Werder gewinnt 5:2 im Breisgau:"Ob mein Wikipedia-Eintrag auf dem neuesten Stand ist?"

Lesezeit: 2 min

Danish Dynamite: Thomas Delaney (re.) besorgt Bremen mit drei Treffern fast im Alleingang den wichtigen Auswärtserfolg in Freiburg. Fin Bartels freut sich über Delaneys 2:0 hier noch eher hanseatisch-bescheiden. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Der Bremer Thomas Delaney erzielt drei der fünf Werder-Tore und spricht danach vom "großartigsten Tag in meinem bisherigen Fußballer-Leben".

Von Christoph Ruf

Der Sportclub Freiburg hatte schon vor dem Anpfiff eine regelrecht gruselige Bilanz gegen Werder Bremen vorzuweisen. Zehn von 18 Bundesliga-Partien hatten sie zu Hause verloren, einige davon in fast demütigendem Ausmaß, wie bei den 0:6-Klatschen im Dezember 2004 und im November 2009. Oder wie nun beim 2:5 am 1. April 2017, der elften Niederlage im 18. Spiel.

So wie der Sportclub am Samstag auftrat, hätte er allerdings wohl gegen jede Mannschaft aus der ersten Liga verloren. Gelegenheiten wie beim finalen 2:5, als der Ball unter freundlicher Beobachtung der gesamten Freiburger Defensive durch den Strafraum segelte, ehe ihn Thomas Delaney einnickte, lassen sich auch andere Offensivformationen nicht entgehen. Wer so freundlich eskortiert wird wie Werder an diesem Nachmittag, braucht folgerichtig auch nicht mehr als 33 Prozent Ballbesitz und sieben Torschüsse, um fast ein halbes Dutzend Tore zu schießen. Max Kruse (21.), Delaney (45./47./86.) und Fin Bartels (71.) erklärten sich dabei für zuständig, die Freiburger Treffer durch Nils Petersen (64.) und Vincenzo Grifo (77.) hatten letztlich also keinerlei Relevanz.

"Mit einer Leistung wie heute können wir in der Bundesliga kein Spiel gewinnen"

"Bremen hat hochverdient gewonnen", sagte Christian Streich, der zur Halbzeit mit einem Dreifach (!)-Wechsel Akzente setzen wollte. "Mit einer Leistung wie heute können wir in der Bundesliga kein Spiel gewinnen, das ist klar."

Der dreifache Torschütze Delaney wollte übrigens nicht, wie es bei drei Toren Tradition ist, den Spielball mit nach Hause nehmen. "Nein, den Ball habe ich nicht mitgenommen. Ich muss jetzt erst einmal schauen, ob mein Wikipedia-Eintrag auf dem neuesten Stand ist", sagte der Däne. Zu seiner Beruhigung: Ja, ist er. Und auch sonst war der Däne, der erst Anfang Januar vom FC Kopenhagen nach Bremen gekommen war, ganz gut gelaunt: "Ob ich schon einmal drei Tore geschossen habe? Nein - noch nicht einmal zwei. In der ersten Hälfte habe ich nicht einmal gut gespielt. Und am Ende war das wohl der großartigste Tag in meinem bisherigen Fußballer-Leben."

Nouri lobt die eigene Mannschaft - zurecht

Im Gegensatz zu seinem Kollegen Streich verlor Alexander Nouri kein Wort über die günstigen Begleitumstände, die der Gegner beisteuerte und lobte höflicherweise nur die "großartige Teamleistung" seiner Spieler. Nicht zu Unrecht, denn Werder, das ohne den verletzten Serge Gnabry, Laminé Sané und den kurzfristig wegen eines Infekts ausfallenden Zlatko Junuzovic auflief, spielte tatsächlich wie ein Team, das genau um seine Stärken weiß. "Bremen hat die Räume zugestellt und gewartet, bis wir Fehler machen", fasste Streich die Taktik der Werderaner zusammen. "Die Fehler haben wir dann gemacht." Tatsächlich liegen die Stärken von Nouris Bremern weniger in filigranen Ballstafetten als in robustem Zweikampfverhalten und einem zielstrebigen Umschaltspiel.

Wohlwissend, dass in der vordersten Reihe Spieler wie der wuselige Fin Bartels warten, der mit seinem schicken Hackentrick-Tor das ästhetische Highlight des Tages lieferte. Oder eben Max Kruse, der offenbar in Bremen weit weniger gegen den Ball arbeiten muss als noch zu seiner Freiburger Zeit. Doch mit seinem Torinstinkt, den der figürlich mittlerweile irgendwo zwischen Hulk Hogan und Ailton wandelnde Stürmer an den Tag legt, stellt er auch Abwehrreihen vor Probleme, die weniger schwindsüchtig agieren als die Freiburger es am Samstag taten.

Werder ist nun seit sechs Spielen ungeschlagen. Aus einer Mannschaft, die noch in der Vorrunde wie ein sicherer Abstiegskandidat wirkte, scheint allmählich ein Team zu wachsen, das im Bundesliga-Mittelfeld zumindest konkurrenzfähig ist. Und Freiburg? Kann sich immerhin damit trösten, dass es seit Monaten, vielleicht sogar seit Jahren nicht mehr so schwach gespielt hat wie am Samstag. So hatte es im Übrigen auch Christian Streich gesehen: "Das war unsere schlechteste Saisonleistung, das ist klar."

© SZ vom 02.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: