Wladimir Klitschko vor dem Kampf in Oberhausen:"Boxen ist ein Kinderspiel"

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Wladimir Klitschko: "Mein Bruder fehlt mir sehr. Aber wenn ich die Nachrichten in der Ukraine verfolge, verstehe ich auch, warum er nicht mehr boxt." (Foto: Caroline Seidel/dpa)

Wladimir Klitschko kämpft gegen Alex Leapai, sein Bruder Vitali zu Hause gegen die ukrainische Krise. Mit der SZ spricht der Boxer über die Konzentration in schweren Zeiten, die verbindende Wirkung von großen Sportereignissen und darüber, wie Vitali nun von seinen Erfahrungen als Boxer profitiert.

Von Benedikt Warmbrunn

Er ist größer, erfahrener und vermutlich auch technisch versierter: Wladimir Klitschko geht gegen den Australier Alex Leapai an diesem Samstag als Favorit in den Ring. Für den 38-Jährigen ist es bereits der 65. Kampf als Profi - allerdings der erste seit sich sein Bruder aus dem Sport zurückgezogen hat und in die Politik gewechselt ist.

"Mein Kopf ist bei der Vorbereitung zwar im Trainingslager gewesen. Aber auch immer wieder in der Ukraine", sagt Wladimir Klitschko im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung auf die Frage, wie er seinen Bruder in der Heimat unterstütze. "Dieser Boxkampf ist für die Menschen in der Ukraine sehr wichtig. Ich muss nur an die Fußball-EM 2012 denken. Als die ukrainische Nationalmannschaft gespielt hat, waren wir alle stolz. Alle haben mitgefiebert, egal ob Ostukrainer oder Westukrainer. Da waren wir so einig wie noch nie. Ich will bei meinem Kampf zeigen, dass wir eine Nation sind."

Es sei allerdings schwer, sich auf das Duell am Samstag zu konzentrieren und "wirklich schmerzhaft zu beobachten, was in meinem Land in den vergangenen Monaten passiert ist - und was sich dort immer noch vollzieht." Aber: "Der Politiker ist mein Bruder. Ich bin der Nicht-Politiker. Und ich versuche aus meiner Sicht den Menschen zu helfen und etwas zurückzugeben."

Klitschko meint zudem, sein Bruder profitiere nun davon, dass er ein erfolgreicher Boxer war. "Boxen ist ein Kinderspiel", sagte Klitschko. "Dennoch profitieren mein Bruder und ich von unserer Zeit als Boxer. Im Ring ist es schwer und schmerzhaft. Und niemals darfst du dabei den Willen verlieren, gewinnen zu wollen." Vitali brauche nun auch einen starken Willen und viel Einsatz.

Nach seinem letzten Kampf gegen den Russen Alexander Powetkin hatten sich viele beschwert, dass Klitschko zu sehr geklammert habe. Klitschko verstehe die Kritik, sagte er in dem Interview, er habe sich aber bewusst für diese Strategie entschieden: "Powetkin ist kleiner, er konnte nur im Nahkampf gewinnen. Also habe ich das vermieden. Dazu hätte ich auch zurückgehen können, aber das wollte ich nicht, zumal ein zurücklaufender Boxer immer schlecht aussieht. Ich habe mich lieber gewehrt, bin stehen geblieben, habe Powetkin mit Schlägen bombardiert. Und wenn er zu nah kam, habe ich geklammert."

Einmal hat er nicht auf seinen Bruder gehört

Klitschko unterlag zuletzt 2004 gegen den Amerikaner Lamon Brewster. Diese Niederlage sei für ihn "extrem" gewesen und habe seinen Charakter geprägt: "2004 war ich zerstört, auf den Boden des Boxsports geworfen. Ich wurde stark kritisiert: kein Kinn, kein Herz, keine cojones. Sogar mein eigener Bruder hat mir geraten, aufzuhören. Ich höre eigentlich immer auf Vitali. Aber damals hat mir eine innere Stimme gesagt: Stimmt nicht. Das bin nicht ich gewesen."

Wenn er nun also am Samstag Leapai bezwingt, hätte er nun seit über zehn Jahren nicht mehr verloren. Langweilig wird dem 38-Jährigen allerdings nicht: "Ich liebe es, mich immer wieder auf neue Konkurrenten einzustellen. Und dann im Ring: Da fühle ich mich einfach großartig. Sie können sich nicht vorstellen, was da für ein Druck entsteht - und wie ich den genieße."

Das vollständige Interview lesen Sie in der Samstagsausgabe der Süddeutschen Zeitung und in der SZ-Digital-App auf iPhone, iPad, Android und Windows 8.

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