Wimbledon:Kerber spürt den Balsam von Wimbledon

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Obwohl Angelique Kerber eine Krise erlebt, steht sie immer noch auf Platz eins der Weltrangliste. Das facht Kritik am Frauentennis an. (Foto: AFP)

Die Weltranglistenerste befreit sich mühsam aus ihrer Krise. Trotzdem entfacht ihre Schwäche eine Debatte über das Niveau im Frauentennis - zu Unrecht.

Kommentar von Barbara Klimke

Alles auf Null! sagte Angelique Kerber, als sie vor einer guten Woche in Wimbledon eintraf. In diesem Garten Eden des Tennis wollte sie ihre irdischen Qualen vergessen, die darin bestanden, dass sie seit Jahresbeginn den Ball nicht mehr mit der vertrauten Sicherheit traf. Konsequenterweise war sie im Mai in Paris im Auftaktmatch gescheitert, was in ihrem Fall, als Weltranglisten-Erste ihres Sports, als ganz besonderer Sündenfall angesehen wird.

Nach der ersten Woche und drei Partien lässt sich sagen, dass sie wohl tatsächlich den Balsam dieses englischen Rosen- und Rasenturniers spürt. Erstens hat sich Angelique Kerber bis ins Achtelfinale durchgeschlagen, was nicht unbedingt zu erwarten war. Zweitens konnte sie sich von Match zu Match steigern, auch wenn die Ergebnisse enger wurden. Die Drittrundenbegegnung gegen Shelby Rogers gewann sie 4:6, 7:6 und 6:4, und dass sie nach einem verlorenen ersten Satz und einem Rückstand im zweiten Durchgang das Match noch drehen konnte, hat ihr ein wenig Vertrauen in die eigenen Stärke gegeben. Vielleicht sei das der Wendepunkt gewesen, wagte sie hinterher zu vermuten.

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Kerbers Verzagtheit und ihre fehlende Dominanz haben die Kollegen und Kommentatoren nicht nur auf einer persönlichen Ebene beschäftigt. Sie fachten auch eine Grundsatzdebatte über die Stärke des Frauentennis neu an, die seit längerem lodert: "Was heißt es für den Sport, wenn die statistisch Beste sich an der Spitze hält, auch wenn sie ein halbes Jahr lang nichts gewinnt?", lautet eine Frage. Hat die fast ein Jahrzehnt währende brachiale Schlagkraft der (derzeit schwangeren) Rekordspielerin Serena Williams die Schwächen des Frauentennis kaschiert? Das Krisengerede begleitet den Sport aber fast ununterbrochen, seit die erste Frau - damals mit Mieder und im langen Rock - aus athletischen Gründen den Schläger schwang. Mal hieß es, das Frauentennis leide darunter, dass es zu wenige Ausnahmespielerinnen gebe; mal waren es zu viele. Als Klassespielerinnen wie Martina Navratilova, Steffi Graf oder Williams die Szene nach Belieben beherrschten, waren die Kritiker nicht zufrieden; dann wieder wurde der Umstand bemängelt, dass Akteurinnen wie Caroline Wozniacki oder Jelena Jankovic das Zepter übernahm, ohne je in einem Grand-Slam-Finale triumphiert zu haben.

Fakt bleibt, dass Angelique Kerber nicht grundlos, sondern nach der Addition der erreichten Punkte, die Nummer eins der Tenniswelt wurde. Verliert sie in Wimbledon, ist sie in Kürze auch die Führung wieder los. Vielleicht hilft ihr der Balsam von Wimbledon. Aber was letztlich zählt, sind Sieg und Niederlage - im Frauentennis wie in jedem Sport.

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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