WM-Affäre:Niederlage für Zwanziger

Zwanziger klagt gegen Land Hessen

Theo Zwanziger, 71, war von 2006 bis 2012 Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Seit November 2015 zählt er zu den Beschuldigten des Frankfurter Steuerverfahrens.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Der frühere Präsident des Deutschen Fußball-Bundes ist mit seiner Schmerzensgeld-Klage gegen das Land Hessen gescheitert. Er ließ aber bereits durchblicken, dass er gegen das Urteil bald in Berufung gehen wolle.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Es dauerte nicht lange im Saal 114 des Landgerichts Frankfurt, da machte der Vorsitzende Richter seine Meinung zur vorliegenden Klage deutlich. Als Theo Zwanzigers Anwalt seinen ersten Beitrag beendete, erhielt er zur Antwort: "Ich verstehe Ihre Argumentation nicht." Und als kurz darauf der frühere Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) selbst zu einer Bemerkung ansetzte, unterbrach ihn der Richter Christoph Hefter bald mit dem Hinweis, das sei "doch nicht zu fassen". So kam es zu einem wenig überraschenden Urteil: Das Gericht wies Zwanzigers Klage ab.

Mit der Steuererklärung habe er nichts zu tun, sagt Zwanziger

Die Sommermärchen-Affäre vor Gericht, das wird es wahrscheinlich noch häufig geben. Am Mittwoch ging es fürs Erste darum, dass Zwanziger gerne 25 000 Euro Schmerzensgeld vom Land Hessen hätte. Hintergrund ist das seit eineinhalb Jahren laufende Verfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen drei frühere DFB-Funktionäre wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall: Wolfgang Niersbach, Horst R. Schmidt und eben Zwanziger. Doch der sieht sich zu Unrecht als Beschuldigter - und klagt, die Staatsanwaltschaft habe mit der Einleitung des Verfahrens gegen ihn sowie der bei ihm erfolgten Hausdurchsuchung ihre Pflichten verletzt.

Es ging also zuvorderst noch nicht um eine inhaltliche Bewertung, sondern um die Frage, ob die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Zwanziger überhaupt hätte eröffnen dürfen. Die Ermittlungen fußen auf dem Umgang des DFB mit jenen berühmten 6,7 Millionen Euro aus dem April 2005. Das WM-Organisationskomitee, dem Franz Beckenbauer vorstand und die drei Beschuldigten angehörten, überwies diese Summe als Beteiligung an der damals geplanten, später abgesagten WM-Eröffnungsgala an den Weltverband Fifa. Dieser leitete das Geld am gleichen Tag auf ein Konto des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus weiter. Der Franzose hatte den Deutschen drei Jahre zuvor ein Darlehen über zehn Millionen Franken gewährt, die im Zugriff des langjährigen Fifa-Funktionärs Mohammed bin Hammam aus Katar gelandet waren. Der DFB machte diese 6,7 Millionen Euro in seiner Steuererklärung von 2007 jedoch als Betriebsausgabe geltend, nach Auffassung der Behörden zu Unrecht. Deshalb laufen die Ermittlungen; wie lange diese noch dauern, ist unklar.

Zwanziger formales Argument ging nun so: Er sei bei der Abgabe der Steuererklärung im Jahr 2007 zwar Präsident des DFB gewesen, allerdings habe er nicht die Verantwortung dafür getragen. Gemäß Satzung gab es beim Verband ein sogenanntes Ressortprinzip, die Abgabe der Erklärung war damals die Aufgabe von Schatzmeister und Generalsekretär - also die von Zwanzigers Mit-Beschuldigten Schmidt und Niersbach. Entsprechend, so Zwanziger, habe es gar keine Rechtsgrundlage für die Einleitung des Verfahrens gegen ihn und die Durchsuchung bei ihm gegeben.

Richter Hefter wies dieses Argument zurück. Entscheidend seien nach seiner Auffassung in diesem Fall nicht die konkreten Formulierungen in der Satzung. "Der Kläger war nicht irgendeine kleine Leuchte, die nichts zu sagen hatte", sagte er, "sondern der Präsident. Er war an den Zahlungen beteiligt." Verfahren und Durchsuchung seien vertretbar und verhältnismäßig gewesen; es gebe einen nachvollziehbaren Verdacht, dass Zwanziger an der Steuerhinterziehung beteiligt gewesen sei.

Auch dem zweiten Teil von Zwanzigers Klage wollte das Gericht nicht folgen. Dieser führte eine weitere angebliche Pflichtverletzung der Frankfurter Staatsanwaltschaft an, weil verschiedentlich Zwischenergebnisse der Ermittlungen an die Öffentlichkeit gelangt seien. Vor allem ging es um einen internen Vermerk, demzufolge sich der Verdacht auf Steuerhinterziehung erhärtet habe. Dies sei zwar ein "außerordentlich ärgerlicher, ein unmöglicher Zustand", so Richter Hefter. Die zweite Frage sei jedoch, ob der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt werde würde. Und das sah die Kammer nicht so.

Zwanziger tat seinen Unmut über das Urteil nach der Verhandlung mit folgendem Vergleich kund: "Es wird wegen Mord ermittelt, und es wird als Mittäter jemand einbezogen, der zwei Jahre vorher am Tatort war und Pilze gesammelt hat. So ähnlich ist das hier." Vieles deutet darauf hin, dass sich die Parteien bald wiedersehen werden. Der frühere DFB-Chef ließ durchblicken, dass er gegen das Urteil des Landgerichts bald Berufung einlegen wolle.

"Das war noch nicht das Endspiel", sagte er - und unabhängig von Zwanzigers Schmerzensgeld-Klage gehen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ja ohnehin weiter.

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