WM-Affäre:DFB schimpft über "äußerst ärgerliche Indiskretionen"

  • Der DFB will die Ergebnisse der internen Untersuchungen in der WM-Afffäre nicht vorzeitig veröffentlichen, obwohl interne Dokumente von der Bild-Zeitung veröffentlicht wurden.
  • Der im Zuge der WM-Affäre zurückgetretene DFB-Präsident Niersbach hat Beckenbauer im Gespräch mit der ermittelnden Kanzlei offenbar schwer belastet.
  • Demnach seien die ominösen 6,7 Millionen Euro inoffiziell an die Fifa geflossen, um 2002 die Wiederwahl von Präsident Blatter zu finanzieren.
  • Niersbach selbst soll in die finanziellen Verstrickungen um die WM 2006 nicht eingeweiht gewesen sein.

Ermittlungsergebnisse werden nicht vorzeitig veröffentlicht

Der Deutsche Fußball-Bund will trotz der vorzeitigen Veröffentlichung interner Ermittlungsprotokolle die Ergebnisse seiner Untersuchungen in der WM-Affäre nicht früher als geplant bekanntgeben. "Es bleibt trotz dieser äußerst ärgerlichen Indiskretionen dabei, dass Freshfields seine gesamten Ergebnisse vorstellt, sobald die Untersuchungen abgeschlossen sind", teilte der DFB mit. Die Frankfurter Kanzlei Freshfields vernimmt seit einigen Wochen die einstigen Macher der WM 2006. Zuvor hatte die Bild-Zeitung am Dienstag aus Vernehmungsprotokollen zitiert, darunter auch aus der Zeugenaussage des zurückgetretenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach.

"Ich bedauere, dass Infos durchgestochen worden sind", sagte der mögliche Niersbach-Nachfolger Reinhard Grindel. Der Verband betonte, dass weder der Präsidialausschuss noch das Präsidium Zugang zu den Protokollen der externen Ermittler der Kanzlei Freshfields hatten. "Schade, dass nicht abgewartet wurde, was Freshfields vorliegt", betonte DFB-Schatzmeister Grindel. Mit dem Abschlussbericht zur WM-Affäre rechnet der DFB frühestens im Februar.

Ominöse 6,7 Millionen Euro sollen an Fifa-Finanzkommission geflossen sein

Den internen Protokollen zufolge hat Niersbach in seiner vierstündigen Vernehmung bestritten, in finanzielle Verwicklungen bei der WM-Bewerbung eingeweiht gewesen zu sein. Franz Beckenbauer, den ehemaligen Chef des WM-Organisations-Komitees, belastete Niersbach dagegen schwer.

So sei die dubiose Zahlung von 6,7 Millionen Euro inoffiziell an die Finanzkommission des Weltverbandes Fifa geflossen, um damit 2002 die Wiederwahl von Präsident Joseph S. Blatter zu finanzieren. Niersbach erinnere sich den Protokollen zufolge, dass Beckenbauer ihm 2002 nach Blatters Wiederwahl gesagt habe: "Der ist auch mit meinen Geld gewählt worden." Beim Fifa-Kongress 2002 in Seoul, bei dem Blatter im Amt bestätigt wurde, habe Beckenbauer auf die Frage, wem Blatter seine Wiederwahl zu verdanken habe, auf sich gezeigt.

Wer etwas von der Fifa will, der müsse ihr auch etwas geben

Beckenbauer hatte Ende November die ominöse Überweisung des WM-Organisationskomitees von 6,7 Millionen Euro an die Fifa aus dem Jahr 2005 mit fragwürdigen Begleitumständen eines drei Jahre zuvor vereinbarten Deals begründet: Die Fifa-Finanzkommission soll 2002 für einen späteren Organisationszuschuss von 250 Millionen Schweizer Franken eine Zahlung von zehn Millionen Schweizer Franken (6,7 Millionen Euro) verlangt haben.

Außer Beckenbauer hatten zuvor auch Niersbach und weitere Mitglieder des WM-Organisationskomitees die Fifa-Forderung als Voraussetzung für den Millionen-Zuschuss genannt. Wer etwas von der Fifa will, der müsse ihr auch etwas geben, soll Beckenbauer laut Niersbach erklärt haben.

Angeblich legt ein Dokument die Bestechung von Dempsey nahe

Bei ihren Ermittlungen sind die Anwälte angeblich auch auf ein Dokument gestoßen, das eine Bestechung des verstorbenen Fifa-Exekutivmitglieds Charles Dempsey (Neuseeland) vor der Abstimmung des Gremiums über den WM-Gastgeber 2006 nahelegt. Die Frage, ob aus der Codierung des Papiers zu schließen sei, dass Dempsey am Vorabend der WM-Vergabe 250 000 US-Dollar erhalten habe, verneinte Niersbach. Das Dokument soll eine Mitarbeiterin Niersbachs in einem Ordner entdeckt haben. Laut Bild legte Freshfields in den Vernehmungen keine Belege dafür vor. Das offizielle Ergebnis der externen Ermittlungen soll Ende Februar vorliegen. Der DFB will den Bericht öffentlich machen.

Trotz seines Rücktritts vom DFB sitzt Niersbach weiterhin in den Exekutivkomitees von Uefa und Fifa. Bislang sieht der DFB keinen Grund, daran etwas zu ändern. "Die Ergebnisse der unabhängigen Untersuchung liegen zwar noch nicht vor, zum jetzigen Zeitpunkt gibt es aber keinerlei Anzeichen, dass Niersbach aufgefordert werden müsste, aus seinen Ämtern bei der Uefa und Fifa auszuscheiden", sagte DFB-Interimspräsident Rainer Koch der Sport Bild (Mittwoch).

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