Wimbledon:"Passt auf Kerb auf"

Wimbledon: Könnte zum ersten Mal Wimbledon gewinnen: Angelique Kerber.

Könnte zum ersten Mal Wimbledon gewinnen: Angelique Kerber.

(Foto: AFP)

Ist Serena Williams wirklich die große Favoritin auf den Wimbledon-Titel? Englische Medien warnen vor Angelique Kerber. Die Presseschau.

Von Gerald Kleffmann, Wimbledon

In Melbourne bei den Australian Open haben sich manche Blattmacher am Ende sehr kreativ gezeigt. Auch eine Deutsche kam in den Genuss außergewöhnlicher Schlagzeilen, die griffigste wurde zweifelsohne von der Herald Sun formuliert. "Ker-Boom!" titelte die Zeitung am 31. Januar, am Morgen nachdem Angelique Kerber den ganz großen Coup geschafft hatte, mit dem Triumph über die Weltranglisten-Erste Serena Williams aus den USA.

Nun, rund fünf Monate später, hat die 28-Jährige an diesem Samstag gar die Chance, beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon zu siegen. Jenes Turnier, das Steffi Graf, Kerbers Mentorin im Hintergrund, vor 20 Jahren als letzte Deutsche gewinnen konnte. Am Donnerstag bezwang Kerber in ihrem zweiten Halbfinale nach 2012 die Amerikanerin Venus Williams, 36, mit 6:4, 6:4, im Endspiel ist deren Schwester Serena, 34, ihre Gegnerin.

Auch an diesem Freitagmorgen ist der große Clash der beiden besten Spielerinnen in diesem Jahr, die Revanche von Melbourne, ein Thema. Auch wenn der Sound der Berichterstattung noch nicht den Ker-Boom-Status erreicht hat - eine kleine Presseschau:

The Sun: Die Boulevardzeitung hat etwas gemein mit der ARD. Auch sie schrieb Wimbledon falsch. In der Tagesschau am Donnerstag hatte ja auf der Banderole des deutschen öffentlich-rechtlichen Senders "Kerber zieht ins Wimbeldon-Finale ein" gestanden. Nach 20 Jahren deutscher Tennisdürre kann so was wohl passieren. Absicht war es sicher nicht. Die Sun schrieb mit Absicht: "It's Wimbledone ..." und zeigte darüber ein Foto von Venus Williams. Solche Wortspiele gehen im Englischen ganz gut. Aus "Wimbledon is done", Wimbledon ist erledigt, stauchen sie ein Fantasiewort. Die Überschrift ist: "Passt auf Kerb auf". Im Text zitiert das Blatt Serena Williams, die sich ans Finale in Melbourne erinnerte und über Kerber sagte: "Sie war furchtlos. Das ist etwas, das ich gelernt habe. Wenn ich dieses Finale spiele, muss ich es auch sein."

Daily Mail: "Kerber KOs Venus ... now for her sister" - Kerber verpasst Venus den K.o., nun ist sie hinter der Schwester her - das steht über einem kleinen Vierspalter unten auf der Seite. Weiter schreibt die Mail: "Sorgen dürfte Kerber bereiten, dass die jüngere Williams ein härterer Test wird als die 36-jährige Venus, deren wundervoller Vorstoß ins Halbfinale gestern in einem ernüchternden Anti-Höhepunkt endete."

The Daily Telegraph: "Nach ihrem Schocksieg gegen Serena Williams bei den Australian Open wurde Kerber überwiegend als One-Slam-Wonder abgeschrieben. Aber das morgige Finale hat nun ein Re-Match aufgetan zwischen den zwei beständigsten Spielerinnen des vergangenen Jahres. Und Kerber könnte nicht besser vorbereitet sein."

The Times: Die renommierteste Zeitung titelte: "Kerber earns chance of rare double over Williams sisters" - Kerber hat tatsächlich die seltene Möglichkeit, die Schwestern in einem Turnier zu besiegen, was nur sieben anderen zuvor gelang. "Die Eliminierung der beiden Williams wäre sicherlich ein Coup", heißt es im Text, "vor allem weil es noch nie in Wimbledon passiert ist. Aber während Kerber das Glück hatte, gegen eine Venus in deren späterer Phase der Karriere zu spielen, ist Serena in glühender Form". Nicht ganz ernst gemeint, aber doch interessant sind Vergleiche zu Steffi Grafs Sieg 1996. Die Quintessenz könnte auch Kerber Mut machen, wenn sie an Omen glaubt.

Die Times recherchierte viele Parallelen zwischen 2016 und 1996. Damals spielte Graf gegen die Nummer vier Arantxa Sanchez-Vicario. Eine ungesetzte Spielerin schaffte es damals ins Halbfinale, Meredith McGrath. 2016 war es Jelena Vesnina. Graf bezwang wie Kerber Gegnerinnen aus fünf verschiedenen Ländern. Graf hatte ihre Wimbledon-Finalgegnerin in einem Grand-Slam-Finale kurz zuvor schon besiegt, in Paris bei den French Open. Kerber bezwang ja Williams in Melbourne. Und der ultimative Hinweis, dass der Sieg für Kerber gar nicht schiefgehen kann und definitiv klappen wird: Beide, Graf und Kerber, gewannen im Viertelfinale gegen Spielerinnen (Jana Novotna, Simona Halep), deren Vor- und Nachname zusammengerechnet aus exakt elf Buchstaben besteht.

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