Wimbledon-Finalistin Garbiñe Muguruza:Untypisch spanisch

Wimbledon-Finalistin Garbiñe Muguruza: Liebt das offensive Spiel auch am Netz: die spanische Wimbledonfinalistin Garbiñe Muguruza

Liebt das offensive Spiel auch am Netz: die spanische Wimbledonfinalistin Garbiñe Muguruza

(Foto: AP)
  • Das erfolgsverwöhnte spanische Männertennis steckt in der Krise. Da kommt die Wimbledon-Finalistin Garbiñe Muguruza gerade richtig.
  • Die 21-Jährige spielt erfrischend anders, untypisch spanisch, weil sie ihre Ballwechsel oft auch am Netz beendet.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen in Wimbledon

Von Lisa Sonnabend, Wimbledon

Es war nicht abzusehen, dass die Tage in Wimbledon versöhnlich enden. Denn am Abend vor Turnierbeginn eskalierte die Situation im spanischen Tennis. Gala León Garcia, die als erste Frau ein Davis-Cup-Team übernommen hatte, wurde auf Drängen der Spieler geschasst, ehe sie überhaupt ihren ersten Einsatz hatte. Zudem musste der Weltranglisten-Siebte David Ferrer wegen einer Verletzung vom Turnier zurückziehen - und bereits in der zweiten Runde scheiterte dann auch noch Rafael Nadal an dem Qualifikanten Dustin Brown.

Der zweimalige Wimbledonsieger saß danach mit trüben Blick in der Pressekonferenz und fand keine Antwort darauf, wann es bei ihm endlich wieder besser läuft. Doch am letzten Turnierwochenende herrscht nun plötzlich Feierstimmung im spanischen Tennisverband.

Tatsächlich hat ein Profi aus Spanien das Wimbledon-Finale erreicht. Das war beileibe nicht vorherzusehen, erst recht nicht, dass eine weibliche Tennisspielerin so weit kommen würde. Die erst 21-jährige Garbiñe Muguruza trifft am Samstagnachmittag (15 Uhr, Liveticker bei SZ.de) auf die Weltranglistenerste Serena Williams.

Vor 15 Jahren war zuletzt eine Spanierin in einem Grand-Slam-Finale gestanden: Conchita Martínez unterlag 2000 bei den French Open Mary Pierce. Seit Arantxa Sánchez-Vicario 1996 hatte keine Spielerin mehr das Wimbledon-Finale erreicht. Den Titel geholt hat an der Church Road in der langen Turniergeschichte sogar nur eine einzige Spielerin von der iberischen Halbinsel: Der Triumph von Martínez gegen Martina Navratilova ist mittlerweile 21 Jahre her.

Nach Erfolgen von Sánchez-Vicario und Martínez in den Neunzigern siegten fortan vor allem die Männer. Die dafür in Serie. Die goldenen Jahren, wie sie in Spanien genannt werden, begannen. Die Sandplatzspezialisten Carlos Moya und Juan Carlos Ferrero eroberten beide für ein paar Wochen die Spitze der Weltrangliste - und dann kam die große Zeit von Rafael Nadal. Der Mallorquiner siegte nicht nur neunmal bei den French Open, sondern holte auch zweimal den Titel in Wimbledon und bei den US Open, einmal gewann er die Australian Open. 141 Wochen führte er die Weltrangliste an. Nach einer langen Verletzungspause findet er nun allerdings nicht mehr zu seiner Form zurück und viele zweifeln daran, ob er jemals wieder so stark spielen kann.

Murguza spielt wenig spanisch

Das womöglich bevorstehende Ende der Dominanz des spanischen Männertennis lässt sich auch an einer Statistik ablesen: 2000, 2004, 2008, 2009 und 2011 hieß der Davis-Cup-Sieger Spanien. Im vergangenen Jahr nun stieg die Mannschaft aus der Weltgruppe ab. Am kommenden Wochenende müssen die Spieler zum Duell gegen Russland bis nach Wladiwostok reisen, Conchita Martínez hat nun das schwierige Amt der Teamchefin übernommen.

Umso mehr freuen sie sich im spanischen Tennis über den unerwarteten Finaleinzug von Muguruza, schließlich lenkt der auch ein wenig von anderen Problemen ab. Martínez lobte die Spielerin für ihr mutiges Tennis, der verletzte Ferrer nannte ihre Leistung "großartig" und Nadal schickte Grüße über Facebook: "Ich freue mich, eine Weggefährtin in so einem wichtigen Finale zu sehen."

Seit sie sechs Jahre alt ist, trainiert Mugurza in Barcelona an der Tennisakademie von Lluís Bruguera, der bereits seinen eigenen Sohn Sergi Bruguera Anfang der neunziger Jahre zu zwei French-Open-Titel coachte. Was an Muguruzas Spielweise überrascht: Ihre vielleicht größte Waffe ist ihr guter Service. Brillante Aufschläger gab es in der Geschichte des spanischen Tennis eher selten.

Halbfinale beendet sie mit Flugball

Wie fast alle ihre Landsmänner und -frauen bezeichnet Muguruza Asche als ihren Lieblingsbelag. Am Tag vor dem Finale in Wimbledon revidierte sie dies nun jedoch. "Seit vergangener Woche spiele ich auch gerne auf Gras", sagte die 21-Jährige keck. Gegen Williams bestreitet sie erst ihre 20. Partie auf Rasen, dafür beendete sie das Halbfinale gegen Agnieska Radwanska ziemlich souverän: mit einem Volley am Netz.

Vielleicht half Mugurza für ihr Spiel auf Gras, dass sie sich vor einigen Wochen endlich einmal das Wimbledon-Finale 1994 mit Conchita Martínez angeschaut hatte. "Es wirkte so, als würden die Bilder aus der Steinzeit kommen", berichtete sie in Wimbledon. Sie habe sich die ganze Zeit nur schiefgelacht. Überhaupt lacht Muguruza ständig. Immerhin eine im spanische Tennis.

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