuschung traf eine ganze Nation. Die Republik am Äquator stand still, als diese wichtigste Partie seit acht Jahren begann, wahrscheinlich noch mehr als das bereits qualifizierte und deutlich verwöhntere Frankreich. Das Land zwischen Amazonien, Anden und Pazifik liebt den Fußball so sehr, wie Brasilien, Argentinien oder Kolumbien. Einige Tausend der 15 Millionen Ecuadorianer hatten sich aufgemacht nach Rio de Janeiro, das anlässlich des WM-Spieltages in der Stadt wie üblich einen Feiertag verordnet bekam, damit sich der Verkehr auf den Straßen in Grenzen hielt.

Auf den Tribünen saßen deutlich mehr Sportfreunde in zitronengelben Trikots als im Blau von Les Bleus, die dafür allerdings zwischendurch spontan die Marseillaise anstimmten. Alle zusammen schickten in interkontinentaler Brüderlichkeit eine Menschenwelle über die Ränge, was auch damit zu tun hatte, dass drunten auf dem ramponierten Rasen am Anfang nicht so arg viel zu sehen war und man sich trotzdem amüsieren wollte.

Ecuadors Antonio Valencia sieht wegen groben Foulspiels die rote Karte

Frankreichs Trainer Didiers Deschamps konnte sich angesichts des blendenden Torverhältnisses nach dem 3:0 gegen Honduras und dem 5:2 gegen die Schweiz Zurückhaltung leisten und baute seine Siegertruppe für diese Pflichtveranstaltung ein wenig um. Draußen blieben die Verteidiger Mathieu Debuchy, Patrice Evra und Raphael Varane sowie die Mittelfeldmänner Mathieu Valbuena und Yohan Cabaye. Dafür durften in der Abwehr Lucas Digne aus Paris sowie Arsenals Laurent Koscielny und Bacary Sagna mitmachen, in der Mitte Morgan Schneiderlin aus Southampton und Paul Pogba von Juventus Turin. Der konservative Kollege Rueda ließ trotz der schicksalhaften Aufgabe zunächst seinen Angreifer Felipe Caicedo auf der Bank und schickte anders als beim 2:1 gegen Honduras den defensiveren Michael Arroyo aufs Feld. Aber Rueda wusste immerhin: "Wir hängen von uns ab."

Rot für Antonio Valencia

Nach der großen Offensive sah seine Strategie trotzdem nicht aus. Zunächst verschafften bei angenehmer Wärme dann auch Moussa Sissoko, Griezman und Pogba dem ecuadorianischen Torwart Alexander Dominguez aus Quito Bewegung, Sturmspitze Karim Benzema sprang an einer Flanke vorbei. Aus Manaus kamen unterdessen schlechte Nachrichten, die Schweiz führte 2:0 gegen Honduras. Frankreichs Schlussmann Hugo Lloris bekam in Teil eins nur dreimal zu tun, als Jefferson Monter, Walter Ayovi und Enner Valencia an ihm scheiterten - dieser der beiden Valencias im Team war mit drei Treffern bisher Ecuadors bester Schütze.

Das Publikum im Maracanã war nicht zufrieden, außer Chiles Coup gegen Spanien bekam der runderneuerte Tempel bisher eher Mittelmaß zu sehen, doch es stehen hier ja noch Achtelfinale, Viertelfinale und das Endspiel am 13. Juli bevor.

Teil zwei der Partie begann dann noch unangenehmer für Ecuador, wobei Keeper Dominguez den Linksschuss von Griezman nach 48 Minuten zu seinem Glück gegen das Lattenkreuz lenkte. Kurz darauf lag Digne am Boden, Antonio Valencia war ihm gegen das Knie gesprungen und wurde von Schiedsrichter Noumandiaz Doue etwas übertrieben mit der Roten Karte bestraft. Damit war der Kapitän weg und der letzte Mann, der beim Achtelfinale 2006 gegen England in Deutschland dabei gewesen war.

Und zu Zehnt wurde es noch anstrengender für die Herausforderer, dennoch hätte Christian Noboa von Dynamo Moskau zum Helden werden können, als er in der 55. Minute allein vor Lloris die Kugel erhielt und rechts vorbei schoss. Irgendwie zielstrebiger blieben in einem grausigen Match die Franzosen, deren Benzema Torschützenkönig werden will, dann könnte er bei Real Madrid Cristiano Ronaldo ärgern. In jedem Fall kann er fragen: Wo warst du eigentlich bei der WM?

Ecuador rang mit Schüssen von Arroyo und Ibarra um seine letzte Chance, aber die Schweizer hatten bereits das 3:0 besorgt. Die Heimat erinnert sich nun mit Wehmut mit Agustín Delgado, Edwin Tenorio und Christian Benítez, die goldene Generation aus dem deutschen Sommer, der so schnell wohl nicht wieder kommt.

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