Wimbledon:Consigliere McEnroe hofft auf Revanche

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Ewige Rivalen: Ivan Lendl (r.) und John McEnroe (l.) 1983 in Wimbledon.

(Foto: imago)

Das Wimbledon-Finale zwischen Milos Raonic und Andy Murray ist auch ein ewig junges Duell ihrer Trainer: der ehemaligen Erzrivalen John McEnroe und Ivan Lendl.

Roger Federer ausgeschieden, Novak Djokovic längst abgereist - und dennoch verspricht das Wimbledon-Finale der Männer einen Nachmittag voller Historie, Pathos und Stars. Andy Murray und Milos Raonic machen an diesem Sonntag (15 Uhr) die Nachfolge des serbischen Branchenprimus Djokovic unter sich aus. Es ist nicht das Wimbledon-Finale, mit dem zu rechnen war. Doch nun hat der Kanadier Milos Raonic die Chance auf seinen Premieren-Titel, der Brite Andy Murray will ein zweites Mal in Wimbledon triumphieren. Beide haben prominente frühere Größen in ihrem Betreuerstab.

Als erster kanadischer Tennisprofi steht Aufschlag-Experte Raonic im Herren-Endspiel eines Grand-Slam-Turniers und hofft auf seinen Premierentitel. "Ich bin noch nicht fertig", kündigte der 25-Jährige forsch an.

Er gilt als Außenseiter und wird nur einen Bruchteil der Zuschauer auf seiner Seite haben - aber in dieser Rolle fühlte er sich auch schon im Halbfinale gegen Federer überraschend wohl: "Ich weiß nicht, ob es notwendig ist, der Bösewicht zu sein. Du musst mit dem fertig werden, was auf dich zukommt. Zuallererst muss ich mit mir fertig werden, dann mit Andy. Über den Rest habe ich keine Kontrolle."

Erstmals in einem großen Finale nicht gegen Djokovic oder Federer

Murray will bei seinem Heimturnier das Publikum verzücken und ein zweites Mal die großen Sehnsüchte stillen. 2013 begeisterte der Weltranglisten-Zweite, als er als erster Brite seit 77 Jahren die Wimbledon-Trophäe gewann. "Es würde mir so viel bedeuten", sagte der Schotte. "Für britische Spieler ist das von klein auf der größte Wettbewerb überhaupt."

Zum elften Mal tritt er in einem Endspiel eines der vier bedeutendsten Turniere an, zum ersten Mal trifft der 29-Jährige nicht auf Djokovic oder Federer (gegen den er jedes Mal verlor). Der siebenmalige Wimbledon-Champion aus der Schweiz musste seine Rekordjagd auf den achten Titel nach dem ärgerlichen Halbfinal-Aus in fünf Sätzen gegen Raonic auf das nächste Jahr verschieben. Boris Beckers Schützling Djokovic ist gar schon seit dem vergangenen Wochenende aus dem Rennen.

McEnroe ist weiterhin Co-Kommentator in Wimbledon

Statt Becker spielen so die beiden ehemaligen Grand-Slam-Protagonisten John McEnroe und Ivan Lendl als Trainer der beiden Finalisten die wichtigsten Nebenrollen. Vor allem auf psychologischer Ebene sollen sie den aktuellen Top-Profis weiterhelfen. So engagierte der kanadische Weltranglisten-Siebte den einstigen Wimbledon-Sieger McEnroe (1981, 1983, 1984) für die Rasensaison, obwohl bereits der ehemalige French-Open-Sieger Carlos Moya zu seinem Stab gehört.

Und obwohl McEnroe in Wimbledon weiterhin in Anzug und Schlips als Co-Kommentator arbeitet - auch während der Spiele seines Spielers. "So ist es halt. So haben wir uns geeinigt", sagte Raonic. "Er hat dennoch einen positiven Einfluss auf mich."

Murray gewann mit dem mittlerweile 56-jährigen Lendl seine bisher einzigen Grand-Slam-Titel (in Wimbledon und bei den US Open, jeweils gegen Djokovic). Seit Mitte Juni haben die beiden wieder zusammengefunden. "Allein seine Präsenz hilft mir", bekannte der Schotte. Mit den beiden Stars von einst in ihrem Stab trafen die beiden Endspiel-Teilnehmer zuletzt im Finale des Vorbereitungsturniers in Queens aufeinander, das der britische Favorit in drei Sätzen für sich entschied. Insgesamt steht es 6:3 für den Schotten - und aus den vergangenen fünf Duellen ging jeweils Murray als Sieger hervor.

Das ist sogar noch deutlicher als einst bei ihren Trainern. Dort setzte sich Lendl in 21 von 36 Duellen mit McEnroe durch. Am schmerzlichsten für den Amerikaner war die Niederlage 1984 im French-Open-Finale. Als Spieler konnte er sich nie richtig dafür revanchieren. Vielleicht wäre ein Wimbledon-Sieg als Consigliere eine kleine Wiedergutmachung.

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