Wimbledon: Frauen:Muguruza im Endspiel

Der 21-Jährigen gelingt in einem wechselhaften Match ein erstaunlicher Erfolg gegen die Polin Agnieszka Radwanska.

Von Gerald Kleffmann, Wimbledon

Anfangs sah es danach aus, als wäre Garbiñe Muguruza unfassbar in Eile, als hätte sie am späteren Nachmittag einen dringenden Termin. Mit 6:2, 3:1 rauschte die 21-jährige Spanierin im ersten Halbfinale von Wimbledon davon, Agnieszka Radwanska musste sich bis dahin wie die 15 000 Zuschauer auf den Centre-Court-Plätzen gefühlt haben - die konnten ja auch nicht eingreifen. Allein zwölfmal platzierte Muguruza, die Nummer 20 der Setzliste, den Ball im ersten Satz unerreichbar ins Feld, sie spielte so gut, dass sie später meinte: "Ich musste mich beruhigen und sagte mir: Setz ein Pokerface auf."

Als hätte aber jemand den Stromstecker bei ihr rausgezogen und bei Radwanska reingesteckt, drehte sich die Partie radikal. Nun gelangen der 13. der Setzliste fünf Spiele in Serie zum Satzgewinn. Die clevere Konterspielerin Radwanska schaffte auch das Break zum 1:0 im entscheidenden dritten Durchgang. Ehe wieder der Stecker getauscht wurde. Muguruza nahm Radwanska, der früheren Nummer zwei der Welt, zweimal den Aufschlag ab, siegte 6:2, 3:6, 6:3 - und steht somit erstmals in einem Grand-Slam-Finale.

Sie trifft dort auf Serena Williams, die ihr 25. Endspiel bei einem der vier größten Tennisturniere bestreitet. Die 33-jährige Amerikanerin gewann 6:2, 6:4 gegen die Russin Maria Scharapowa, 27, in einem Duell, das trotz der renommierten Namen mal wieder so einseitig war, wie ihre Bilanz im direkten Vergleich ist. 18:2 führt Williams, die nun die vergangenen 17 Auseinandersetzungen mit der Russin seit 2005 für sich entschied.

Kurios war der vorletzte Punkt für Muguruza, der der Spanierin den ersten Matchball einbrachte und den sie dann auch verwandelte. Weil die Betreuer von Radwanska einen Schlag von Muguruza im Aus wähnten, riefen sie "Out, Out!", so hatte es sogar Muguruza gehört auf der anderen Seite des Netzes. Radwanska nahm eine sogenannte Challenge: Der Videobeweis, der stets unter Klatschen und Raunen der Zuschauer auf den beiden Leinwänden gezeigt wird, gab Radwanskas Box unrecht. Der Ball kratzte noch die Grundlinie. Muguruza punktete danach zum letzten Mal und jubilierte: "Es ist ein Traum für mich, für solche Momente arbeite ich mein ganzes Leben." Sie ist die erste Spanierin im Wimbledon-Finale seit Arantxa Sánchez Vicario im Jahr 1996.

Scharapowa bewies danach von Beginn an, dass sie einfach Probleme mit Williams als Gegnerin besitzt, gleich im ersten Spiel unterliefen ihr drei Doppelfehler, das Break folgte, ein zweites noch, mit 6:2 waren die Weichen gestellt. "Sie hat dann besser gespielt, ich habe dann auch zugelegt", so nett umschrieb Williams den Verlauf und fügte in dem ihr eigenen Charme hinzu: "Das war interessant." Sie konnte entspannt die Lage analysieren, denn sie ist ja nun tatsächlich nur noch einen Sieg von ihrem vierten Grand-Slam-Triumph in Serie entfernt. Im September 2014 siegte sie in New York bei den US Open, es folgten die Titel 2015 bei den Australian und French Open. "Sie hat mich heute wirklich überzeugt, der Druck ist groß", sagte der frühere Wimbledon-Champion John McEnroe. Für Williams geht es ja auch um den echten Grand Slam, also bei allen vier Turniere in einer Saison zu reüssieren.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: