WM-Auftakt: Einzelkritik Südafrika:Singen, tanzen, Fußball spielen

Ein Willi Landgraf, ein Guido Buchwald, ein Dieter Eilts und ein Elefant, der in der letzten Minute den Pfosten trifft. Zunächst übernervöse Südafrikaner vergeben am Ende den Sieg gegen Mexiko.

Von Thomas Hummel, Johannesburg

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South Africa v Mexico: Group A - 2010 FIFA World Cup

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Fans:

Noch nie in der Menschheitsgeschichte haben sich so viele gelbe T-Shirts auf so wenig Quadratmeter konzentriert, noch nie so viele Trompeter (die "echten" Trompeter werden entschuldigen!), noch nie so viele scheinbar völlig verrückt gewordene Zuschauer eines Fußballspiels. Mussten dann mit ansehen, dass ihre Jungs, die Bafana Bafana, zu nervös waren, um einen geraden Pass spielen zu können. Tröteten zwar unentwegt, wirkten bisweilen aber auch seltsam ermattet. Irgendwann muss halt jeder mal eine Feier- und Brüllpause einlegen, und da kann man sich ja mal ein Fußballspiel anschauen.

Mexico's Giovani dos Santos misses an attempt at a goal during the 2010 World Cup opening match against South Africa

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Itumeleng Khune:

Ein afrikanischer Fußball-Torwart ist per definitionem kein guter Torwart. Wer will schon auf den Schulplätzen von Soweto ins Tor? Soweit das Klischee. Bestätigte nach 120 Sekunden das Klischee und klatschte eine Hereingabe vor des Gegners Füße. Bestätigte bei Francos Großchance (32.) das Klischee, weil er wie den Ball eher wie ein Handball-Torwart hielt. Flog beim Tor von Carlos Vela allerdings geschickt und frühzeitig aus dem Tor, und stellte den Schützen damit ins Abseits. Vielleicht repräsentiert Khune einfach nur einen völlig neuen Torwartstil.

South Africa's Lucas Thwala (L) fights for the ball with Mexico's Guillermo Franco during the 2010 World Cup opening match at Soccer City stadium in Johannesburg

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Lucas Thwala:

Als die Südafrikaner vor der Partie beim Verlassen des Busses und vor dem Auswärmen rhythmische Tänze aufführten, fiel Lucas Thwala gar nicht auf. Er muss sich versteckt haben, denn auf dem Platz stellte sich heraus, dass er die Geschmeidigkeit eines Willi Landgraf mitbringt. War völlig überfordert mit den mexikanischen Gegenspielern. Musste zur Halbzeit in der Kabine bleiben.

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Bongani Khumalo:

Wer nichts über die südafrikanische Liga weiß, der weiß nun, dass Meister SuperSports United einen passablen Innenverteidiger hat. Als das südafrikanische Mittelfeld noch gar nicht begriffen hatte, um was es ging, hatten es Khumalo und Kollege Mokoena phasenweise mit drei, vier Gegnern zu tun. Sein Können und auch eine Menge Glück standen ihm bei, zum Beispiel als er eine Hereingabe mit dem Knie nicht ins eigene Netz, sondern Zentimeter über die Latte lenkte.

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Siboniso Gaxa:

Spielt bei einem Verein mit dem schönen Namen Mamelodi Sundowns. Das ist der südafrikanische Rekordmeister aus Pretoria. Weil die Mexikaner meist über die andere Seite kamen, hielt Gaxa (re.) seine linke Abwehrseite erstaunlich dicht. Nach vorne ging er praktisch nie, aber das war auch gut so. Bafana Bafana brauchte ihn hinten.

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Aaron Mokoena:

Musste als Kapitän dem Herrn Blatter und dem Herrn Zuma vor dem Anpfiff seine Mitspieler vorstellen. Und anschließend mit anschauen, wie seine Mitspieler die ganze Arbeit auf ihn abwälzten: Schon nach zwei Minuten rettete er nach dem Fehler von Khune. Hielt zusammen mit Innenverteidiger-Kollege Khumalo die Bafana Bafana in der übernervösen ersten Halbzeit im Spiel. Vergaß vor dem 1:1 offensichtlich, dass mit den Mitspielern eine Abseitsfalle verabredet war.

South Africa's Letsholonyane battles for the ball with Mexico's Salcido during the 2010 World Cup opening match at Soccer City stadium in Johannesburg

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Reneilwe Letsholonyane:

Besitzt auf den ersten europäischen Blick einen völlig unaussprechlichen und unschreibbaren Namen. Doch es ist gar nicht so schwer: Reneilwe Letsholonyane, Reneilwe Letsholonyane, Reneilwe Letsholonyane. Soll vor der Abwehr eine Art Dieter Eilts spielen, was insofern stimmig ist, als zumindest englischsprachige Beobachter ihre liebe Not auch mit dem Namen Eilts haben.

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Kagisho Dikgacoi:

Wie Kollege Lucas Thwala muss sich auch der stämmige Mittelfeldspieler beim Aufwärmtanzen im Hintergrund gehalten haben. Von Leichtfüßigkeit und biegsamer Hüfte war nichts, aber auch gar nichts zu sehen. Was nicht so schlimm ins Gewicht fiel, weil er in der Zentrale vieles mit Stellungsspiel ausgleichen konnte. Erinnerte irgendwie an Guido Buchwald. Erwies sich zunehmend als der Stabilisator vor der südafrikanischen Abwehr und wurde vor allem nach der Pause immer stärker. Ob man ihn nun schon Diego Dikgacoi rufen muss?

South Africa's Tshabalala celebrates after scoring against Mexico during the 2010 World Cup opening match at Soccer City stadium in Johannesburg

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Siphiwe Tshabalala:

Kann von zu Hause rüberschauen nach Soccer City. Ist in Soweto aufgewachsen und wohnt heute noch dort. Tshabalala galt einmal als Überraschung von Trainer Parreira, hat sich aber längst etabliert. Und ist inzwischen mit Pienaar der mit Abstand beste Offensivspieler von Bafana Bafana. Verursachte immer wieder Konfusion in Mexikos Abwehr. Zeigte einmal, dass auch die Südafrikaner die dreiste Schwalbe beherrschen. Obwohl: Schwalben in Südafrika? Vielleicht eher Paradieskranich, der Nationalvogel. Wir legen uns fest: Tshabalala machte einen Paradieskranich. Führte ganz Südafrika ins Paradies, als er diesen Schuss zum 1:0 in den Winkel zimmerte.

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Teko Modise (Nr. 11):

Fiel beim Tanzen und Singen vor dem Spiel mit enormem Engagement und Selbstvertrauen auf. Schien dabei aber alle Energie verloren zu haben. Wirkte völlig überrascht, dass die Mexikaner ihn als Mittelfeldspieler tatsächlich den Ball abnehmen wollten. Ging manchmal selbst dann noch auf dem Platz spazieren, wenn der Ball drei Meter weiter Gefahr verursachte. Besann sich nach dem 1:0 auf das, was er kann: Führte mit seinen Gegenspielern an der Auslinie ein Tänzchen auf. Hätte dann tun müssen, was er offensichtlich nicht kann: ein Tor schießen. Vergab zwei Riesenchancen zum 2:0.

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Steven Pienaar:

Bei seiner Vorstellung vor dem Spiel tröteten die Vuvuzelas am lautesten. Ist als Stammspieler beim FC Everton der renommierteste Fußballer des Landes und größte Hoffnung auf ein sportliches Hoch der Gastgeber. Versuchte nach dem konfusen Beginn seine Mitspieler einzuweisen, tauchte selbst überall auf und erwies sich als echter Anführer der Bafana Bafana. Musste am Ende völlig entkräftet raus.

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Katlego Mphela:

Stürmen wollen auf den Schulhöfen in Soweto alle Jungs. Soweit das Klischee. Nun durfte also Katlego Mphela für Südafrika beim WM-Auftakt stürmen, der Haken daran war, dass er das gefälligst ganz alleine gegen die gesamte mexikanische Abwehr tun sollte. Musste sich bis zur Pause fühlen wie ein Gnu umringt von Löwen, die sich ein wenig mit ihm spielen, ehe sie ihm zeigten, wer der Stärkere ist. Verwandelte sich nach der Pause aber in einem Elefanten, der den Löwen ordentlich zusetzte. Und ihnen in der letzten Minute einfach dreist davonlief, aber nur den Pfosten traf .

South Africa v Mexico: Group A - 2010 FIFA World Cup

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Tsepo Masilela:

Warum er und nicht Kollege Lucas Thwala auf der Bank saß, muss Trainer Parreiras Geheimnis bleiben. Unternahm nach der Pause keine großartigen Dinge, erwies sich aber immerhin als williger Linksverteidiger, der den wendigen Mexikanern wenigstens ein bisschen folgen konnte.

Bernard Parker:

Durfte am Ende noch rein und sich mit ärgern, dieses Spiel am Ende nicht gewonnen zu haben.

© sueddeutsche.de/jbe
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